Düster schaut es aus bei der Hess AG – so prekär ist die Lage, dass man die eigenen Anteilseigner nicht mehr einladen kann. Die wären eigentlich zu einer außerordentlichen Hauptversammlung (HV) einzuladen; doch dafür fehlen die Mittel, wie das Unternehmen gestern bekanntgeben musste. Einen traurigen, aber guten Grund für die HV gibt es: Das Grundkapital ist aufgebraucht.
Das liegt daran, dass in der Vergangenheit wohl ein wenig zu sehr der Schein eine Rolle spielte – und dies nicht im eigentlichen Geschäftsfeld, gut designte LED-Anlagen im öffentlichen Raum und bei Bauprojekten zu planen und zu installieren. Fest steht inzwischen, dass das Zahlenwerk in der jüngeren Vergangenheit nicht nur geschönt, sondern richtiggehend poliert wurde: Scheinrechnungen und Bilanztricks hatten die Überschüsse der Jahresabschlüssse 2011 um 6 Millionen Euro und 2012 um 9 Millionen Euro nach oben „korrigiert“. Das hatte eine vom Aufsichtsrat in Auftrag gegebene Sonderprüfung ergeben. Entsprechend konnte auch für das erste Quartal 2013 kein Bericht erstellt werden.
Schwäbischer Bilanzskandal
Im Januar 2013 wurde der Bilanzskandal bei den Schwaben publik. Die Vorstände Christoph Hess und Peter Ziegler wurden für die Fälschungen verantwortlich gemacht und vom Aufsichtsrat entlassen. Derzeit hat der vorläufige Insolvenzverwalter Dr. Volker Grub das Sagen im Unternehmen, das sich über einen Asset Deal mit seinen Gläubigern einigen möchte. Dabei soll der operative Geschäftsbetrieb sowie das Anlage- und Umlaufvermögen von Hess veräußert werden. Einen Teil des Tafelsilbers hat man bereits verkaufen können: Mitte März wechselte die in Hannover angesiedelte Hess-Tochter Vulkan den Besitzer – der Investor Nordeon kaufte das Unternehmen, die gesamten knapp 20 Arbeitsplätze blieben erhalten.
In den kommenden vier bis sechs Wochen werden wohl die Entscheidungen über die Zukunft des Unternehmens und seiner Teile fallen. Insolvenzverwalter Grub gibt sich diesbezüglich optimistisch: „Wir befinden uns derzeit mit rund 30 strategischen Investoren im Gespräch“, so Volker Grub. Mit einigen Investoren würden bereits sehr weitgehende Gespräche geführt, so dass er sich optimistisch zeige, dass bereits im Mai eine „gewisse Vorentscheidung“ im Rahmen des Investorenprozesses fallen könnte. Zwischenzeitlich würden die Gespräche weiter intensiviert und vertieft. Den interessierten Investoren stehe parallel zu den Gesprächen auch ein eigens eingerichteter elektronischer Datenraum zur Verfügung, so der Verwalter.
Kooperationspartner der Hess AG waren Unternehmen wie Osram und Zumtobel. Ob Osram – die im Sommer 2013 endlich, und diesmal nun wirklich – an die Börse wollen, nicht nur Interesse, sondern auch Mittel hat, ist Spekulation. Dem österreichischen Konzern Zumtobel werden aktuell große Chancen und Interessen eingeräumt. Der Schwarzwälder Bote berichtet von weit gediehenen Verhandlungen – auch auf Vorstandsebene habe es Gespräche mit dem Insolvenzverwalter der Hess AG gegeben, zitiert die Tageszeitung das „Finance Magazin“.