Gemeinsam mit sechs ziemlich freakigen Teilchenphysikern, einem Medium namens „Steak“, einer vierdimensionalen Entität ohne Namen sowie vier russischen Spiritisten und einem Bäckermeister aus der Eifel ist es dem invidis Casual Friday-Team – unter Zuhilfenahme eines Blaupunkt-Radios Baujahr 1958, der Gesamtausgabe des Quelle-Versandhaus-Printkataloges, 13 Kilometer Glasfaserkabel, dreier Rolly Royce Trent 500-Triebwerke und eines 48-Monatsvorrats an Dallmeyer-Prodomo-Kaffesatz – auf dem Gelände eines verlassenen Bienenstich-Teilchenbeschleunigers auf Kamtschatka gelungen, eine kurze Zeitreise ins 23. Jahrhundert zu starten.
Wir möchten nun nicht mit dem Versuchsaufbau langweilen. Der dauerte jedenfalls 17 Stunden länger als vorgesehen, weil sich einer der russischen Spiritisten und ein ungenannt bleiben wollender Teilchenphysiker um jede (!) einzelne Seite mit Fotos von Hausfrauen-Models in Küchen- respektive Kittelschürzen aus jedem (!) Quelle-Katalog der letzten 47 Jahre stritten. Allerdings verrichtete der Rest der Forschungs-Unit ihren Job hervorragend. Inmitten des Vulkans Awatschinskaja Sopka bauten sie unsere kleine Zeitmaschine auf.
– Aufgabe eins: Finden wirklich immer mehr Menschen Plakate toll?
– Aufgabe zwo: Wo endet das alles?
– Aufgabe drei: Gibt es kein Entrinnen?
Aufgabe eins hatte(n) schon die Schweizer APG|SGA beziehungsweise deren MaFo-Kollegen von Innofact für uns abgehakt. Immer mehr Menschen zwischen 15 und 59 finden Plakate knorke oder sogar super-knorke. Denn der PPI von APG|SGA beweist: Total bejahten 2012 immerhin schon 81% der Befragten die Aussage „Plakatwerbung finde ich sympathisch oder sehr sympathisch“. Auch zwischen den Geschlechtern und Altersgruppen: wahnsinnige Zustimmung. Und: In den Jahren 2005 und 1997 gab es auch schon hohe Zustimmungsraten, die sich aber jeweils steigerten. Also immer mehr Leute mögen Out of Home-Sujets, beziehungsweise Plakate.
Hier setzte das Team Casual Friday an, mit Aufgabe zwo: Wo endet das alles? Wenn jedes Jahr immer mehr Leute Out of Home-Werbung super oder ultra-super finden? – Executive Summary für die Hektiker unter den Rezipienten: 100 per cent plus N (mit N aus N >= 0). Und zwar in spätestens 17 Jahren und zwei Halbmonden, wie unsere Zeit-Reise und das kurze Durchblättern der Hauskittelseiten des Quelle-Katalogs bestätigten. Für Fans qualitativer Sozialforschung sei hier auch die Einschätzung des Bäckermeisters, der ein veritabler Nebenfach-Soziologe ist, abgedruckt:
„Dem Out of Home-Verächter ist wohl das Schicksal von Ötzi vorherbestimmt: Einsam und ziemlich tot in der Gletscherspalte wartet er darauf, dass erst in Jahr-Zehntausenden irgendwelche Forscher mit Schwerpunkt ‚Mis-Anthropolgie im ausgehenden 20. Jahrhundert‘ froh sein werden, ihn dereinst auszugraben und scheibchenweise in der Instituts-Mikrowelle wieder zum Leben zu erwecken.“
Mit Ballack leiden heißt siegen lernen
Da unser Hauptfach-Konditor auch noch künftig seine großenTörtchen und kleinen Brötchen backen will, verzichtet er hier auf seinen guten Namen, schwört aber: „Dabei standen die Chancen nicht schlecht für die Minderheit der Plakathasser: Auf Plakatwänden anno 2012 lächelte sogar noch ‚Der Ballack‘, eine Prä-Schweinsteiger’sche Gottheit, die aus dem Olymp der Fußballgötter in den Orkus der Ab-in-den-Urlaub-Vorhölle hinabgestiegen war. Und trotz seines geknöpften (!) Feinripp-Shirts, des auf den Betrachter weisenden rechten Zeigefingers und des in allen verfügbaren Farben gedruckten sowie in schauerlichen Schrifttypen gesetzten Mantras „Mallorca ab 99 €“ gab es einfach immer weniger Menschen, die Plakate und Out of Home-Medien ablehnend gegenüber standen.“ Komisch. Eigentlich.
Und: Da, so unser Bäcker weiter, „Sympathie“ eben auch Mitleid, ja: Mit-Leiden bedeute, gehe obige Zwischenüberschrift vollkommen in Ordnung. Mit Ballack leiden, das sei, Sympathie für eben jenen Fußballer zu empfinden. Und da ja alle Menschen im 23. Jahrhundert auf Plakate mit Zuspruch und Sympathie reagieren, sei Ballack auch ihres Mitleids gewiss. Irgendwie. Also: erst in 200 Jahrhundert Jahren. Dann aber ganz gewiss. Leider wird unser Bäcker-Sozialwissenschaftler bis dahin schon über alle Berge sein – lange vor Überprüfbarkeit seiner These. Der Schlawiner.
Zur Beantwortung von Aufgabe drei mussten drei russische Spiritisten viel Kaffeesatz begutachten. Der vierte Spiritist reiste vorzeitig ab, um gemeinsam mit seinem neuen Teilchenphysiker-Freund die Edition der Monumenta Quellae Cittelschuerciensis (MQC) vorzubereiten, deren erster Halbband vielleicht schon bald, ganz sicher aber nach dem Aussterben des letzten Plakathassers erscheinen wird. Die verbliebenen Spiritisten begutachteten den Kaffeesatz, filterten ihn nochmals durch eine Melitta-Tüte, tranken einen Ristretto-Nespresso, lehnten sich zurück. Und dann trat einer von ihnen hervor. Und sprach: „Nein. Es gibt kein Entrinnen. Niemals. – Wozu auch?“
Wir halten fest: Immer mehr, also bald wirklich alle – auch der grantige Herr Katschewski aus dem Hinterhaus, oder zumindest seine Nachfahren – werden Out of Home liiiiiiiiiiiiiiieben. Ausser, sie sind unter 15 oder 60 plus Lenze alt. Letztere sollen ja auch immer mehr werden. Aber die tragen ja auch noch Kittelschürzen nach Kamtschatka. Oder so.