Digital Signage & Ausstellungen

Caddys und Kuhtapeten – ein Car Showroom Pop up von Cadillac

Mit einer geschickten Markeninszenierung startet die Automarke Cadillac in Europa in ihren zweiten Frühling. In München nutzt man dazu einen Showroom im Deutschen Museum – Warhol-Ausstellung inklusive.
Andy Warhol Superstar an der Isar – die berühmteste Weißhaar-Perücke der Welt und die weißen Caddies ergänzen einander perfekt (Foto: Cadillac)
Andy Warhol Superstar an der Isar – die berühmteste Weißhaar-Perücke der Welt und die weißen Caddies ergänzen einander perfekt (Foto: Cadillac)

Es gibt verpasste Gelegenheiten, an die möchte man im Nachhinein nicht erinnert werden – das weiß auch die Automobilindustrie nur zu gut. Etwa wenn man den Einstieg bei Elektromobilität, Brennstoffzellen-Technologie oder Hybridantriebe verschnarcht. Auch im Kunstbetrieb hat sich schon mancher Galerist im Nachhinein selbst verflucht, aus nämlichen Gründen.

Manchmal liegen Karosse und Kunst, PS und Pop Art oder Speed und Siebdruck eben doch sehr nah beieinander. Das zeigt gerade Cadillac in München.

Vorbild für den Pop up ist Cadillacs Showroom in SoHo (Foto: invidis)
Vorbild für den Pop up ist Cadillacs Showroom in SoHo – LED Wall  (Foto: invidis)

Die GM-Tochter hat in München einen temporären Showroom eröffnet, bei dem sich die Marke mit neuem Geschäftsmodell und moderner Kommunikation präsentiert. Und nebenbei mit einer interessanten kleinen Andy Warhol-Ausstellung auch einen gekonnten Brückenschlag zur Kunst vollbringt.

Die Verbindung Cadillac – Warhol ist keine weit hergeholte: Immer wieder hat der Künstler, zu dessen Ehren auch ein Asteroid und ein Einschlag-Krater auf dem Planeten Merkur benannt wurden, den Caddy als Motiv für Zeichnungen oder Siebdrucke genutzt. Schließlich galten ihm die chromblitzenden Fahrzeuge als eine der Ikonen des American Way of Life und des Konsums, den beiden Haupttopoi seines Werks.

Die Sharingbox aus Belgien im Einsatz für die selbstproduzierte Kunst (Foto: invidis)
Die Sharingbox aus Belgien im Einsatz für die selbstproduzierte Kunst (Foto: invidis)

Im Isarforum auf der Münchner Museumsinsel, nahe dem Deutschen Museum, hat Cadillac seinen Pop up-Showroom „Cadillac House“ eröffnet – erstmals geht die Marke mit diesem aus New York bekannten Format auch in Europa an die Öffentlichkeit. Und da der Autobauer aus Detroit, der seit kurzem den Sitz seiner Marke nach New York verlegt hat, seit 2016 in New Yorks Künstler- und Szeneviertel SoHo sein erstes Cadillac House betreibt, gibt es noch einige weitere Verbindungen zu Warhol. Deshalb wird in dem Showroom nun die Ausstellung Letters to Andy Warhol gezeigt.

Neben Werken von Andy himself – etwa: Four Male Costumed Full Figures und Cars (1950), Cadillac (1962), Seven Cadillacs (1962) und Sign (Keep Out, 1976 – 1986) – sind zudem Kunstwerke mit Warhol-Bezug von zeitgenössischen Künstlern oder Filmemacherinnen zu sehen.

Ebenfalls ausgestellt werden zahlreiche Briefe an und von Andy Warhol. Darunter eine Ablehnung des MoMa, dass eine Zeichnung aus dem Frühwerk („Shoe“) nicht als angebotene Schenkung akzeptieren wollte: „Sehr geehrter Herr Warhol, … nach eingehender Beratung müssen wir Ihnen leider mitteilen, dass wir es nicht in unsere Kollektion aufnehmen werden.“ Ein paar Jahre später sah die Chose schon ganz anders aus. Derzeit führt das MoMa online 238 Werke des 1987 verstorbenen Künstlers auf – neben Brillo-Boxes, Campbell-Suppendosen und Siebdrucken der knallgelb-dunkelpinken Kuhtapete (Cow) auch, man ahnt es: zahlreiche Zeichnungen von Schuhen.

Auch Cadillac will den Status Quo herausfordern (Foto: invidis)
Auch Cadillac will den Status Quo herausfordern (Foto: invidis)

In München kommen bei der Aktion Kunst und Kommerz in bester Warhol-Manier zusammen. Denn Cadillac zeigt zum einen im Showroom aktuelle Caddys, inszeniert die Marke mit interessanten Digital Signage- und AV-Installationen (Acht 2×2 Videowalls mit Spiegeln , nutzt Virtual Reality für ein 3D-Erlebnis der Fahrzeuge und gibt Besuchern die Möglichkeit, Selfies zu machen (teilbar via Social Media), das wie ein digitales Abbild eines der berühmten Siebdrucke daherkommt. Die Technologie für das letztgenannte Ausstellungs-Gimmick, bei dem man sich auch in der Kuhtapeten-Farbvariante ablichten lassen kann, stammt übrigens aus Belgien, von Anbieter Sharingbox.

Außerdem, und da wären wir wieder bei verpassten oder eben nicht verpassten Chancen, stellt GMs prominentes Zugpferd zugleich sein zunächst in den USA gestartetes „BOOK by Cadillac“ vor. Gegen eine monatliche Fee – in den USA 1.500 US-Dollar, etwa 1.285 Euro – können Kunden jedes Cadillac-Modell fahren und wechseln und sich bringen und abholen lassen. Nur noch das Tanken müssen sie selbst übernehmen. Damit probiert der Autobauer, dessen europäisches Händlernetz mit 39 Händlern – in Deutschland sind es ganze elf Freunde – nicht eben dicht gewebt ist, auch ein komplett neues Vertriebsmodell aus. Ob es so disruptiv ist, wie es klingt, wird die Zeit zeigen. Man kann die Flotten-Flatrate aber als mindestens so einfallsreich wie ein eigenes Car Sharing-Unternehmen (hierzulande etwa: BMW, Daimler) ansehen. Fehlen eigentlich nur noch energieeffiziente Voll-Elektro-Caddys.

An Screens hat man bei der Ausstellung keineswegs gespart (Foto: Cadillac)
An Screens hat man bei der Ausstellung keineswegs gespart (Foto: Cadillac)

Während die Warhol-Ausstellung noch bis zum 6. August 2017 läuft, ist das Cadillac House bis 27. August 2017 zu sehen. Nach der Schau des Mannes mit der weißen Perücke werden im „Talenthouse“ (bis 10. August) und der Kunstmesse „Stroke“ (10. bis 27. August 2017) auch die nachfolgenden Künstler-Generationen das Sagen haben. Denn in der Kunst will man ebenso nicht bei den Alten Meistern stehenbleiben, wie in Automotive.

Für die Kreation der Kombination aus Pop up und Pop Art zeichnet die Agentur Avantgarde verantwortlich. Showroom und Ausstellungen gehören zu Cadillacs Kommunkationskampagne „Dare Greatly“.

Ein Besuch der kostenlosen Ausstellung und des Showrooms ist wirklich empfehlenswert – sowohl für Kunst, Automobil als auch für Digital Signage Liebhaber.

Classic Car meets Digital Signage (Foto: invidis)
Classic Cadillac meets Digital Signage (Foto: invidis)