Gemeinsam mit dem Smartphone-Anbieter HTC und dem GPU-Anbieter S3 bildet VIA Technologies einen Verbund rechtlich und organisatorisch unabhängiger Schwesterfirmen. Allerdings werden die von S3 entwickelten Grafiktechnologien von VIA teilweise mit genutzt. Und während HTC mit seinen Produkten und der Marke auch in Endkundenmärkten sehr bekannt ist, sind VIAs Brand und Produkte bisher eher etwas für Insider.
Als Anbieter von Mikroprozessor-Technologie für den ODM und SI-Sektor gilt man mancherorts bisher als reiner Hardware-Anbieter. Das soll sich nun ändern. Die Muttergesellschaft in Taiwan sowie die Europa-Niederlassung im rheinischen Bonn möchten mit den Marktteilnehmern stärker ins Gespräch kommen, um das Digital Signage-Portfolio weiter zu platzieren.
Christian B. Caldarone ist von Bonn aus vor allem für den Ausbau- und die Entwicklung des Geschäftsfelds Embedded verantwortlich. Zugleich ist er bei VIA als Unternehmenssprecher für die Region DACH zuständig. Im invidis-Interview gibt Caldarone einen Überblick über das Digital Signage-Engagement von VIA – das zu Zeiten begonnen hat, als der Begriff selbst hierzulande noch nahezu unbekannt war.
invidis: Herr Caldarone, seit wann adressieren Sie den Digital Signage-Markt?
Christian Caldarone: Wir haben eine inzwischen über 25-jährige Unternehmensgeschichte, in deren Verlauf Digital Signage immer wichtiger wurde. VIA wurde 1987 in Kalifornien gegründet. Im Jahr 1992 verlegte die Firma ihr Hauptquartier nach Taipeh in Taiwan. Seit Ende der 1990er Jahre haben wir die C3-CPUs entwickelt. Seit 2002 konzentrieren wir uns zunehmend auf den Embedded-Markt.
invidis: Bisher alles andere als ein Massenmarkt, oder?
Christian Caldarone: Das stimmt. Mit unserer Spezialisierung haben wir aber seitdem langfristige Trends setzen können. Unser erstes Digital Signage-Projekt wurde implementiert, als das noch niemand so recht kannte.
invidis: Wann ungefähr war das?
Christian Caldarone: Das war 2003. Damals waren die Themen „Strom sparen“ und „Energieeffizienz“ noch nicht aktuell. Unser erstes Board gehörte zur DS-Ausstattung am Münchner Airport. Die Installationen am Flughafen dort: Das war Pionierarbeit. Damals haben wir diesen Markt ganz frisch aufgetan – und wir haben gesehen, dass sich da etwas ganz Spannendes entwickelt. Vor rund zehn Jahren war die Situation eine vollkommen andere. So war der Anschaffungspreis der Hardware sehr hoch, Spezialisten wurden an allen Ecken benötigt. Im übertragenen Sinne wurde Digital Signage oftmals noch von den Herren in weißen Laborkitteln betrieben. Alles war sehr technisch. Treiber waren beispielsweise nicht so verfügbar, wie heute üblich. Auch an Plug & Play war zu dieser Zeit kaum zu denken.
invidis: Haben Sie sich damals schon Gedanken gemacht, die Hardware intelligenter und leichter handhabbar zu gestalten?
Christian Caldarone: Sicher. Wir haben relativ schnell einen sehr starken Markttrend gesetzt. Schon 2005 hat VIA den klassischen Chipsatz mit der CPU verschmolzen – Stichwort: CoreFusion. Single-Chips aus CPU und Chipsatz werden dabei verschmolzen, wie bei unseren Produkten „Luke“ und „Mark“. Unsere CPU C3 war dann auch lange Standard. Deren Vorgänger kam 2000 auf den Markt, die erste eigene CPU VIA-Cyrix III mit Samuel I Kern. Ab 2001 wurde diese CPU in VIA C3 umbenannt. Dann – im Jahr 2005 – haben wir unsere nächste Generation von 32bit-Prozessoren präsentiert, den C7 und den C7-M. Die Produkte „Luke“ und „Mark“ gingen schon stark in Richtung System on a Chip. Unsere erste Single Chip-Lösung mit integriertem Grafikprozessor, den VIA CX700, haben wir dann 2006 auf den Markt gebracht. Das war neu: keine herkömmliche On Board-Grafik. Heute hat dieser Ansatz den Markt völlig durchdrungen. Anfangs haben wir da noch sehr viel Aufklärungsarbeit leisten müssen. Bereits 2007 brachten wir dann den weltweit ersten und einzigen 1 Watt-x86-Prozessor auf den Markt, den VIA Eden ULV. Dieses Ultra Low Voltage-Konzept ist PC-kompatibel und aktuellen Lösungen ebenbürtig.
invidis: Wie sehen die aktuellen Ein-Chip-Sätze von VIA aus?
Christian Caldarone: Die ARTiGO-Serie ist z.B. sehr gut für DS geignet und wurde auch im Hinblick auf dieses Marktsegment entwickelt. Der integrierte Chipsatz verfügt über eine weitreichende eigene Intelligenz; daher vermarken wir ihn auch als Multimedia-System-Prozessor (MSP). Videoformate wie mpeg2/4/H.264 werden beschleunigt und das Decoding wird direkt über diesen Chip abgewickelt. So wird vor allem der Hauptprozessor entlastet. Energieeffizienz und Rechenleistung stehen in einem sehr guten Verhältnis zueinander, hier sind wir Marktführer. Unser im Mai 2013 präsentierter ARTiGO A800 ist das weltweit kleinste ARM-System für Embedded-Anwendungen. Es kombiniert einen mit 800MHz getakteten Freescale ARM Cortex-A8 SoC Prozessor mit zwei integrierten GPUs. So können zwei Displays sowie eine 3D/2D Grafik-Beschleunigung – und damit eine Full HD-Wiedergabe – unterstützt werden. Die Lösung verfügt über einen internen 4 GB Flash-Speicher, der mithilfe des MicroSD-Kartenslots erweitert werden kann.
invidis: Welche Markttrends sehen Sie aktuell im Digital Signage-Segment?
Christian Caldarone: Es gibt zwei große Trends, die zwar gegenläufig sind, aber zeigen, in welche Richtungen sich der Markt unserer Meinung nach weiter ausdifferenziert. Zum einen geht es in Richtung „All in One“. Früher haben die Kunden Chips gekauft, und sie selbst integriert. Dann wurden Boards und Systeme zugekauft. Heute wird oftmals ein fertiges System verlangt – inklusive Software, bei großer Flexibilität. Andererseits gibt es da die „Maker-Szene“. Individuelle und personalisierte Produkte sind seit einiger Zeit in aller Munde, Stichwort 3D-Printer. Ein Teil des Marktes wird wohl auf Social Manufacturing setzen.
Herr Caldarone, danke für das Gespräch!
Im zweiten Teil unseres Interviews geht es um VIAs neue Rolle als Lösungsanbieter im Markt.