Serie Banking 2.0

ATM Network - Banken und Werbungtreibende kooperieren

In Großbritannien werden Geldautomaten für Bewegtbild-Werbung genutzt. Anbieter atmAd hat das Monopol auf 9.000 Screens. Ein DAX-Konzern wirbt dort ebenso wie die Steuerfahnder im Dienste Ihrer Majestät.

Vielleicht ist es nicht gerade die Herangehensweise einer typischen deutschen Sparkasse, einer Raiffeisenbank in Österreich oder einer Schweizer Kantonalbank – aber aus Sicht großer Werbungtreibender und Vermarkter ist die Idee allein schon sexy. Und: In Zeiten von Negativzinsen für Einlagen bei der EZB und Mini-Margen im Retail Banking darf selbst das konservativste Geldhaus über neue Erlösmodelle nachdenken.

Auf den Screens ihrer Automated Teller Machines (ATMs) räumen britische Banken anderen Werbungtreibenden Werbeplätze für Bewegtbild-Content ein. An den Automaten erreichen die Marken Menschen, die gerade Geld abheben wollen.

In UK gibt es aktuell nur ein nennenswertes Netzwerk dieser Art, dieses aber ist sehr groß. Betreiber atmAd vermarktet in Großbritannien inzwischen über 9.000 Screens. Diese sind in drei Sub-Netzen zusammengefasst. Insgesamt hat man nach Unternehmensangaben das größte britische Display-Netzwerk im Portfolio.

Wer ist atmAd? Hinter atmAd steht die an der Nasdaq notierte Cardtronics Inc., nach eigenen Angaben weltgrößter bankenunabhängiger ATM-Betreiber. Das 1989 als Cardpro gegründete Unternehmen hat in den vergangenen Jahren durch organisches Wachstum sowie durch Übernahmen ein weltweites Netzwerk von 80.600 ATMs (Stand: Ende Dezember 2013) aufgebaut. Aktiv ist man in 50 Bundesstaaten der USA, Kanada, Mexiko, Großbritannien und Deutschland.

Eiskalter Blick: Die Steuerfahnder schlafen nicht (Screenshot: invidis)
Eiskalter Blick: Die Steuerfahnder schlafen nicht (Screenshot: invidis)

Dabei ist man nicht allein auf den vertikalen Markt Banking fokussiert. Neben Betrieb und Service eigener und fremder ATMs haben Unternehmen der Gruppe auch den Handel als Kunden. Und Werbungtreibende werben in UK über die drei atmAd-Teilnetze Highstreet, bei Tesco und bei ASDA. Während die letztgenannten Netze bei zwei einzelnen Handelsketten sind, werden im größten Sub-Netz Highstreet übrige Standorte in Großbritannien zusammengefasst.

Mehr als 5.000 Geldautomaten sind im Highstreet-Netz zusammengefasst. Nach Unternehmensangaben werden dort monatlich 16 Millionen Ad Impressions generiert. In den mehr als 450 ASDA Stores sind aktuell mehr als 905 Screens verbaut. Bei der Supermarkette erreichen Werbungtreibende die Verbraucher über 12 Millionen Ad Impressions. In über 2.600 Tesco-Supermärkten werden mehr als 3.600 ATM-Screens bespielt – monatlich kommen dort 40 Millionen Ad Impressions zusammen.

Als Kunden führt atmAd neben internationalen Marken und britischen sowie US Companies wie Coca Cola, British Airways, EE, Kellogg’s und Vodafone auch die Beiersdorf-Marke Nivea als Kunden auf. Sie vertrauen auf die laut Anbieter 43 Sekunden Aufmerksamkeit, die die Kunden den Inhalten eines ATM-Screens schenken. Im Tesco-Netz kommt hinzu, dass 86% der Menschen die Geld an einem dotigen ATM abheben, auch gleich dort einkaufen werden.

Übrigens muss es nicht immer bloße Abverkaufswerbung oder ein Imagefilm sein. Auch das mutmaßlich schlechte Gewissen der sündigen Kunden aus allen Schichten lässt sich treffen: So wirbt auch das HM Revenue & Customs (HRMC), die britische Steuer- und Zollbehörde, auf den Screens. Mit drohendem Unterton („Wir ziehen das Netz um Steuerhinterzieher enger“) und eiskaltem Blick wirbt die Autorität im Namen Ihrer Majestät um mehr Steuerehrlichkeit.

Möglicherweise würde das HMRC in einem ATM-Netz auf Guernsey, Jersey oder dem Felsen von Gibraltar noch zielgruppenaffiner werben können. Aber diese ATM-DooH-Netze existieren aktuell (noch) nicht.

Ende der Woche lesen Sie auf invidis.de, wie die britische Bank Barclays und die Einzelhandelskette ASDA kooperieren.