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Marktdaten Consumer Electronics

TV-Herstellern droht das Aus - 10 Milliarden Euro Verlust

Branchen-Deflation, hausgemacht: Für den Verband gfu sind die Hersteller von TV-Geräten in einer negativen Preisspirale gefangen, die inzwischen Existenzen bedroht. Seit gut 30 Jahren sank der Preis von Fernsehern um 65% - der von Autos dagegen stieg im gleichen Zeitraum um 60%.

Gerade hat der Hersteller Metz sein Jubiläumsmodell Taros in der Farbe Titan auf den Markt gebracht, das aktuell in TV-Zeitschriften beworben wird. Damit feiert man 75 Jahre Entwicklung und Fertigung in Deutschland; die Fernseher-Produktion begann 1955. Andere Modelle können sich die Kunden im Bereich „Manufaktur“ an die Farbe der heimischen Wohnzimmer-Möblierung anpassen – selbst Nussbaum, Eiche hell oder Mahagoni sind im Programm. Damit hat der Mittelständler aus Zirndorf Zugang zu einer kleinen, tendenziell Marken-gebundenen und traditionsbewussten Klientel, die Qualität und Innovation fordert. Doch auch treue Bestandskunden schauen auf den Geldbeutel – erst recht, wenn der VK-Preis für Konkurrenzprodukte einen Bruchteil darstellt.

Das kann selbst im Premiumsegment der Consumer Electronics (CE) gefährlich werden – auch für den Hersteller aus Franken. Wie kürzlich berichtet, müssen andere Branchenteilnehmer wie Loewe mit Stellenabbau, Einsparungen und Strategieschwenks versuchen, am Markt zu überleben. Dass die schlechte Lage bei manchem Hersteller stark von einem Preiskampf auf dem hiesigen Markt getragen ist, kann man schon beim Besuch von Fachgeschäften und großen Elektronikketten beobachten. Ein Segen für den preisbewussten Kunden – eine Bedrohung der CE-Branche hierzulande. Das konstatiert inzwischen auch der hiesige Branchenverband gfu – Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik mbH, und fordert ein totales Umdenken im Management der CE-Industrie.

gfu-Aufsichtsratsvorsitzender Hans-Joachim Kamp liest der Branche und den Mitgliedsunternehmen jetzt die Leviten. Denn: die Erträge sind im Herrn. Die CE-Industrie befinde sich in einem problematischen Zustand, teilte Kamp an diesem Wochenende mit. Obwohl die Unternehmen den Markt seit Jahrzehnten erfolgreich mit innovativen und attraktiven Produkten bedienten, ließen die Erträge derzeit zu wünschen übrig. Bei TV-Geräten, die global rund 60% des klassischen Unterhaltungselektronik-Geschäfts stellten, zeige sich die Lage besonders deutlich. Im Jahr 2012 hätten Hersteller von Fernsehgeräten insgesamt 10 Milliarden Euro an Verlusten eingefahren. Dies beträfe viele der am Markt beteiligten Unternehmen. „Die Situation bedroht vielfach den Bestand der Firmen oder der jeweiligen Produktsparten“, appelliert Kamp an die Marktteilnehmer.

Hausgemachte Deflation – Boni für Erträge gefordert

Denn die Verantwortung für die Verluste – zumindest deren Höhe – haben sie sich aus seiner Sicht selbst zuzuschreiben. Durch einen ruinösen Preiskampf sei der Durchschnittspreis für TVs beständig gesunken – quasi die hausgemachte Deflation innerhalb der Branche. Seit 2007 sei der Durchschnittspreis aller verkauften TV-Geräte in Deutschland um 25% gefallen – bei deutlich gestiegenem Ausstattungsumfang und höherer Leistungsfähigkeit, rechnet Hans-Joachim Kamp vor. Flachbildschirme, HDTV und vernetzte Smart TV seien nur einige der Beispiele. Ginge der Preisverfall in derselben Geschwindigkeit weiter, würde ein Fernsehgerät im Jahr 2040 gerade noch durchschnittlich 100 Euro kosten, so Kamp. Er skizziert die Dramatik der Situation mit einem alarmierenden Vergleich zwischen der CE- und der Kfz-Branche. „Musste ein Durchschnittsverdiener 1980 für einen durchschnittlichen Fernseher ein Monatsgehalt ausgeben, waren es für ein durchschnittliches Auto zehn Monatsgehälter“, so der gfu-Aufsichtsratsvorsitzende. Im Jahr 2012 seien für ein TV-Gerät gerade noch ein Drittel des Monatsgehalts, für einen PKW aber 16 Monatsgehälter zu zahlen gewesen. Die Schere ist dramatisch weit geöffnet: „65% Preisverfall bei TV stehen 60% Preissteigerung beim Auto gegenüber“, rechnet Kamp vor.

Die gfu fordert nun ein Umdenken. „Natürlich muss jedes Unternehmen für sich den Weg zurück zu Profitabilität und nachhaltigem Wirtschaften finden“, sagt Kamp. Er sei aber davon überzeugt, dass in der gesamten CE-Industrie eine Veränderung der Management-Politik nötig sei. „Ein wirkungsvolles Instrument dazu kann die Ausrichtung der Management-Boni am Ertrag und an der Nachhaltigkeit des Unternehmens sein und nicht die alleinige Ausrichtung an Marktanteilen“, so sein Vorschlag.

In der im Jahr 1973 von elf Unternehmen gegründeten gfu sind aktuell 13 Marktteilnehmer organisiert. Die gfu organisiert die jährlich stattfindende Messe IFA – aktuelle Mitgliedsunternehmen sind Astra, Bosch, Canton, Grundig, Loewe, Metz, Nokia, Panasonic, Philips, Samsung, Sharp, Sony und Thomson.

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