Die heute als dapd bekannte Nachrichtenagentur hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich, die auch ein Stück deutsch-deutscher Historie spiegelt: 1971 als Deutscher Depeschendienst (ddp) von Mitarbeitern des damals in Westdeutschland abgewickelten Dienstes der US-Nachrichtenagentur UPI gegründet, startete ddp im Nachrichtengeschäft. Nach der Wiedervereinigung übernahm man im Jahr 1992 die vormalige DDR-Nachrichtenagentur ADN. Nach diversen Zukäufen – etwa im Markt der Bildagenturen – kaufte ddp unter den Neu-Eigentümern Martin Vorderwülbecke und Peter Löw den deutschen Dienst der US-Agentur Associated Press (AP). Seit 2009 als dapd firmierend, griff man unter den nicht unumstrittenen beiden Finanzinvestoren den oftmals als verschnarchten Monopolisten wahrgenommenen Platzhirschen dpa an.
Jetzt ist – wieder einmal – Schluss. Die DAPD Nachrichtenagentur GmbH und DAPD Nachrichten GmbH sind aktuell zahlungsunfähig und das Amtsgericht Berlin Charlottenburg hat dem Insolvenzantrag der von Löw und Vorderwülbecke gehaltenen Holding dapd media Holding AG zugestimmt; sechs weitere Gesellschaften gehen heute in die Insolvenz. Ein erster Leitender musste bereits das Zepter aus der Hand geben: dapd-Geschäftsführer Cord Dreyer, ehemals in der Chefredaktion der Frankfurter Finanznachrichtenagentur dpa-afx, hat die Geschäftsführung niedergelegt und ist aus dem Vorstand ausgeschieden. Aktuell hat der Düsseldorfer Insolvenzverwalter Wolf von der Fecht das Sagen – und Dreyer wird möglicherweise als Chefredakteur beratend tätig sein.
Bislang hatten die beiden Investoren Löw und Vorderwülbecke nur Positives übers dapd-Geschäft kommunizieren wollen – zumindest nach außen. Damit war spätestens am Dienstag Schluss: Sie hätten – nach eigenen Angaben auf einer eilig einberufenen Mitarbeiterversammlung – monatlich 1 Million Euro zuschießen müssen. Zwar läuft der Betrieb vorerst weiter, die Gehälter zahlt aber die Bundesagentur für Arbeit aus – Insolvenzgeld für 299 der 515 Festangestellten bis Mitte November 2012 sowie die ausstehenden September-Gehälter; freie Mitarbeiter werden womöglich leer ausgehen.
Dritte Insolvenz in 30 Jahren
Insolvenz. Das fiese Wort mit „i“ kennen langjährige und ehemalige Angestellte der dapd dabei schon sehr gut: Bereits 1983 und 2004 hatte die Vorgänger-Firma ddp Insolvenz anmelden müssen. Insgesamt acht Teilgesellschaften sind aktuell betroffen. Insofern ist das News-Business insgesamt involviert, was sich auch auf Teilmärkten wie Digital Signage bemerkbar machen wird. So könnte es im Rahmen der Insolvenz zur Nachverhandlung bei Verträgen mit B2B-Kunden kommen. Bisher hat explizit lediglich die Tochter ddpdirect verkündet, nicht von der Insolvenz betroffen zu sein. Der PR-Dienstleister schickte noch am frühen Dienstagabend Geschäftsführer Wolfgang Zehrt vor: „Unsere Medienreichweite hat sich schon seit einem Jahr unabhängig von der Agentur entwickelt, mit eigenen Satellitenkanälen und Internetleitungen kommen wir direkt auf die Redaktionsbildschirme“, wird ddpdirect-Geschäftsführer Wolfgang Zehrt in einer Mitteilung zitiert.
Zum dapd-Imperium gehört auch eine Mehrheitsbeteiligung am Münchner Anbieter Airmotion GmbH. Airmotion ist unter anderem im Bereich Digital Signage tätig: Airmotion bündelt Inhalte, Technik und Portalbetreuung für Web, mobiles Internet und weitere digitale Medien. Zu diesen zählen unter anderem Digital Signage, Teletext, Ticker- und Infodienste sowie mobile Apps. Kunden von Airmotion sind unter anderem Vodafone, Deutsche Telekom, Pro7 und United Internet. Auch Airmotion scheint – wie ddpdirect – aktuell nicht betroffen zu sein, ist aber zumindest mittelbar vom Wohl und Wehe der Berliner Mutter abhängig. Ende April 2010 hatte dapd einen nicht näher bezeichneten Mehrheitsanteil an Airmotion erworben. Auf der Website und in aktuellen Mitteilungen wird die Höhe der Beteiligung nicht weiter angegeben. Aktuell liefert Airmotion unter anderem für Instore-TV einen Digital-Signage-News-Feed. Kunden sind unter anderem Mc Donald’s, die Targo-Bank und TV-Wartezimmer.
Update, 4.10.2012, 10.15:
In Ergänzung der Pressemitteilung vom 2. Oktober 2012 teilt die dapd media holding AG mit: Nicht betroffen von dem vorläufigen Insolvenzverfahren sind 18 Tochterunternehmen, insbesondere aus den Geschäftsbereichen Foto (ddp images, Picture Press, SIPA USA), Automotive und Webcontent (airmotion, News Right Management), Public Relations (ddp direct) und Entertainment-News (spot on news). Außerdem ist die gesamte französische Nachrichtenagenturgruppe SIPA News nicht involviert.
Das Verfahren betrifft ausschließlich die 8 Berliner Gesellschaften der dapd nachrichtenagentur. Die dapd nachrichtenagentur wird ihre Nachrichtenproduktion wie bisher fortsetzen.