Am 31. Juli werden in der Berliner Fasanenstraße sicherlich emotionale Diskussionen geführt werden. Denn am kommenden Mittwoch kommen Aktionäre zur ordentlichen Hauptversammlung ins Ludwig Erhard Haus – das nach dem Zigarrenraucher benannt ist, der fälschlicherweise oft noch als Erfinder der Sozialen Marktwirtschaft gehandelt wird.
Die Loewe AG will weiter nach Lösungen in der sehr schwierigen Situation suchen. Dazu soll auch das Kapital im Verhältnis 4:1 erst herabgesetzt werden, um es dann zu einem späteren Zeitpunkt erhöhen zu können. So sollen Alt- sowie neue Aktionäre im Nachgang die Möglichkeit haben, ihre Anteile aufzustocken oder mit frischem Geld einzusteigen. Alle Prozentangaben in diesem Artikel beziehen sich auf das aktuelle Stammkapital von rund 13,01 Millionen Euro.
Seit Ende dieser Woche ist klar: Es gibt ihn schon, den neuen Hauptaktionär. Wenn auch zunächst nur für den Zeitraum 12. Juli bis 31. Juli 2013. Ob der verschwiegene Hauptanteilseigner allerdings der gesuchte neue Retter ist, oder ihm zuarbeitet, ist nicht so einfach herauszufinden.
Zuletzt hielten die kriselnde japanische Sharp Corporation 28,83% der Anteile sowie die Loewe Beteiligungs GmbH aus Frankfurt/Main ein Paket in Höhe von etwa 13,95%. Jetzt haben beide aber die Positionen getauscht: Laut einer Börsen-Mitteilung vom 25. Juli hält die „Loewe Beteiligungs GmbH“ aus Frankfurt 29,78% der Anteile. Die Loewe Beteiligungs GmbH ist als solche seit März 2013 und auch aktuell in Frankfurt/ Main in der Rolle B des Amtsgerichts eingetragen, wie eine Datenbankrecherche und Nachfrage von invidis.de beim Gericht ergaben. Ihre Nummer HRB 95195 und verpflichtend zu veröffentlichende Dokumente sind abrufbar – ansonsten mag sie es anonym.
Fest steht auch, dass die Loewe Beteiligungs GmbH ihren Anteil an der Loewe AG mehr als verdoppelt hat, von knapp unter 14% auf einen Wert der unter der aktienrechtlich wichtigen 30%-Schwelle liegt. Da weder Sharp noch LaCie kommuniziert haben, durch Kauf oder Verkauf ihre jeweiligen Anteile um eine der publizitätspflichtigen Schwellen verändert zu haben, kann Sharp aktuell theoretisch einen Wert zwischen 25% und 29,999% halten, LaCie theoretisch einen Wert, der über 10%, zwischen den bisherigen 11,17 % und unter 15% liegt.
Beteiligungs GmbH könnte bald bis zu 41,79% halten
Wie aus einem weiteren Investor Relations-Dokument vom 25. Juli, das am 26. Juli wegen einer zunächst fehlenden Angabe präzisiert wurde, hervorgeht, könnte die Loewe Beteiligungs GmbH ihren aktuellen Anteil von 29,78% – der schon eine ungefähre Verdopplung darstellt – noch deutlich ausbauen. Sie hält nämlich weitere, zunächst nicht näher erläuterte Finanzinstrumente, die insgesamt 12,18% der Loewe-AG-Anteile ergeben würden, wenn sie durch Wahrnehmen der Rechte vollzogen würden. Theoretisch könnte dann die Loewe Beteiligungs GmbH künftig über bis zu 41,97% der Loewe-Anteile verfügen – wenn sie entsprechende weitere Optionen geltend macht. Die Finanzinstrumente werden aktuell in einer korrigierten Mitteilung an die BaFin mit „Übertragungsvereinbarung“ bezeichnet.
Wer steckt hinter der Loewe Beteiligungs GmbH? – Bis zum heutigen späten Freitagnachmittag wird sie von befragten Analysten und Bankern noch allein der Familie Dr. Rainer Hecker zugerechnet, was sich aber geändert haben dürfte. Die Anteile von etwa 13,95% – eine Beteiligungshöhe, die sich zwischenzeitlich geringfügig geändert haben könnte – wurden stets Hecker selbst, seiner Ehefrau sowie seinen Kindern direkt und indirekt zugeordnet.
Der ehemalige langjährige Loewe-Vorstand Dr. Rainer Hecker gilt als dem Unternehmen sehr verbunden. Rainer Hecker wechselte 1982 zur Loewe Opta GmbH als Geschäftsführer Finanzen und Verwaltung. Zum 1. Januar 1990 wechselte er innerhalb der Loewe Opta GmbH zum Vorsitzenden der Geschäftsführung und wurde dann 1999 Vorsitzender des Vorstands der Loewe AG. Hecker, der zuletzt Aufsichtsratschef bei Loewe war, hatte den Aufseherposten am 12. März 2013 „aus wichtigem Grund“ niedergelegt. Einen Tag zuvor wurde die Beteiligungs GmbH auf der Gesellschafterversammlung gegründet. Dabei wurde ein existierender GmbH-Mantel gekauft und Name und Zweck der Gesellschaft geändert – ein durchaus übliches und mögliches Verfahren (siehe unser Aufmacher-Bild).
Verschwiegener Großaktionär
Die beiden Geschäftsführer der in Frankfurt ansässigen Loewe Beteiligungs GmbH sind Rechtsanwälte einer großen Kanzlei, die sich deutschlandweit auf Unternehmensrestrukturierung und Insolvenzrecht spezialisiert hat. Zu den Plänen, die die Loewe Beteiligungs GmbH beim Displayhersteller aktuell hat, äußerten sie sich auf mehrfache invids-Nachfrage nicht. Auch zu den Beteiligungsverhältnissen innerhalb der GmbH machten sie keine Angaben.
Gegenüber Reuters äußerte sich die Loewe AG am heutigen Freitagabend dahingehend: „Eine Anzahl von Aktionären hat nach unserem Kenntnisstand ihre Interessen in dieser eigens gegründeten Gesellschaft gebündelt.“
Bei der Loewe Beteiligungs-GmbH, ist zumindest zeitweise (Stand 26. Juli 2013) noch eine „Cornelius Treuhand Holding GmbH & Co KG“ mit im Boot gewesen, wie invidis recherchierte. Deren Geschäftsführer waren oder sind ebenfalls entweder Anwälte aus der Kanzlei oder anderen Firmen, die im Restrukturierungs-Business anzusiedeln sind. Der Unternehmenszweck der Cornelius ist „neben der Verwaltung des eigenen Vermögens die Übernahme von Treuhandaufträgen“. Zu diesem Zweck darf die GmbH & Co. KG laut Gesellschaftsvertrag Beteiligungen im In- und Ausland eingehen. Auch ihr Sitz war oder ist identisch mit dem Sitz der Loewe Beteiligungen GmbH.
Anhand des Börsenkurses kann man derzeit nur sagen, dass es in den letzten Wochen Käufe des Loewe-Anteilsscheins an der Börse gegeben hat.
Kein Branchenunternehmen
Kurz vor der Hauptversammlung ist damit seit 12. Juli der Haupteigner bei Loewe kein Branchenunternehmen mehr, sondern eine Beteiligungsfirma, deren ausdrücklicher Zweck nicht nur die Verwaltung eigenen Vermögens ist, sondern auch „das treuhänderische Halten und Verwalten von Beteiligungen“. Per Übertragungsrechten kann die Beteiligungsfirma von derzeit knapp unter 30% sehr schnell auf knapp unter 42% Anteil kommen. Wie viele dieser Anteile aktuell Dr. Rainer Hecker und seiner Familie oder anderen Investoren gehören, ist unklar.
Aktuell kommuniziert die Loewe AG, nach ihrem Kenntnisstand sei die Beteiligungs GmbH gegründet worden „um mögliche Maßnahmen im Restrukturierungsprozess – insbesondere auch Kapitalmaßnahmen und eine Beteiligung von Investoren – kurzfristig und gesichert umsetzen zu können.“
Theoretisch können sich die knapp unter 42% als Aktien-Pool einer altruistischen Vereinigung von Altaktionären entpuppen. Oder als ein Pool aus Altaktionären sowie neuen Investoren. Ob mit der Bündelung eine – überspitzt formuliert – freundliche Übernahme und ein Unterstützen der Gesellschaft geplant sind, oder doch der Weiterverkauf an einen kommenden Investoren, lässt sich derzeit nicht sagen. Die Investoren schweigen.