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Technologie

Wirbel um Bone Conduction - Audio-Werbung via Zugfenster?

Eine bekanntes Akustik-Phänomen könnte als neue Werbeform genutzt werden: Knochenschall. Pendler, die ihren Kopf ans Zugfenster anlehnen, können über die Scheibe ausgespielte Werbebotschaften direkt in ihrem Gehirn hören. Rechtlich könnte es aber Bedenken geben.
Sender an der Scheibe: Lehnt man sich ans Fenster, hört man die Botschaft (Screenshot: invidis.de)
Sender an der Scheibe: Lehnt man sich ans Fenster, hört man die Botschaft (Screenshot: invidis.de)

Ende letzter Woche sorgten ein Blogbeitrag und die folgende Boulevard-Berichterstattung bei Bild.de für Diskussionsstoff: Setzt die Deutsche Bahn künftig Technologien, die sich die Bone Conduction zunutze machen, als Werbemittel ein? Caschys Blog machte in einem Beitrag auf ein Youtube-Video der Werber von BBDO aufmerksam, das wir hier ebenfalls eingebettet haben. In dem für Cannes produzierten Film zeigt BBDO einen Test, bei dem für den Kunden Sky geworben wird. Zu sehen sind Pendler, die sich ans Zugfenster lehnen und daraufhin Werbebotschaften hören können – ohne dass der Rest des Abteils beschallt wird. Die Werbebotschaft ist also individuell und im Kopf selbst zu hören (Erklärung des Phänomens unten). Auch Bild.de widmete sich an diesem Wochenende dem Thema.

Kommt nun eine neue Außenwerbeform auf Bahnreisende und Pendler in Zügen zu? Einerseits werden im Rahmen des Werbefestivals von Cannes immer wieder Werbearbeiten gezeigt, die nur einmalig und zeitlich und lokal eng begrenzt gezeigt oder eingesetzt wurden. Die Kreativ-Branche wirbt halt auch gern für sich und ihre Kunden.

Die Funktionsweise der Werbeform in dem BBDO-Video visualisiert (Screenshot: invidis.de)
Die Funktionsweise der Werbeform in dem BBDO-Video visualisiert (Screenshot: invidis.de)

Subliminale Werbung?

Andererseits hätte eine kommerzielle Nutzung durchaus Potenzial. Sky Deutschland gibt sich gegenüber invidis.de derzeit unentschlossen – und die Deutsche Bahn AG schweigt bisher lieber ganz. Ob dabei auch mögliche rechtliche Schwierigkeiten vor einem vielleicht geplanten Einsatz eine Rolle spielen, ist unklar. So sieht etwa im Bereich des Fernsehens der aktuelle 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag in § 7, Absatz 3 wie seine Vorgängervarianten vor, dass Werbung als solche leicht erkennbar sein muss. Möglicherweise könnte man Werbung mittels Bone Conduction als subliminale, also: unterschwellige Werbeform einordnen. Inwieweit diese außerhalb des Geltungsbereichs des RStV – etwa in fahrenden Zügen oder an Fenstern eines Bistros – gestattet wäre, dürfte unter Verbraucherschützern und Juristen zumindest diskussionswürdig sein.

Bekanntes Audio-Phänomen

Die Bone Conduction – im Deutschen als Knochenleitung oder Knochenschall bekannt – nutzt ein bekanntes Audio-Phänomen. Schlägt man eine Stimmgabel an und setzt die vibrierende Gabel auf der eigenen Schädeldecke auf, so hört man die Schwingungen des Tons im eigenen Kopf – obwohl das Mittelohr dazu nicht benutzt wurde. Der Knochenschall ist auch verantwortlich dafür, dass man die eigene Stimme auf Aufnahmen stets als andersartig empfindet: Hört man sich selbst sprechen, hört man über Luft übertragene Schallwellen von außen sowie den Knoschenschall im eigenen Kopf – die Audioaufnahme dagegen enthält nur die Sound-Informationen, die über Luftschall übertragen wurden.

Dieses Prinzip wird seit längerem auch technisch genutzt. Erste Gehör-Hilfssysteme wurden bereits in den 1920er Jahren in der Theorie beschrieben. Heutzutage gibt es einige Anwendungen für gehörlose Menschen sowie für den Einsatz bei Sporttauchern. Laut Guardian setzt auch die Google Glas-Brille auf Bone Conduction für einen Audio-Rückkanal zum Nutzer.

Hochfrequenzschall bringt Botschaften in die Köpfe

Bei dem Gerät, das für die Werbung des Pay TV-Senders eingesetzt wurde, werden Audiosignale in hohen Frequenzen über das Zugfenster gesendet. Sie sind nicht über den Luftschall hörbar, werden aber im Kopf als Kopfschall wiedergegeben. Beworben wurde die App Sky Go.

Gegenüber invidis.de bestätigte Sky Deutschland, dass man Bone Conduction bisher nur zu Testzwecken beziehungsweise für den Youtube-Spot der Werber habe einsetzen lassen. Allerdings habe man noch nicht abschließend entschieden, ob man das Werbemittel künftig nutzen wolle. Getestet wurde die Bone Conduction – wie in dem Video an mehreren Stellen zu sehen ist – eindeutig in Zügen der Deutschen Bahn. Ob der Konzern künftig für Werbungtreibende auf Knochenleitung und Co. setzen will ist unklar. Eine dahingehende Anfrage unserer Redaktion bei der Deutschen Bahn wurde bis Redaktionsschluss nicht beantwortet.

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Veröffentlicht in News