Digitalisierung

Heute Volksbank, morgen eine Sparkasse

Ohne Digitalisierung wäre diese Kooperation kaum umsetzbar: Erstmals werden eine deutsche Sparkasse und eine Volksbank gemeinsam Filialen betreiben.
Aussenansicht eines der geplanten FinanzPunkte (Rendering: Taunus Sparkasse / Frankfurter Volksbank / Holger Meyer Architektur)
Aussenansicht eines der geplanten FinanzPunkte (Rendering: Taunus Sparkasse / Frankfurter Volksbank / Holger Meyer Architektur)

Über das Filialsterben in Handel oder Retail Banking haben wir an dieser Stelle in den vergangenen Jahren regelmäßig berichtet – und die Chancen, die sich aus dem Wandel der Konsumentengewohnheiten ergeben.

Ob Retailer oder Geldinstitut: Kundinnen und Kunden haben sich in den vergangenen Jahren zu Nutzern entwickelt, die auf allen Kanälen eine Ansprache und Lösung suchen. Mal kauft man bloß online, mal will man in der Filiale eine zuvor bestellte Ware oder Dienstleistung abholen, mal eine Transaktion via Mobile durchführen.

Folge: Banken haben wie Handelsunternehmen zumeist ein Konzept mit sehr gut ausgestatteten Flagships sowie kleinen Niederlassungen – bis hin zur 1-Personen-Filiale – entwickelt, bei denen bei Bedarf auch in der kleinsten Präsenz vor Ort Expertinnen digital zugeschaltet werden können (etwa: Wertpapierberatung via Video Chat am ATM oder in einem Konferenzraum). Zudem werden Multichannel und Omnichannel groß geschrieben: Jede Dienstleistung muss online und offline verfügbar sein, idealerweise miteinander verschränkt.

Dass man Filialen auch gemeinsam nutzen kann, diesen Beweis wollen die Taunus Sparkasse und die Frankfurter Volksbank nun antreten. Die beiden Finanzinstitute sind nach wie vor Konkurrenten und Mitglied ihrer jeweiligen Banken-Verbünde. Nun rollen sie gemeinsam und bis einschließlich 2021 das bundesweit einmalige Kooperationsmodell „FinanzPunkt“ aus. Auch in anderen Ländern dürfte es bislang sehr wenige verbundübergreifende Kooperationen vergleichbarer Art geben.

Heute eine Volksbank… (Rendering: Taunus Sparkasse / Frankfurter Volksbank / Holger Meyer Architektur)
Heute eine Volksbank… (Rendering: Taunus Sparkasse / Frankfurter Volksbank / Holger Meyer Architektur)

Ziel: regionale Infrastrukturen bleiben erhalten, mittelfristig können Kosten gemeinsam geschultert werden. Das Projekt, das mit Investitionen in Höhe von bis zu 5 Millionen Euro einhergeht, umfasst folgende Neuerungen:

  • Rund 50 Standorte werden zusammengelegt
  • An 26 „FinanzPunkten“ im Hochtaunus- und im Main-Taunus-Kreis bieten die Institute ihre Bankdienstleistungen und Beratungen unter einem Dach an
  • Die Institute bleiben selbstständig
  • Es gibt keinen Datenaustausch oder -zugriff auf Kundendaten des jeweiligen Partners. Dadurch ändert sich für die Kundschaft nichts Wesentliches
  • Die institutseigene IT-Infrastruktur wird nicht geändert
  • An festgelegten Tagen und im Wechsel sind die „FinanzPunkte“ mal eine Sparkasse und mal eine genossenschaftliche Bank
  • Die Unterscheidbarkeit wird durch wechselnde Farben (Rot beziehungsweise Blau) auf LED-Flächen (indoor und outdoor) garantiert. Diese Lösung – das Gestaltungskonzept stammt vom Frankfurter Architekten Holger Meyer – wird an 17 Standorten umgesetzt
  • Dadurch bleibt die CI erhalten und Kunden können sich problemlos orientieren
  • Die übrigen 9 Filialen erhalten gemeinsam betriebene Selbstbedienungs-Infrastrukturen (Geldautomaten und Self Service Terminals)
  • Eine gemeinsame Internet-Präsenz dient als digitale Klammer
  • Mit dem Konzept einhergeht, dass je Institut 4 zusätzliche Standorte geschaffen werden, die Kunden also von einer besseren physischen Präsenz in der Fläche profitieren können

Das Beispiel zeigt, dass Anbieter von Dienstleistungen durchaus im Wechsel einen physischen Standort nutzen können. Damit wird eine Variante umgesetzt, die sich etwa von einer simultanen Präsenz in einer Filiale oder einem Flagship unterscheidet (vgl. etwa das Konzept Postbank und Filiale der Deutschen Post / DHL in einem Raum).

Weiter gedacht, könnten Banken aus unterschiedlichen Verbünden auch ihre Digital Signage-Systeme gemeinsam nutzen. Auch hier wäre es möglich, die jeweilige Software zeitlich definiert einzusetzen. lediglich die genutzte Hardware wäre gemeinsam anzuschaffen, beziehungsweise müsste für die Nutzung durch beide Softwarelösungen möglich sein – was in der Regel kein Problem darstellen dürfte.

Möglicherweise etwas weniger trivial – wenn auch keineswegs unlösbar –ist die gemeinsame Nutzung der ATMs: So muss etwa ein Geldautomat, der bislang den Kunden des anderen Verbunds Gebühren für das Abheben berechnete umprogrammiert werden. Und noch tiefergehender muss auf allen Ebenen der Softwarearchitektur ein Switch zwischen den Systemen ermöglicht werden, der ausfall- und angriffssicher ist.

…und morgen eine Sparkasse (Rendering: Taunus Sparkasse / Frankfurter Volksbank / Holger Meyer Architektur)
…und morgen eine Sparkasse (Rendering: Taunus Sparkasse / Frankfurter Volksbank / Holger Meyer Architektur)