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Augmented Reality, Virtual Reality & Mixed Reality

Erstes Mixed Reality-Smartphone angekündigt

Das erste Mixed Reality-Smartphone, das Erfahrungen mit AR, VR und MR ohne Hilfsmittel wie Brillen ermöglichen soll, stammt von einem kleinen Kamerahersteller. Der will es gleich mit der gesamten Smartphone-Branche aufnehmen. Was steckt hinter der Ankündigung?
Zu schön um wahr zu sein – oder ein disruptives Tool für Mixed Reality? (Foto: Red Digital Cinema)
Zu schön um wahr zu sein – oder ein disruptives Tool für Mixed Reality? (Foto: Red Digital Cinema)

Erst seit 2005 existiert die Red Digital Cinema Camera Company, und seit zehn Jahren gibt es ihr erstes Produkt. Red Digital hat in der Filmindustrie, bei TV-Anstalten und in der Werbefilmszene für Abwechslung gesorgt und mit dazu beigetragen, dass die ersten erschwinglichen 4K-Filmkameras verfügbar waren. Gründer James „Jim“ Jannard hatte Red Digital aufgebaut, nachdem er sein vorheriges Unternehmen, die 1975 mit 300 US-Dollar in der sprichwörtlichen kalifornischen Garage gegründete Sonnenbrillen- und Lifestyle-Marke Oakley an die Luxottica Group S.p.A. verkauft hatte. Damit hat Jannard bislang bei seinen beiden Gründungen jeweils ein gutes bis sehr gutes Händchen gehabt.

Ab dem Jahr 2018 will Red nun sein Produktportfolio, das aus fünf verschiedenen Kameras (4,5K, 5K, 6K oder 8K) besteht, ausbauen. Zugleich handelt es sich für Red Cinema um eine Diversifizierung. Angekündigt ist das Smartphone Hydrogen, das auch schon vorbestellbar ist und in einer Kleinserie auf dem Markt kommen soll. Interessant an der Ankündigung ist, dass das Modell antizipiert, was in naher Zukunft auch bei großen Smartphone-Herstellern für einen Geräte-Boom sorgen könnte – und für die Displayindustrie interessante Aufträge. Zugleich macht Red Cinema Appetit auf Technologien, die bei Mediennutzern auf Begeisterung hoffen dürfen und sich für Marketingzwecke ebenso nutzen lassen, wie für die derzeit schon bekannten Einsätze in Branchen wie Industrie, Retail, Tourismus und Banking: Augmented Reality, Virtual Reality und Mixed Reality (mehr zum Thema im Technology Special im soeben erschienenen invidis Jahrbuch 2017/ 2018, S. 75-78).

Das Hydrogen Smartphone läuft unter einem Android OS und kann laut Hersteller nahtlos zwischen Inhalten in 2D und 3D wechseln und benötigt keinerlei Zusatzgeräte wie Brillen. Red zufolge wird ein holografischer 5,7″ Screen genutzt, der mit einer nicht näher erklärten Nanotechnologie arbeitet. Möglicherweise stammt die genutzte Technologie von Leia 3D, einem 2013 gegründeten Spinn-off von HP. Das von David Fattal gegründete Unternehmen nutzt dabei eine proprietäre Technologie, an der seit 2011 geforscht wurde. Verschiedene Nutzer im Forum von Red wiesen auf einen älteren TV-Beitrag aus diesem Jahr hin, in dem die proprietäre Technologie Diffractive Lightfield Backlighting (DLB) nutzt, vorgestellt wurde. Ob nun genau dieses Patent oder eine andere Lichtfeld-Technologie genutzt wird, ist also noch nicht ganz klar. Die Eigenschaften stimmen aber mit den von Red genannten überein. Zudem sollen auch die Interaktionen der Nutzer über dem Display im Raum erfolgen können, was für eine interessante Touch-Technologie spricht. Bei DLB werden direkt hinter dem LCD frontplane Lichtfelder erzeugt, ein einfaches LED-Backlighting ist die dritte (notwendige) Zugabe. Streng genommen, könnte es also kein holografisches Displays sein, dass beschrieben wird. Gründer Jannard bezeichnet das Verfahren an dieser Stelle als „multi-view (4-view) as compared to stereo 3D (2-view)“.

Ob sich Red mit seinem etwa 1.200 bis 1.600 US-Dollar teuren Smartphone – es gibt eine Variante in Alu, eine in Titan; jedes ist mit Micro SD-Karten erweiterbar und nutzt USB-C – durchsetzen kann, wird sich zeigen. Mit Features wie einem besonders guten Audio-Ausgang, der auf die Sounds zurückgreift, die ein proprietärer und H30 genannter Algorithmus erzeugt, und H4V-Wiedergabe (ein von Red geschaffenes 3D-Format) zielt man natürlich in erster Linie auf Content-Produzenten, die die Ergebnisse ihrer Arbeit überprüfen können.

Denkt man aber die Smartphones großer Hersteller weiter und bezieht in die Überlegung mit ein, dass DLB als Lizenz an die Googles und Apples dieser Welt gegeben werden kann, könnte hier der Prototyp einer komplett neuen Smartphone-Generation vor der Tür stehen. Es könnte aber auch sein, dass Red tatsächlich etwas anderes durchzieht. Dazu müsste man sich allerdings mit so ziemlich jedem anlegen (Samsung, Apple, LG, Google, HTC …), der eine Rolle im Smartphone-Markt spielt. Denn Jannard schreibt an der oben verlinkten Stelle: „So why do we feel we can make a difference in the cell phone market? Because we are doing everything different and (we feel) better. That is the only way to enter a market. That was the thinking behind Oakley. It was the thinking when we released the Red One. Same formula. Make something significantly better and you have a reason to be.“

Dass er Disruption nicht nur buchstabieren, sondern auch leben kann, hat Jannard ja schon mehr als einmal unter Beweis gestellt. Ein Patent-Antrag in den USA wurde an dieser Stelle veröffentlicht, er wurde im Januar 2017 gestellt.

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