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Display-Markt

Massive Kürzungen - Sharp steht mit dem Rücken zur Wand

Bei Sharp gehen die Lichter - noch - nicht aus, werden aber extrem gedimmt. Während die Konkurrenz von LG und AUO Aufträge für die Displays des erwarteten Mini-iPad von Apple sicher hat, wird bei Sharp jetzt die Bremse scharf angezogen. Stark gekürzte Gehälter bis Herbst 2013, eingedampfte Boni, Sparmaßnahmen für Geschäftsreisen und sogar die Streichung von Sozialabgaben sprechen eine sehr deutliche Sprache. 14 Milliarden Yen sollen so eingespart werden - möglicherweise hilft bald die halb-staatliche Holding INCJ.
Sharp-Display im Einsatz beim National Research Institute for Earth Science and Disaster Prevention (NIED) im japanischen Ibaraki (Foto: Sharp)
Sharp-Display im Einsatz beim National Research Institute for Earth Science and Disaster Prevention (NIED) im japanischen Ibaraki (Foto: Sharp)

Es ist nicht so, als könnte man Sharp beim Sterben direkt zusehen – schließlich wäre es (a) pietätlos und herrscht (b) im Hospiz die nötige Ruhe für die Patienten, die die Welt verlassen wollen oder müssen.

Allerdings befindet sich Sharp nicht im Hospiz, sondern auf dem Präsentierteller des Kapitalmarkts und seiner Akteure. Um Sharp herum ist seit Monaten hektisches Gerede entstanden; die Branche tuschelt – und Sharp geht nur ganz behutsam dazu über, wieder über sich selbst zu sprechen. Allerdings ist der japanische Konzern nun offensichtlich auf der Intensiv-Station angekommen, und muss im 100. Lebensjahr mit Amputationen rechnen, wenn nicht bald neue Großaufträge in Sicht kommen.

Dabei machen die guten Nachrichten von und um Apple den Japanern zu schaffen. Während gestern das iPhone 5 in den erwarteten technischen Dimensionen präsentiert wurde, musste Sharp kurz zuvor sein eigenes ökonomisches Waterloo bekanntgeben. Nach bisher undementierten Gerüchten über 4 Inch-LCD-Displays fürs iPhone5, die nicht in ausreichender Menge und Qualität zum vereinbarten Zeitpunkt geliefert wurden, scheint Sharp beim Mini-iPad eventuell nicht (mehr) mit von der Partie zu sein.

Aktuell selbst auf Intensiv - Sharp-LCD-Display in einer Klinik in Osaka (Foto: Sharp)
Aktuell selbst auf Intensiv – Sharp-LCD-Display in einer Klinik in Osaka (Foto: Sharp)

Demotivierend für die Mitarbeiter könnte aber Sharps notgedrungen angekündigtes Sparprogramm wirken, das am 11. September 2012 verkündet wurde: Ab jetzt werden sehr kleine Brötchen gebacken, um den schlingernden Konzern noch zu retten. Das jetzt aufgelegte 14-Milliarden-Yen-Sparprogramm, das im Jubiläumsjahr verkündet wurde, darf man so lesen, dass eine (Teil-)Filetierung des Konzerns als zweiter oder dritter Schritt nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern sogar notwendig sein könnten.

Aufgrund der hohen Arbeits- und Arbeitsnebenkosten sowie der härter als erwarteten Marktbedingungen sehe man sich zu den Einschnitten gezwungen, schreibt Sharp auf seiner Investoren-Website. Schlucken müssen die Pille sowohl die Management-Ebene, als auch die Angestellten und Arbeiter. Aktuell verkündete bittere Medizin in nicht mehr als homöopathisch zu bezeichnender Dosis:

Management-Ebene:

– Gehaltseinsparung
Statt der im April 2012 um 5% gekürzten Gehälter, sollen Manager von Oktober 2012 bis September 2013 auf 10% des Einkommens verzichten

– Bonus-Kürzung
Bisher wurde der Juni 2012-Bonus um 30% gekürzt. Die kommenden Boni (Dezember 2012 und Juni 2013) sollen 50% dieses bereits um fast ein Drittel gekürzten Bonus betragen

– Kürzung von weiteren Arbeitgeber-Leistungen
Nach Einigung mit den Gewerkschaften werden weitere Zahlungen wie Sozialleistungen auch in der Management-Ebene folgen

Ebene der Angestellten und Arbeiter (vorbehaltlich der Einigung mit den Gewerkschaften):

– Gehaltseinsparung
Statt der im Mia vereinarten Kürzung um 2% sollen die Beschäftigten jetzt auf 7% des Lohns verzichten; gleiches gilt für Zulagen (Laufzeit: Oktober 2012 bis September 2013)

– Bonus-Kürzung
Bisher wurde der Juni-2012-Bonus den „Geschäftsergebnissen angepasst“. Halbierung dieser Zahl für die Boni im Dezember 2012 und Juni 2013

– Kürzung von weiteren Arbeitgeber-Leistungen
Streichung oder Kürzung von Überstunden-Zulagen auf das gesetzlich vorgeschriebene Minimum, Kürzung von Sozialabgaben beziehungsweise Zulagen in diesem Bereich, eingeschränkte Erlaubnis für Business-Trips

Mit den 14 Milliarden Yen – umgerechnet etwa 140,112 Millionen Euro – will Sharp den Turnaround aus dem wirtschaftlichen Tal der Trauer einleiten. Angesichts des rauer werdenden ökonomischen Umfeld behält sich der japanische Konzern allerdings weitere Sparmaßnahmen vor.

Modell Japan Display Inc. – Steigt INCJ bei Sharp ein?

Angesichts des Einstiegs von Foxconn/ Hon Hai bei Sharp und der mit diversen Schwierigkeiten verbundenen Übertragung der LCD-Plant in Sakai hatte Sharp sich bisher für den etwas weniger kommoden, quasi un-japanischen, Weg entschieden. Insofern wäre es spannend, ob im Falle eines weiteren Trudelns des Konzerns (noch) eine Teil-Auslagerung von Geschäften an Japan Display – oder zumindest ein stützender Einstieg der de-facto-Staatsholding Innovation Network Corporation of Japan (INCJ) in den kommenden Monaten bevorstehen könnte. Bei Japan Display Inc. (JDI) ist INCJ mit im Boot.

Transparenz  à la INCJ: Wer wirklich wissen will, was läuft, kommt auf dem englischen Teil der Website nicht weit - und sollte japanisch können (Screenhot: invidis.de)
Transparenz à la INCJ: Wer wirklich wissen will, was läuft, kommt auf dem englischen Teil der Website nicht weit – und sollte japanisch können (Screenhot: invidis.de)

Dann würden möglicherweise Teile von Sharps heutigem Geschäft künftig vom 21. Stock des Marunouchi Eiraku Building in Tokio aus geführt werden. INCJ – an der bisher auch Sharp beteiligt ist – ist offiziell eine Public-Pivate Partnership, kann aber aufgrnd der Eigentümerstruktur und Investitionspolitik als staatliche Stützung heimischer Wirtschaftsstrukturen angesehen werden. Der japanische Staat ist hier federführend, und hat 19 Großunternehmen als Anteilseigner mit ins Boot geholt. Panasonic, Toshiba, Sony und Hitachi sind als weitere Partner aus der Branche an INCJ beteiligt; daneben sind Banken, Handelshäuser und Energieunternehmen bei der verschwiegenen INCJ involviert.

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