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"Leistung pro Watt ist irrelevant"

Auf unseren Beitrag „Wie grün ist Digital Signage?“ haben wir einige Reaktionen aus der Branche bekommen. Grundsätzlich scheint das Thema innerhalb der TCO-Debatte einiges an Gewicht zu gewinnen. André Bartscher, Geschäftsführer der digimago GmbH, stellt in einem Gastbeitrag seine Sicht der Dinge dar und geht auf die Leistungsaufnahme von Mediaplayer uns Server ein.


Dazu schreibt André Bartscher:

Bei einem DS-Player ist es zunächst relativ einfach, die tatsächliche Leistungsaufnahme halbwegs genau zu bestimmen, im Zweifel geht das mit einem Verbrauchsmessgerät. So erhält man nun einen absoluten Verbrauchswert des Geräts. Solch eine Zahl ist, vorausgesetzt sie ist relativ klein, natürlich hervorragend für das Marketing und die Werbung zu einem Produkt geeignet. Eigentlich müsste den ganzen Komplex jedoch etwas differenzierter betrachtet werden.

Aus der absoluten Leistungsaufnahme muss eine relative Leistungsaufnahme werden, es stellt sich nur die Frage, relativ zu was?

In erster Linie natürlich relativ zur Leistung des Geräts. Doch wie misst man die Leistung objektiv? Aus technischer Sicht kann man nun natürlich verschiedenste Benchmarks ausführen, einen Mittelwert bilden und die erreichten Punkte im Benchmark gegen die Leistungsaufnahme setzen. Man erhält also eine Einheit Leistungspunkte pro Watt.

In der Praxis ist dies jedoch im Prinzip irrelevant. Wenn ein Player auch bei hoher Rechenleistung nur einen geringen Funktionsumfang bietet, hat auch die hohe Rechenleistung keinen Wert. Man müsste also zusätzlich noch Leistungsaufnahme gegen Funktionsumfang auftragen, das entspräche dann in etwa einem Funktionswirkungsgrad eines Players. Dies könnte beispielsweise nach dem Prinzip einer Nutzwertanalyse geschehen, allerdings ist dies sicherlich immer projektspezifisch. Die verschiedenen Funktionen werden je nach Anforderung sicher unterschiedlich gewichtet. Auf diese Art könnte man aber dennoch zu einer Entscheidungshilfe kommen.

Unser DS-Player (digimago.Player) hat unter Volllast eine Leistungsaufnahme von ca. 45Watt gemessen vor dem Netzteil, also an der Steckdose. Das klingt im ersten Moment nach recht wenig, es könnte aber noch besser sein.
Im Vergleich zu einem normalen PC als DS-Player ist das natürlich ein Traumwert, auch im Vergleich zu so manchen Rechnern auf Atom-Basis ist das absolut top.

Als Basis dient uns eine 64Bit Dual-Core CPU auf AMD X2 Basis mit 1,8 GHz .… Mit entsprechenden Intel-Produkten könnten wir bei gleicher Leistungsfähigkeit (auch Vollbild-Video Full-HD 1080p) auf 28-30 Watt kommen, wäre im EK aber auch um den Faktor 2 bis 2,5 teurer.

Vergleicht man nun den angesprochenen Atom-Rechner von seiner Leistungsfähigkeit mit einem digimago.Player, sieht es für den Atom-Rechner eigentlich ganz schlecht aus. Dieser sollte eigentlich nicht mehr als 10-12 Watt aufnehmen. Solche Produkte gibt es auch am Markt von Embedded-Herstellern, allerdings liegt man dann schnell bei 300 bis 350 Euro EK nur für Board und CPU. Ein Player auf dieser Basis ist dann natürlich sehr schwer zu verkaufen, zumal er prinzipiell keine Full-HD-Videos abspielen kann.

Dann wird gern ein Hardware-Decoding ins Spiel gebracht. Aber auch dieses muss man wieder differenziert betrachten. Eigentlich ist ein HW-Decoder ja das Beste, was man machen kann. Garantierte Leistung unabhängig von der CPU und somit erheblich weniger Leistungsaufnahme. Für Industrie-Anwendungen sicherlich hoch interessant. Aber wie sieht es im DS-Bereich aus?

Es macht einen abhängig von einem bestimmten Codec, ein späterer Wechsel ist nicht mehr möglich. Rechnet man dagegen komplett auf der CPU, kann man, vorausgesetzt, dass der neue Codec mit der CPU-Leistung zu Recht kommt, jederzeit den Codec wechseln. Zudem kommen immer mehr h.264 HW-Decoder auf den Markt, beispielsweise auch in Nvidias Ion-Architektur. Meines Wissens ist es jedoch noch völlig unklar, mit welchen Lizenzgebühren DS-Installationen bei der Nutzung von h.264 zu rechnen haben. So könnte ein Wechsel des Codecs also schneller notwendig sein als gedacht.

Vor einiger Zeit haben wir einen Prototyp eines DS-Players für elektronische Plakate gebaut. Dieser konnte zwar keine Videos aber dennoch Bilddaten in Full-HD darstellen. Er hatte eine Leistungsaufnahme von 7 bis 8 Watt. So etwas könnte man mittlerweile vermutlich auch mit 3 Watt bauen.

Unser digimago.Player taktet zurzeit die CPU nicht herunter, selbst wenn kaum Rechenleistung gebraucht wird. Bei einem schnellen Wechsel von kaum Rechenleistung zu viel benötigter Rechenleistung müsste ansonsten erst hoch getaktet werden, und bei einem Video beispielsweise würde dies zu einem kurzen Stocken führen. Wir entwickeln allerdings auch gerade eine Lösung für dieses Problem, mit der die Leistungsaufnahme auf ca. 30-33 Watt im Mittelwert reduzieren wollen.

Zum Abschluss noch ein Wort zu unserem Serversystem. Durch verschiedene Optimierungen können wir theoretisch 10.000 Player mit minütlicher Aktualisierung (oder auch per Push-Verfahren) an einen Server hängen. Dabei wäre seine maximale Auslastung immer noch unterhalb von 50%.

Diese Zahlen basieren auf einem einfachen Server (Intel Core2Quad mit 8GB Ram, ca. 150 Watt Leistungsaufnahme). In der Praxis begrenzt aber die Bandbreite des Servers die schnelle Verteilung neuer Inhalte auf die große Anzahl an Playern. Man müsste die Player also priorisieren oder eine Art Peer-to-Peer-Verteilung der Inhalte untereinander durchführen. An solch einer Lösung arbeiten wir zurzeit auch, trotz eigentlich zentralisiertem VPN-Netz.

Da unser Serversystem mehrfach redundant ausgelegt ist, und verschiedene Dienste in der Praxis verteilt werden, könnte man also in Zukunft mit unseren Technologien mit einer Server-Leistungsaufnahme von 7 x 150 Watt hinkommen. Dies würde also einer Leistungsaufnahme pro Player von 0,105 Watt entsprechen.
Mit unserer aktuellen Architektur liegen wir bei ca. 0,3 Watt Serverleistungsaufnahme pro Player.

Insgesamt müssen natürlich viele weitere Faktoren, beispielsweise benötigte Wartungsfahrten, Verbrauch im Standby, Verbrauch der Anzeigen, etc. mit eingerechnet werden.

André Bartscher