Die Einkaufszentren sind für Ströer ein wichtiges neues Geschäftsfeld, um Reichweite aufzubauen. Darauf wird sich das Unternehmen nun zunächst konzentrieren. Aber in Zukunft schließt Dirk Wiedenmann, im Vorstand der Ströer AG für das Deutschland Geschäft verantwortlich, weitere Märkte nicht aus. Auch Flughäfen seien interessant, verrät er im Interview mit invidis.
Herr Wiedenmann, was bedeutet die Übernahme der ECE flatmedia für Ihr Unternehmen und den digitalen Außenwerbemarkt?
Dirk Wiedenmann: Für den digitalen Außenwerbemarkt ist es eine gute Nachricht, denn es ist ein reichweitenstarker Kanal entstanden, durch den die Akzeptanz und Relevanz bei den Kunden zunehmen wird. Ich denke, dass sich digitale Außenwerbung ausschließlich in geschlossenen Räumen abspielen wird, weil dort die LCD-Technik deutlich besser funktioniert als im Außenbereich und Bewegtbild rechtlich möglich ist. Relevante Touchpoints, an denen man unseren Kanal ausrollen könnte, sind Bahnhöfe, Einkaufszentren und Flughäfen.
Flughäfen – ist das der nächste Markt, den Sie erschließen werden?
Dirk Wiedenmann: Mit der ECE flatmedia haben wir eine große Aufgabe übernommen und möchten nun erst einmal ein Produkt schaffen, mit dem wir uns vernünftig am Markt positionieren können. Aber wir schließen langfristig andere Möglichkeiten nicht aus. Ströer steht interessanten Angeboten immer offen gegenüber.
Wie wird es mit der ECE flatmedia und den bestehenden Zentren weitergehen?
Dirk Wiedenmann: Wir werden die Einkaufscenter ähnlich ausbauen wie die Bahnhöfe, also den Out of Home Channel dort installieren. Wir werden damit 2012 beginnen, aber es wird sicher ein bis zwei Jahre dauern, bis die wesentlichen Center bestückt sind.
Was passiert mit den bestehenden Installationen?
Dirk Wiedenmann: Es wird sicher einen Mix aus Alt und Neu geben. Aber wir werden uns jeden einzelnen Standort genau anschauen und individuell entscheiden, wie die Bildschirme platziert werden müssen, um einen relevanten und dominanten Markenauftritt zu schaffen. Unsere Hauptaufgabe ist es jetzt, die Angebote von Ströer und der ECE flatmedia zusammenzubringen und in unser Portfolio zu integrieren.
Wie sieht es mit personellen Veränderungen aus?
Dirk Wiedenmann: Wir werden die ECE flatmedia und das bestehende Personal in die Ströer Digital aufnehmen, denn wir sind froh über jeden mit Know-how auf diesem Gebiet. Wir suchen weitere Mitarbeiter und werden personell aufstocken.
Sie sprechen von der Ströer Digital – das ist noch ungewohnt. Weshalb ist die Umbenennung von Ströer Infoscreen erfolgt?
Dirk Wiedenmann: Infoscreen war und ist eine Produktmarke. Ströer investiert sehr stark in den digitalen Bereich und möchte das Thema weiterfassen: Digital ist ein wichtiger Bereich unseres Unternehmensportfolios. Dazu gehört eben nicht nur Infoscreen, sondern auch der Out of Home Channel, Fahrgast-TV und nun auch die ECE flatmedia. Die Umbenennung macht das Portfolio auch für Werbekunden klarer.
Welche Rolle spielt digitale gegenüber analoger Außenwerbung?
Dirk Wiedenmann: Analog ist und bleibt unser Kerngeschäft. Digital macht zurzeit sieben bis acht Prozent am Umsatz aus, wir erwarten aber ein relativ zügiges Wachstum in den zweistelligen Bereich. Trotzdem wird analog weiterhin dominieren. Digital bietet sehr viele neue Möglichkeiten für den Außenwerbemarkt, mit denen man Kunden gewinnen kann. Es kommt darauf an, eine Mischung und verschiedene Lösungen anzubieten, die zur jeweiligen Zielgruppe und Strategie passen.
Es ist noch nicht lange her, da standen Kunden und Agenturen der digitalen Außenwerbung skeptisch gegenüber. Wie haben Sie das bei der Einführung des Out of Home Channels erlebt?
Dirk Wiedenmann: Wir haben sehr viele offene Türen gefunden, denn das Medium ist neu, kreativ, überraschend, und Agenturen und Werbetreibende denken immer mehr in Bewegtbildkampagnen. Bildschirme in Schaufenstern, Supermärkten oder an Tankstellen sind in ihrer Größe und Massivität nicht vergleichbar mit unserer. Wir haben mehr als zehn Jahre Erfahrung, wir haben digitale Außenwerbung gelernt und wissen, dass es mehr ist, als einen Bildschirm aufzuhängen. Es ist ein Prozess, man muss den richtigen Zeitpunkt abpassen und auch Forschung betreiben.
Die ECE flatmedia hat auch Studien erstellt. Werden Sie auf diese zurückgreifen?
Dirk Wiedenmann: Die ECE hat eine GfK-Reichweitenmessung durchgeführt und verfügt über detaillierte Kundendaten, das ist natürlich sehr gut und wichtig. Wir führen aber auch eigene quantitative und qualitative Forschungen durch, um die Produkte spezifischer gestalten zu können. Beispielsweise die Längen der Spots oder regionale Inhalte.
Nun haben Sie innerdeutsch einen neuen Markt erschlossen. Werden Sie das auch im Ausland umsetzen?
Dirk Wiedenmann: In der Türkei und Polen haben wir bereits die Infoscreens etabliert. Dazu ist in der Türkei eine Bewegung hin zu den Einkaufszentren zu beobachten, was natürlich neue Möglichkeiten eröffnet. Aber was den Out of Home Channel betrifft, ist es in diesen Märkten noch ein bisschen schwierig. Denn anders als in Deutschland ist es beispielsweise kaum möglich, das Recht über alle Bahnhöfe zu erwerben, um so die nötigen Reichweiten zu erreichen.
Wie ist das erste Jahr mit dem Out of Home Channel bisher gelaufen?
Dirk Wiedenmann: Hier hat alles gepasst: Die Rechtelage, der Vertrieb und der Markt. Das Produkt wurde sehr gut angenommen, das macht uns Mut und wir sind zuversichtlich für das kommende Jahr. Es macht wirklich Spaß, etwas Neues zu entwickeln und wir sind sehr zufrieden mit dem Verlauf.
Irgendwann haben Sie alle relevanten Bahnhöfe und Einkaufszentren ausgestattet, vielleicht auch Flughäfen. Ist der Markt dann erschöpft?
Dirk Wiedenmann: Nein, solange nicht, wie wir neue Möglichkeiten und Produkte schaffen und neue Kunden gewinnen. Wir verkaufen Reichweite und nicht Screens und solange unsere Produkte einen zusätzlichen Nutzen bieten, werden die Kunden sie wertschätzen und damit ist noch ein erhebliches Wachstum möglich.
Vielen Dank für das Gespräch!