Wer die Wahl hat, den zieht es als Deutsch-Banker nicht unbedingt nach Frankfurt am Main – zumindest dann, wenn man sehr nah an der Digitalisierung dran bleiben möchte, und nicht in der hauseigenen Digitalfabrik am Band steht (mehr dazu im morgigen zweiten Teil). Grund: Schon seit über einem Jahrzehnt nutzt das Geldinstitut mit Berlin einen Standort in Deutschland, der für die Digitalisierung, Industrie 4.0 und IoT fast schon sprichwörtlich ist. Lediglich München bietet unter den hiesigen Großstädten vergleichbare Voraussetzungen. Hinzu kommen regionale Schwerpunkte in anderen Bundesländern, denen es aber an zugkräftigen Metropolen mangelt.
Von 2005 bis 2016 nutzte die Deutsche Bank in Berlin ihren Pilot-Flagship Q110. Dessen Besonderheit: Banking war fast schon die Zusatz-Dienstleistung. Stattdessen konnten sich Endkunden und Interessenten man von Ausstellungen über andere Aktivitäten von einem Gedanken profitieren, das auch im angelsächsischen Raum seit mehreren Jahren en vogue ist. Die Bank als Mitglied der örtlichen Community.
Das Q110 ist älter als das erste iPhone und inzwischen Geschichte. Innerhalb von zehn Jahren wurde das Q110 von rund 3 Millionen Kundinnen und Kunden besucht. An seine Stelle ist im Herbst 2016 das Quartier Zukunft getreten, sowohl physisch wie im Web. Die Namensähnlichkeit und die Lage zeigen, dass das Q110 zwar nicht der direkte Vorgänger, wohl aber der genetisch sehr verwandte Typus Bank ist. Eine Art Testlabor mitten in Berlin – auch wenn man andernorts die eigentlichen Testlabore betreibt (vgl. den morgen erscheinenden Teil 2).
Während das Q110 mit 1.200 m² Fläche schon großzügig bemessen war und auch in den jungen Jahren stark auf visuelle Bewegtbildkommunikation und Interaktion setzte – bereits 2010 wurden beispielsweise große interaktive Screens im Schaufenster genutzt – hat man nach einer längeren Umbauzeit am gleichen Standort das 1.700 m² Quartier Zukunft eröffnet. Dieses ist nicht nur deutlich größer, sondern nutzt ein neues Konzept. Wie bei Q110 war die Schwitzke GmbH aus Düsseldorf als Planer beteiligt.
Das Quartier Zukunft ist nicht nur eine der schicksten, sondern auch die modernste Filiale, die die international tätige Bank in Europa betreibt. Dafür investierte das Geldinstitut 5 Millionen Euro. Standort der im November 2016 eröffneten Filiale ist Berlin-Mitte. In der Friedrichstraße 181 lässt sich erleben, was Kunden in einer Multi- oder Omnichannel-Bankfiliale erwartet – so etwa die vollständige Vernetzung aller analogen und digitalen Zugangswege zur Bank. Kunden können erstmals auf dem iPad ihren Wunsch-Berater auf der Website von Quartier Zukunft auswählen, ihre Fragen im Online-Dialog vorbesprechen und einen Beratungstermin vor Ort vereinbaren.
Im Quartier Zukunft spielen Kunden und Besucher die entscheidende Rolle. Natürlich setzt man auch auf die etwa 1.000 Berliner Startup-Unternehmen, die neben anderen Privat- und Geschäftskunden von hier aus mit Bankdienstleistungen betreut werden. Für die Firmengründer muss es also nicht immer der nächste Starbucks sein: Denn den jungen Unternehmen steht beispielsweise das „Gewächshaus“ offen – offene Arbeitsplätze, an denen Gründer neue Ideen und Geschäftsmodelle entwickeln können. Im benachbarten „Customer Lab“ können Kunden ausprobieren, ob ihnen eine neue Bank-App gefällt und was sie daran verbessern würden. Durchaus ein Versprechen mit Mehrwert, wenn man bedenkt, was die App manches deutschen Filial-Instituts leistet (oder eben gerade nicht leistet).
Wie bei modernen Bankfilialen üblich, lassen sich via Video Spezialisten ins Gespräch vor Ort dazu schalten. Berater besprechen die Finanzen des Kunden auf ihrem iPad und Robo Advisor analysieren die Kapitalmärkte. Neben dem „Gewächshaus“ gibt es einen „Urban Garden“, der inmitten der Stadt eine Verbindung von Bankgeschäft und Freiluft-Erlebnis schafft. Neu ist auch der „Q Club“, ein exklusiver Treffpunkt für Veranstaltungen. Darüber hinaus gibt es eine Lounge mit Gastronomie und das Kinderbetreuungsangebot „Q Kids“, das es auch schon im Q110 gab.
Das Quartier Zukunft basiert nach Angaben der Bank auf den Ergebnissen gezielter Trendforschung in 17 globalen Metropolen. Weil tausende Besucher den neuen Anziehungspunkt in der Friedrichstraße besuchen werden, ist er als Test-Ort für weitere digitale Angebote besonders geeignet.