Der Rückflug von der Infocomm in Orlando war ein Klassentreffen. Mehrere dutzend bekannte Gesichter, gefühlt die halbe deutsche Digital Signage Industrie, traf sich am Gate von Flug LH 465 nur wenige Stunden nach Ende der Messe.
Besonders wurde der Flug dank einer neuen Boarding-Lösung des amerikanischen Heimatministeriums. Die beiden Flughäfen Orlando und Tampa sind die ersten US-Airports, bei denen in den kommenden Monaten die vollständige Integration von biometrischen Ausreiseterminals an allen internationalen Abfluggates implementiert werden. Unser Abfluggate war bereits umgerüstet.
Die Technologie funktioniert tadellos, einige der Passagiere nahmen die biometrische Erfassung und den Datenabgleich gar nicht wahr. Aber ein unwohles Gefühl blieb bei uns Europäern. Selbst technikaffine, oft über die Fesseln von GDPR lästernde Digital Signage Experten, konnten sich einer gewissen Hilflosigkeit nicht entziehen.
Das von der Schweizer SITA entwickelte System unterscheidet sich optisch kaum von den Boardinggates und Personenvereinzelungsanlagen an europäischen Airports. Doch anstelle des Boardingpasses scannt das System das Gesicht des Passagiers. Nach wenigen Sekunden kann der Fluggast passieren. Technisch ein voller Erfolg.
Und trotzdem fühlt es sich nicht richtig an, man spürt eine gewisse Hilflosigkeit dem System ausgeliefert zu sein. Mit welchen Fotos wird mein Gesicht eigentlich abgeglichen und warum fühlt sich das auf einmal ganz viel nach China an und nur wenig nach westlicher Welt an? Eine Recherche ergab das das System nicht nur auf Bilder von der Einreise zugreift, sondern auch auf viele andere Datenbanken von US-Behörden. Ziel ist es Reisende mit gefälschten Pässen zu identifizieren oder Personen zu erkennen, die sich illegal im Land aufhalten.
Im Kampf um illegale Einwanderer und Touristen, die sich mit abgelaufenem Visum in den USA aufhalten, sollen die Ausfuhrkontrollen Abhilfe schaffen. Und tatsächlich, im Probebetrieb haben die Systeme regelmäßig Verstöße aufgedeckt. Wer negativ auffällt wird für mindestens 75 Jahre in der Datenbank des Heimatschutzministerium gespeichert. In Zukunft soll die biometrische Gesichtserkennung auch außerhalb von amerikanischen Flughäfen eingesetzt werden.
invidis Kommentar
Im Prinzip ist überhaupt nichts gegen eine Ausreisekontrolle einzuwenden, die USA ist eine der wenigen Länder weltweit die keine Personenkontrollstellen an Flughäfen für die Ausreise betreiben. Doch es ist gefühlt ein großer Unterschied ob ein Passbeamter oder die technische Anlage unter seiner Aufsicht den Pass scannt und die Daten kontrolliert oder es unbewusst ohne Vorzeigen des Reisepasses beim Boarding erfolgt.
Und hier kommen wir zum Kern der Akzeptanzdiskussion um Kameras, Sensoren und Gesichtserkennung. Die Gesichtserkennung – ob an der Grenze oder im Store – sollte sichtbar und bewusst erfolgen und nicht vollautomatisiert und versteckt.
Wir werden dieses Thema mit einer Reihe von Experten auf der DSS Europe am 3-4 Juli in München diskutieren. Wie kann Analytics am PoS mit größtmöglicher Akzeptanz realisiert werden. Mehr dazu unter https://digitalsignagesummit.org/europe/
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