Die Werbe-Screens im Schaufenster sind installiert, die Kunden buchen. Alles gut. – Bis die Bauaufsicht der Stadt es sich anders überlegt.
Was sich in den vergangenen Monaten in der Hansestadt Herford zugetragen hat, kann so jederzeit auch andernorts in Deutschland passieren. Und nicht immer kommen Unternehmen dabei mit einem blauen Auge davon.
Digitale Außenwerbung ist ein immer noch junges Medium. Und die Begeisterung dafür ist nicht überall gleich groß. Das mussten auch Patrick Wehmeyer, Jan Rolfsmeyer und Julian Wehmeyer erfahren. Gemeinsam haben sie die Signo Display GmbH gegründet, die im beschaulichen Löhne in Ostwestfalen sitzt.
An bislang vier Orten in der Region ist Signo aktiv. Eines der drei Geschäftsfelder: den Leerstand in vielen Innenstädten nutzen und mit Digital-out-of-Home in den Schaufenstern von nicht vermieteten Objekten Geld verdienen. Eine Variante dessen, was Einzelhändler für eigene Produkte oder fremde Firmen vielerorts betreiben.
In Bielefeld, Löhne, Melle und Herford hat das Unternehmer-Trio Screens in leerstehenden Ladenlokalen installiert und zeigt DooH-Content. Mediadaten mit Kontakten pro Tag, Preise, Taktung der Loops: alles vorhanden.
Auch wenn hier noch kein gigantisches Netzwerk entstanden ist: bei den Standorten handelt es sich um interessante Möglichkeiten, Menschen via DooH anzusprechen. So hat man in Löhne eine Stele im Eingangsbereich eines Einkaufszentrums platzieren können – und auch der Willy-Brandt-Platz in Bielefeld ist alles andere als eine tote Ecke.
In Herford nutzte Signo Display zwei Schaufenster an der Berliner Straße. In jedem der beiden Schaufenster war zuletzt jeweils eine Video Wall in 2×2 Matrix verbaut. Links mit LFDs von LG, rechts mit Modellen von Samsung, jeweils 47″ Modelle mit 700 nit. Insgesamt 6 m² Werbefläche.
Ende 2014 dann der Schock. Nachdem Signos Screens dort seit etwa 1,5 Jahren installiert waren und tagsüber mit werblichem Content bespielt wurden, meldete sich die Bauaufsicht der Stadt. Die fuhr die üblichen mittelschweren Geschütze auf, die einer öffentlichen Verwaltung zur Verfügung stehen.
Fehlender Bauantrag, hieß es. Die Screens könnten Verkehrsteilnehmer ablenken, und damit gefährden. Der Betreiber habe die Anlage stillzulegen und abzubauen. Und zwar innerhalb von drei Tagen. Sonst: Zwangsgeld. Eine Summe von 5.000 Euro ist für ein junges Unternehmen – noch nicht jeder der drei Gründer kann vom gerade erst entstandenen Business leben, daraus macht die Firma kein Geheimnis – eine große Summe. Die Miete für das Objekt, das nun nicht mehr bewirtschaftet wird, läuft natürlich weiter.
Vor Installation und Inbetriebnahme habe man sich bei der Verwaltung erkundigt, ob ein Bauantrag zu stellen sei. Mündlich habe es daraufhin geheißen, dies sei nicht notwendig, heißt es bei Signo.
Laut Verwaltung war jeweils zunächst nur ein Screen je Schaufenster installiert; die Installationen mit den 4er Video Walls hätten so nur etwa drei Monate bestanden. Ein wichtiges Detail.
Die vergangenen Monate liefen so ab: Gespräche, nachgereichter Antrag, Ablehnung des selben, Diskussion in der lokalen Presse, Beschreiten des Rechtswegs, Unterliegen der Firma vor dem Verwaltungsgericht.
Die DooH-Branche macht ja in Kommunikation. Also blieb Signo weiter in Diskussion mit der Verwaltung. Dass die jetzt darauf eingeht, mag ein wenig auch damit zusammenhängen, dass die beiden Zeitungen vor Ort weiterhin zum Thema berichten. Jedenfalls sind öffentliche und veröffentlichte Meinung auf Seiten des Start ups.
In den vergangenen Wochen hat sich offenbar auch die Verwaltung der Stadt Herford offen gezeigt. Es folgt ein Ortstermin. Und die Firma schlägt eine Lösung vor. Nach invidis-Informationen haben die Verantwortlichen im Bauamt signalisiert, dass man sich in den kommenden Tagen darauf wird einigen können.
Demnach wird die Video Wall im Schaufenster rechts einen neuen Ausrichtungswinkel von 6° bekommen (siehe Grafik). Damit würden die Screens so gestellt sein, dass Rechtsabbieger, die an der Ampel stehen, nicht geblendet werden können. Der Abstand der Displays zur Straße – der Bürgersteig samt Fahrradweg liegt ja noch dazwischen – liegt links bei mehr als 7 m, auf der rechten Seite bei mehr als 4 m.
Damit können die Screens bald wieder aufgebaut und in Betrieb genommen werden. „Es ist ein genehmigungsfähiger Lösungsvorschlag eingereicht worden“, bestätigt Herfords Bauamtsleiterin Elke Verfürth auf Nachfrage von invidis. Man wolle keine Werbeanlagen verhindern, so Verfürth weiter.
Hintergrund der ganzen Auseinandersetzung waren ihr zufolge diese Punkte: Zunächst sei jeweils ein Screen im Schaufenster installiert gewesen. Mit einer Werbefläche von etwa 1 m². Das ist eine Größenordnung, die laut nordrhein-westfälischem Baurecht genehmigungsfrei sei. Die späteren Installationen von jeweils 3 m² müssten aber genehmigt werden.
Nun könne man die Screens so positionieren, dass die Verkehrssicherheit (Autofahrer, Schulkinder auf dem Fahrrad) nicht mehr gefährdet sei. Übrigens: Auch eine genehmigungsfreie Installation kann im Nachhinein durch die Bauaufsicht gestoppt werden. Nämlich immer dann, wenn die Verkehrssicherheit gefährdet ist.
Die Verwaltungsfrau empfiehlt, Betreiber sollten im Vorhinein stets den Kontakt zur Bauverwaltung suchen. Auch bei Signo ist man jetzt über den Kompromiss, dessen Genehmigung nur noch eine Formsache ist, glücklich.
So werden die Screens der rechten Video Wall ein wenig quergestellt – was der Frequenz keinen Abbruch tut. Und rechtlich sind alle Seiten damit aus dem Schneider.