Seitdem Magic Leap sich als aus der schweren See auftauchender Nachfolger des langsam in das ewige Trockendock des Hafens für gescheiterte technologische Innovationen manövrierende Google-Projekts Google Glass offenbart hat, sind einige Wellen über die Ufer geschwappt. Ein Update.
Google Glass ist eingemottet wie ein alter Kahn. Im Januar 2015 gab es die Seebestattung der eher stillen Art: Google stellte das Projekt ein – in seiner bisherigen Form. Frei nach R.E.M.: It’s the end of Glass, as we know it, meint etwa Matt McGee in eime Beitrag auf dem Blog Glassalmanac.
Während sich einige Tester, die 1.500 US-Dollar für die AR-Brille bezahlt haben, beschweren wie randalierende Freibeuter in der Hafenkantine – und andere ihre Google Glass in die Seemannskiste packen, um sie in ein paar Jahren bei Sotheby’s oder einem Technikmuseum in eine Riesen-Kiste voller Perlen und Gold einzutauschen gedenken – dreht sich die Welt weiter.
Neu an Bord: CFO und Chief Futurist
Die Brille ist eingemottet – aber Magic Leap hat die Turbinen aufgedreht. Das mit viel Kapital und noch mehr Silicon Valley-Hype unter Dampf stehende Unternehmen, an dem auch Mutterschiff Google beteiligt ist, hatte sich Ende 2014 personell verstärkt. Mit Scott Henry als Chief Financial Officer und dem vormaligen SciFi-Autor Neal Stephenson als Chief Futurist haben im Dezember zwei neue nautische Offiziere ihren Dienst auf der Brücke angetreten.
Allerdings geht es wohl um mehr als (Investoren-) Geschichten erzählen und die Heuer auszahlen. Unter dem Titel „Planar waveguide apparatus with difraction element(s) and system employing same“ haben Rony Abovitz, Brian T. Barnes und ihre Kollegin Agnieszka B. Watson Mitte Januar 2015 beim US Patent & Trademark Office einen ellenlangen Patentantrag eingereicht, der mit seinen 180 Seiten fast Moby Dick’sche Ausmaße erreicht.
Hardware könnte unter Google Sensory segeln
Statt von Augmented Reality spricht man bei Magic Leap von Cinematic Reality. Passenderweise wohnt einer der technischen Offiziere aus dem Maschinenraum des verschwiegenen Start Ups – Abovitz – gar in Hollywood – wenn auch dem in Florida. Die Mannschaft von Leap, die nach eigener Aussage unter anderem aus Roket Scentists, Software Ninjas, Movie Freaks, Story-Tellers und Psychedelic Physicists rekrutiert wurde, hat sich schon mal das Trademark Sensorywear gesichert.
Ein Device – nennen wir es: Google Sensory (wear) – könnte am Brillenteil deutlich kleiner aussehen als bei Google Glass – mobile Geräte oder am Gürtel befestigte Hardware an dessen Stelle treten. Unabhängig von der Designfrage des eigentlichen Gadgets soll die Logik unter anderem Symbole großer Werbungtreibender erkennen können. Man könnte also als Nutzer beim Anblick des Nike Swooshes oder des Icons von Shell in einer interaktiven virtuellen Realität mit verlockenden Angeboten für Turnschuhe oder Kraftstoff der besten Sorte rechnen. Das Ganze dürfte mit jeder Menge Infrarot- und sonstigem Zauber wie Projektionstechnik und Prismen bewerkstelligt werden – die Rede ist von Inhalten mit 60fps.
Und einen passenden Claim hat Magic Leap aktuell auch schon parat – eine Kampfansage an die Displayhersteller dieser Welt: „The human brain is still the best display ever made.“
Seemannsgarn oder Killerwal – wir bleiben dran.