Inzwischen ist der neue Look von Deutschlands ältester noch bestehender TV-Nachrichtensendung, die vom NDR in bis zu 23 täglichen Ausgaben produziert wird, erlernt. Dass ein solches Projekt durchaus auch mal haken kann, weiß auch Kai Gniffke, Erster Chefredakteur von ARD-aktuell. „Ich dachte fast, das war’s, wir sind gescheitert. Ich hatte schlaflose Nächte“, erinnerte er sich als das Projekt im Frühjahr 2014 doch erfolgreich beendet werden konnte. Denn Testsendungen in den Tagen zwischen Weihnachten 2012 und Neujahr 2013 verliefen nicht wie geplant: Grund war die Grafik-Software, die damals noch nicht optimal dafür sorgte, dass die von sieben Beamern ausgespielten Inhalte so auf der Rückpro-Wand ankamen, wie geplant.
Das ist nun längst Geschichte – und die 18 m lange, halbrunde Medienwand im Hintergrund kann so genutzt werden, wie geplant. Diese lässt sich per Rückprojektion auf der gesamten Breite mit hochauflösenden Bildinhalten bespielen, die das Tagesgeschehen illustrieren. Neben diesem zentralen Element bietet das 320 m² große Studio aktuelle Kamera- und Lichttechnik. Die Moderatoren führen jetzt vor einem real bespielten Hintergrund durch die Sendung.
Neues Studio: Erste Überlegungen seit 2009
Konzipierung und Bauphase dauerten mehrere Jahre: Die Idee zum modernisierten Studio gab es bereits 2009. Im Zuge der Planung entwickelte sich auch die Vision der Medienwand. Die Verantwortlichen in der ARD-aktuell Redaktion hatten genaue Vorstellungen dazu: Sie sollte eine Anzeigefläche von 40 m² besitzen, halbrund sein und in Teilbereichen interaktive bedienbar sein – das alles tauglich für den 24/7-Dauerbetrieb.
Die Ambion GmbH und die Lang AG testeten gemeinsam mit den Projektbeteiligten bei ARD-aktuell und NDR unterschiedliche Ansätze zur Realisierung der Medienwand. „Uns hat die Aufgabe gereizt. Mit unseren Schwerpunkten sind wir eher als Event-Ausstatter, denn als klassischer Systemintegrator am Markt tätig. Die einmalige Formatgröße war die Herausforderung in diesem Projekt. Das Kommerzielle war für uns dabei eher zweitrangig“, sagt Christian Sommer von Ambion.
Lösung: Konzept mit Rückprojektion
Bezüglich der Realisation kristallisierte sich schnell heraus, „dass nur eine Rückprojektion in der Lage ist, einen Großteil der Punkte zu erfüllen“, so Stefan Rickmann, Projektleiter beim NDR. Zunächst musste eine Firma gefunden werden, die die überdimensionale Polycarbonatscheibe für die Rückwand herstellen konnte. Die Lang AG, als technischer Berater im Projekt, fand einen Hersteller in China. „Wir haben die Medienwand in Kooperation mit der Ambion GmbH realisiert. Neben der Beschaffung der Rückprojektionsscheibe kam uns in diesem Zeitpunkt zu Gute, dass wir schon seit Jahren autorisierter Servicepartner für die wertigen Projektoren aus dem Hause Panasonic sind“, so Tobias Lang, Vorstand der Lang AG.
Eine besondere Anforderung gab es an die Konzeption: Die Wand inklusive Projektoren durfte nicht allzu viel Platz in Anspruch nehmen, musste aber zugleich für Wartungen und Reparaturen zugänglich sein. Die Lösung war ein abgeschlossener Raum hinter der Scheibe, durch die Techniker an jeden Punkt der Wand gelangen. Zur Reduzierung der Betriebsgeräusche und um Überhitzungen zu vermeiden, wurden die Projektoren in speziell angefertigten Klimagehäusen untergebracht.
Premiere bei interaktiver Technologie
Die gewünschten definierten, interaktiven Bereiche auf der Wand wurden durch die primeTOUCH Technologie aus dem Hause Lang, die für das Projekt erstmals gebogen zum Einsatz kam, ermöglicht. Ein Verantwortlicher der Herstellerfirma für die Projektionsscheibe reiste mit nach Hamburg, um die Installation zu beaufsichtigen. Die dauerte einen Tag, sechs Personen waren daran beteiligt. Die bespielte Scheibe hat eine Auflösung von 8.260 x 1.050 p.
Durch den Dauerbetrieb müssen die Projektoren stetig gewartet werden. Circa alle sechs Wochen müssen zwei der Projektoren ausgetauscht werden, die in der durch Panasonic autorisierten Werkstatt der Lang AG in Lindlar überarbeitet und gegebenenfalls repariert werden. Durch dieses Wartungssystem bleiben alle Geräte auf dem neusten Stand.
Lockerer Umgang durch Zweckentfremdung
Die erste Tagesschau im neuen Studio wurde von Jan Hofer moderiert. Inzwischen hat sich das Studio mit der neuen Einrichtung bewährt. Und zu manchem Anlass werden die installierten Geräte auch bewusst zweckentfremdet – jüngst etwa, als Tagesschau-Frontfrau Caren Miosga auf die Nachrichtentheke stieg, um anlässlich des Todes von Schauspieler Robin Williams an eine berühmte Filmszene aus „Club der toten Dichter“ zu erinnern. Das neue Studio führt ganz offensichtlich auch zu einer kreativeren Nutzung durch die beteiligten Nutzer aus der Nachrichtenredaktion selbst.