Würde „Heinz der Skatspieler“ noch leben; er würde es sich nicht nehmen lassen, höchstselbst mit seinem NSU RO 80 mit Wankelmotor vorzufahren, um bei der Ausstellungseröffnung dabei zu sein. Gut, vielleicht wäre es aktuell eher ein Brennstoffzellen-Gefährt mit ähnlich geringem Verkaufserfolg – aber Heinz Nixdorf käme, und führe selbstverständlich in einem technologisch avantgardistischen Gefährt. Abgesehen davon wäre der im Jahr 1986 auf der ersten CeBIT 1986 verstorbene Unternehmensgründer und -Lenker wohl äußerst pünktlich – um noch ein paar Anweisungen zu erteilen. Schließlich findet der Science Tunnel 3.0 auf ehemaligem Nixorf-Betriebsgelände statt. Die in braun gehaltenen Glasscheiben des rechteckigen Baus zeugen noch lange Jahre nach dem Herztod des deutschen Computerindustrie-Patriarchen von der penibel geplanten und eigens von ihm geprüften Architektur der damaligen Nixdorf-Hauptverwaltung.
Seit 1996 ist die ehemalige Verwaltung des so schon lange nicht mehr existierenden Unternehmens (Teile gingen unter anderem an Siemens beziehungsweise Fujitsu; ein Kernbereich lebt in Wincor Nixdorf weiter) Heimat des größten Computermuseums der Welt, des Heinz Nixdorf MuseumsForum (HNF). Können Nerds und andere Interessierte dort in der Dauerausstellung eine echte CRAY bewundern, oder Kinder in Workshops Lego-Mindstorms-Roboter programmieren, holt man sich auch immer wieder interessante Dauerausstellungen ins Haus.
Start in Paderborn – über Moskau in die Welt
Vom 17. Oktober 2012 bis 24. Februar 2013 macht die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) mit ihrem Science Tunnel Station in Paderborn – bevor es ab April 2013 über Moskau und andere russische Städte um den Rest des Globus gehen soll. Der Science Tunnel 3.0 wird zudem vom Auswärtigen Amt, dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und der Universität Paderborn unterstützt. Gefördert wird der Science Tunnel zudem durch Siemens und Volkswagen. Das Großprojekt setzt die beiden Vorgängerprojekte fort. Ursprünglich war der Science Tunnel zur im Jahr 2000 in Hannover stattfindenden EXPO gelauncht worden. Der Erfolg des ersten Projekts wurde mit dem zweiten Tunnel und dessen Tour rund um die Welt bestätigt. Insgesamt 9 Millionen Besucherinnen und Besucher wollten mehr über (Natur-) Wissenschaft im 21. Jahrhundert erfahren.
Wie es sich für ein anspruchsvolles Projekt gehört werden aktuell einige Überstunden geschoben. Und, wie Projektleiter Dr. Andreas Trepte von der MPG in München durchblicken lässt, kann man optisch von der neuen Ausstellung einiges erwarten. „Installationen und technische Umsetzungen ähneln denen unserer im September 2011 am Berliner Gendarmenmarkt eröffneten Max Planck Science Gallery“, so Trepte gegenüber invidis.de. „Die ist allerdings in ihrem Aufbau deutlich komprimierter.“ Während in Berlin auf 140 Quadratmetern vierteljährlich wechselnde Ausstellungen zu Themen aus der Arbeit der bundesweit 80 MPG-Institute gezeigt werden, sollen in der im Paderborner HNF startenden Reise-Ausstellung auf 800 Quadratmetern acht Wissensmodule visualisiert werden.
Science Gallery und Science Tunnel – Archimedes stattet aus
Sie zeigen die neuesten Themen der weltweiten Grundlagenforschung und beleuchten die Perspektiven der globalisierten Wissenswelt:
• Universum – Von den Quarks in den Kosmos
• Materie – Design der Nanowelt
• Leben – Von Bausteinen zu Systemen
• Komplexität – Von den Daten zur Erkenntnis
• Gehirn – Wunderwerk im Kopf
• Gesundheit – Forschen für die Medizin der Zukunft
• Energie – Leben im Anthropozän
• Gesellschaft – Welt im Wandel
Ergänzt werden diese Bereiche durch einen Prolog und einen Zentralbereich, der alle Themen zusammenführt und den Austausch mit den Besuchern ermöglicht.
Für die Umsetzung des Science Tunnels 3.0 zeichnet – wie auch für die Vorgänger und die Berliner MPG-Dependance – die Berliner Archimedes Exhibitions verantwortlich. Vergleicht man den für die kleine, aber feine Max Planck Science Gallery betriebenen Aufwand, lässt das Tunnel-3-Projekt auf weitere optische Schmankerln hoffen. Für die Gallery haben die Berliner unter anderem eine Multitouch-Wand aus vier Multitouch-Displays aufgebaut, die nebeneinander in eine LED-Wand eingelassen sind – und Bilder, Slideshows und Filme aus unterschiedlichen Themenfeldern ausspielen. Am Gendarmenmarkt findet sich auch ein Single-Touchscreen (MPG-Set) für eine Single-User-Anwendung mit hochformatigem Screen, der in vier Spalten aufgeteilt ist, deren Inhalte als vertikales Band angeordnet sind. Neben weiteren 2D- und 3D-Displays und Videoquellen kommt auch eine Holografie-Simulation zum Einsatz.
Wie bei der vor knapp einem Jahr eröffneten Berliner Science Gallery will man auch beim Science Tunnel 3.0 neben den optischen Effekten vor allem auf eine vernetzte Kommunikation setzen. Auch dort ermöglichen digitale Ausstellungsführer den Besuchern, Inhalte zu vertiefen, zu kommentieren oder sich an Umfragen zu beteiligen.