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Retail Technology

Ärger ums Instore TV bei real,-

Das Instore TV von real,- wird testweise auch mit Facial Recognition Technologie genutzt. Das führte jetzt zu kritischer Berichterstattung – unnötigerweise geriet der Händler in die kommunikative Defensive.
Instore TV Screen in einem real Markt (Foto: echion)
Instore TV Screen in einem real Markt (Foto: echion)

Instore TV ist bei real,- Standard: Im Jahr 2012 pilotierte das Unternehmen in 50 seiner SB-Märkte den Einsatz von Digital Signage. Seit 2013 wurde das System national ausgerollt, ab Mitte 2015 wurden weitere News-Inhalte mit ins Programm genommen. Und seit 2016 laufen bei real,-ShopKontakt auch tagesaktuelle Sportnachrichten von Deutschlands einzigem 24-Stunden-Sportnachrichtensender Sky Sport News HD. Zum Einsatz kommt eine Lösung von echion.

Bereits zuvor hatte der Dienstleister ein PoS-Radio für den Retailer installiert. Eine langfristige B2B-Kundenbeziehung also.

In dieser Woche sorgte ein Artikel der Lebensmittelzeitung, den Spiegel Online aufgriff, dafür, dass real,- gegenüber manchem Kunden im Markt in Erklärungsnot kommt. Der Grund war der von Publikumsmedien aufgegriffene Beitrag „Real analysiert Gesichter der Kunden“, der über einen Piloten in 40 Märkten berichtet, bei denen es um die Nutzung von Facial Recognition an den DS-Screens geht.

Damit testet der Händler nichts anderes, als die Erfassung von Age und Gender der vor den Displays befindlichen Kunden sowie deren Interesse an den gezeigten Inhalten. Mit diesem Piloten ist real,- in Deutschland nicht der einzige Shop. Auch die Deutsche Post pilotiert ein ähnliches System derzeit. In anderen Ländern sind vergleichbare Projekte im Handel ebenfalls vorhanden; in der Digitalen Außenwerbung werden Inhalte ebenfalls mit vergleichbaren Technologien personalisiert, die teilweise mit noch mehr Parametern arbeiten, wie beispielsweise diese Kampagne aus den USA zeigt. Auch in Großbritannien waren oder sind ähnliche Installationen im Einsatz – manchmal auch nur temporär.

Allerdings gibt es wohl kulturelle Unterschiede: In Deutschland flammt schnell eine Datenschutz-Diskussion auf, wie auch schon die Berichterstattung zum Post-Piloten zeigte.

Im SpOn-Artikel aus dieser Woche hatte real,- sich auf die Position zurückgezogen, dass man in jedem Markt darauf hinweise, dieser werde videoüberwacht. Formal mag dies sicherlich ausreichend sein. Doch neben der reinen juristischen Betrachtungsweise sollte auch eine kommunikative eine Rolle spielen. Denn wenn man in die Defensive gerät, kann sich leicht ein öffentlicher Shitstorm entwickeln. Deshalb ist es für die hiesigen Händler sicherlich der beste Rat, von Anfang an mit sehr offenen Karten zu spielen, und ganz klar zu kommunizieren, was man in seinem Markt einsetzt.

Denn der Anteil der Menschen in der Gesamtbevölkerung, der vom Begriff „Videoüberwachung“ sofort auch auf eine kamera- und softwaregestützte Werbe-Lösung schließt, dürfte eher gering sein. Umgekehrt könnte sich dann auch mancher schnell veräppelt vorkommen – was der Marke des Handelsunternehmens nicht unbedingt zuträglich wäre.

Inzwischen hat sich real,- abermals in einer allgemeinen Presseerklärung des Themas angenommen. Im Kern wird die identische Argumentation genommen. Zugleich versucht man sich auch ein wenig aus der Affäre zu ziehen:

„Vorab lassen Sie uns bitte klarstellen, dass die von ‚Spiegel online‘ gewählte Überschrift missverständlich ist und wahrscheinlich alleine deshalb so gewählt wurde, weil ein Beitrag mit ‚real,-‚ in der Überschrift aufgrund der im Vergleich zu ‚Echion‘ höheren Markenbekanntheit aus Sicht von ‚Spiegel online‘ offensichtlich eine höhere Aufmerksamkeit verspricht.

Tatsächlich stellt real,- der Firma Echion AG aus Augsburg in 40 ausgewählten Testmärkten (von rund 285 real,- Märkten bundesweit) die Möglichkeit zur Verfügung, eine Blickkontakterfassung von Werbebildschirmen im Kassenbereich zu testen.“

Diese Antwort, die allen anfragenden Medien am gestrigen Mittag zuging, liest sich fast so, als wäre die Aussage „Real lässt Gesichter von Kunden analysieren“ total sinnentstellend. Wenn ein Retailer aber mittelbar mit DooH am PoS Geld verdient oder Kunden am PoS mit personalisierten oder nicht personalisierten Inhalten versorgt, dann wird er in den Augen seines Endkunden dafür die Verantwortung tragen. Die obigen beiden Absätze sind eigentlich eine Steilvorlage für jeden Boulevardjournalisten.

Dann folgt eine sehr lange Passage, die ein Lesevergnügen für jeden Juristen darstellt. Allerdings zeigt sie ebenfalls, dass man das in Deutschland bei Datenschützern und Kunden offenbar vorhandene Interesse an einer möglichst vorherigen und direkten Aufklärung wohl eher nicht verinnerlicht hat. Auch als offene Krisenkommunikation erscheint der lange Text weniger gut geeignet:

„Dabei ist pro Bildschirm im Bereich der Kassen eine Kamera direkt über dem Bildschirm installiert. Die Kamera erfasst alle ‚Blickkontakte‘ des Bildschirms. Die Bilder werden direkt von der Steuerung der Kamera analysiert nach Geschlechter und Alter. Außerdem wird die Dauer der Betrachtung gespeichert.

Die aufgenommenen Bilder werden rein automatisch ausgewertet und dann sofort wieder verworfen. Die Bilder sind nur für jeweils ca. 150 Millisekunden im Speicher und werden weder übertragen noch gespeichert. Es werden lediglich Metadaten zum eigentlichen Bild übertragen. Das Recht am eigenen Bild wird daher nicht berührt. Die Erkennung der Personen erfolgt komplett anonym. Das System erkennt lediglich z.B. einen Mann von ca. 45 Jahren. Das System weiß jedoch zu keinem Zeitpunkt, wer diese Person ist. Die entstandenen Daten sind hinterher keiner Person zuzuordnen. Es entstehen folglich keine personenbezogenen Daten im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG).

Das dabei eingesetzte Produkt ‚ADPACK‘ von der IDA Indoor Advertising GmbH wurde demzufolge im Mai 2016 von der ePrivacyseal GmbH geprüft, für unbedenklich erklärt und daher mit dem ePrivacy-Siegel zertifiziert (siehe Anlage).

Eine Information für unsere Kunden erfolgt über eine gut sichtbare Hinweisbeschilderung ‚Dieser Markt wird videoüberwacht‘.“

Mit dem eingesetzten System verfolgt Echion zum einen das Ziel, die Qualität der ausgestrahlten Werbefilme zielgruppenorientiert anzupassen. Zudem kann das Unternehmen Echion so gegenüber weiteren potenziellen Werbekunden auf Basis einer qualitativen Analyse die Werbewirksamkeit des Mediums ‚TV in der Kassenzone‘ besser belegen.