Ein Rundgang über die ISE brachte bei einigen CMS-Anbietern überraschend positive Nachrichten. Sowohl Broadsign als auch Navori melden ein Umsatzwachstum im mittleren zweistelligen Bereich. Zu erklären ist das Wachstum weit über dem Marktdurchschnitt mit Nachholeffekten nach der erfolgreichen Umstellung auf Recurring-Lizenzmodelle, zusätzliche jährliche Service-Gebühren und ein robustes Preisniveau. Der Großteil der von invidis befragten Digital Signage-CMS-Anbieter konnten 2018 nur ein leichtes Umsatzwachstum unterhalb der allgemeinen Marktentwicklung verzeichnen.
Von Scala und den Stratacache-Schwestern hört man am Scala-Stand großartige Wachstumszahlen. Doch dort sind aufgrund der vielen Veränderungen, des Konzernaufbaus sowie des Aufbaus eines eigenen Integrationsgeschäfts Vergleiche mit dem Vorjahr nach unserer Einschätzung nur mit Einschränkung möglich. CEO Chris Riegel äußert sich jedenfalls überaus positiv über die Unternehmensentwicklung und ist überzeugt, sein Ziel der Umsatzmilliarde jetzt schon früher zu erreichen. Mit globalen Kunden wie Adidas und dem eigenen chinesischen PoS-Technology-Geschäft sieht man sich in Dayton, Ohio gut gerüstet.
Auch bei den beiden Österreichern Easescreen und Grassfish, Brightsign, Signagelive und Stino zeigt man sich sehr zufrieden. Auch wenn auch dort die Bäume nicht überall in den Himmel wachsen, so sieht man sich doch auf dem richtigen Weg.
Insgesamt findet man auf der ISE und anderen Messe in den letzten Jahren immer weniger Software-Aussteller. Ein Messeauftritt ist für CMS-Anbieter schwierig, da Software allein nicht präsentierbar ist. So schlüpfen die Anbieter zunehmend bei Partnern unter oder sind wie Grassfish ausschließlich mit einer Lounge vertreten. Nachvollziehbar aber nicht förderlich für Branding und Marktwahrnehmung.
Zunehmend gefährlich wird den Software-Anbietern auch die Angebote von Displayherstellern wie Samsung, die im Frühjahr ihre neueste Version von MagicInfo auf den Markt bringen wird. Lange sind die Zeiten vorbei, als die Digital Signage-CMS-Anbieter die Samsung-Lösung belächelten. In vielen Emerging Markets hat MagicInfo bereits eine führende Rolle eingenommen. Auch heißt es sich mit Samsung, LG und Co gutzustellen, denn die SoC Plattformen muss man als Softwareanbieter unterstützen, um am Markt bestehen zu können.
Im oberen Teil des Marktes kommen Digital Experience Plattformen (DXP) die im Gegensatz zu Digital Signage Pure Player Daten und Content plattformübergreifend managen und ausspielen. Nicht nur Adobe Experience Manager kommt in Enterprise-Projekten immer öfter zum Zuge, sondern auch Speziallösungen der globalen Experten wie Accenture Digital oder Mood Media. Digital Signage Software Pure Player versuchen sich den DXP-Lösungen mit eigenen Erweiterungen entgegenzusetzen. So waren auf der ISE überall AI-basierte Retail Analytics Lösungen und Sensoren Integrationen zu sehen, die als Recommendation Engine die eigene CMS-Lösung smarter machen sollen. Brightsign ist besonders weit bei der Integration von dutzenden von unterschiedlichen Sensoren an die eigene Softwareplattform. Eigene Retail Hub Lösungen sind damit aus der Sicht von Brightsign nicht mehr notwendig.
Im Einsteigerbereich kommen neue Anbieter mit disruptiven Geschäftsmodellen auf den Markt. So war bei der Lang AG ein Karlsruher Software-Anbieter zu sehen, der speziell für den Raspberry PI ein eigenes CMS entwickelt hat. Tobias Lang sieht für solche Lösung in Kombination mit NEC-Displays viel Potential im Mietgeschäft. Andere Anbieter wie die Schweizer Imaculix oder die französische Cenareo (ehemals Citymeo) treten mit Simplicity-Lösungen (Linux Appliances) auf den Markt.
Eine andere Ansatz kommt von der französischen Intuiface, die speziell Digital Agenturen die einfache Erstellung von interaktiven Digital Signage-Inhalten ohne Programmierkenntnisse verspricht.
Auch die vielen mit Collaboration-Lösungen gebündelten Softwareangebote von Appspace (Cisco Webex, Crestron), Airtame (Samsung) oder Screencloud (Lifesize) bedrohen das etablierte DS CMS Geschäft. Collaboration Boards werden im großen Stil über IT-Systemhäuser verkauft, ein Absatzkanal mit dem sich DS CMS Anbieter traditionell schwertun. Auch neue Digital Signage Spezialisten wie die französische Telelogos kommen auf den DACH-Markt, neben Content steht insbesondere das plattformübergreifende Asset-Management und die Verwaltung von Schnittstellen im Vordergrund.
invidis Kommentar
Wir teilen in großen Teilen nicht den Optimismus der vielen Digital Signage-Anbieter. Viele leben nur noch von Bestandskunden und können bei Ausschreibung nur über „Dumpingpreise“ noch den Zuschlag gewinnen.
Verkaufsoptionen sind in der Regel für Softwareanbieter sehr limitiert: der Großteil ist mit Umsätzen unter 5 Mio EUR zu klein, um allein zu überleben. Käufer sind oft Integratoren, die bei einer potentiellen Übernahme eines Softwareanbieters fürchten müssen, viele CMS-Kunden aufgrund der Wettbewerbssituation mit dem neuen Eigentümer zu verlieren.
Finanzinvestoren lieben eigentlich recurring-basierte Geschäfte, allerdings sind die potentiellen Kandidaten meistens zu klein und oft nicht (ausreichend) profitabel.
Wir sehen den Softwaremarkt weiterhin stark unter Druck und erwarten weitere Konsolidierung durch Marktaustritt oder M&A.
Invidis consulting analysiert zur Zeit die Entwicklung des europäischen Digital Signage Software Marktes im Rahmen des invidis Jahrbuchs 2019/20 das zur DSS Europe erscheinen wird. Auch auf der Konferenz am 3.-4. Juli im Hilton am Münchner Flughafen werden internationale Experten, Investoren und neue Marktteilnehmer die Zukunft von CMS diskutieren.