ChromeOS und Android sind zwei getrennte Ökosysteme. Während von Android verschiedene Versionen parallel existieren, gibt es immer nur eine aktuelle ChromeOS-Variante. Jetzt plant Google, Teile des Android-Techstacks in ChromeOS zu integrieren.
Google selbst gab dazu noch keine weiteren Details bekannt. Doch alle Branchenexperten, die invidis befragte, hatten eine ziemlich eindeutige Meinung. Der bisherige Konsens: Die Strategie ist weniger revolutionär als sie anmutet und vielmehr eine praktisch Entscheidung.
Mike Finckh, CEO von Concept International, kommt zu dem Schluss, dass Google mit der Übernahme von Android-Komponenten, insbesondere von AI-Funktionen, den Entwicklungsaufwand für ChromeOS verringern will. „Wenn ich die APIs von Android auf ChromeOS übertrage, habe ich einfach schneller Unterstützung für KI-Apps erreicht“, sagt Mike Finckh. „Zum Beispiel dass eine Spracherkennung, die schon lange auf Handys perfekt funktioniert, dann auch bei Emails auf ChromeOS läuft. Oder dass KI-Funktionen – zum Beispiel Apps für intelligente und generative Bild- und Videobearbeitung – dann schnell auf ChromeOS zur Verfügung stehen.
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Android-Apps auch für den PC
Hier sieht Lukas Danek, Head of Product beim Softwarespezialisten SignageOS, eine Chance für Digital Signage: Android-Apps auf PCs bereitzustellen, würde der Branche helfen, von veralteten Windows-Maschinen wegzukommen, sagt er. Laut Mike Finckh passt dies in Googles Gesamtstrategie: ChromeOS als kostengünstige und sichere Alternative zu Windows 11 zu positionieren.

Als disruptiver Moment lässt sich die Strategie nach Lukas Daneks Einschätzung aber nicht bezeichnen. Er sieht darin eher einen schrittweisen Übergang. „Basierend auf unseren Erfahrungen mit verschiedenen Android-Versionen und deren APIs ist es unwahrscheinlich, dass eine voll funktionsfähige Android-Anwendung in naher Zukunft einfach auf ChromeOS wiederverwendet werden kann“, sagt Lukas Danek.
Peter Critchley, als CEO von Trison UK ein langjähriger Google-Partner, teilt eine ähnliche Perspektive: „Ich denke, die Ankündigung, die speziell davon spricht, den Android-Kernel in ChromeOS einzubetten, soll es Google erleichtern, AI-Funktionen in ChromeOS zu liefern, die historisch immer zuerst auf Android verfügbar waren. Es geht darum, die Entwicklungsteams so weit wie möglich zu straffen, und das ergibt Sinn.“

„Google führte kürzlich auch einen Test durch, der zeigte, wie ChromeOS über eine spezielle Version von Chromium auf einem Android-Gerät laufen könnte“, fährt Peter Critchley fort. „Das alles deutet auf ein besseres, sichereres und fähigeres Ökosystem hin – wenn die Angleichung von ChromeOS und Android Realität wird, könnten viele weitere Geräte außerdem besser verwaltbar werden, was aus der Digital Signage-Perspektive nur positiv sein kann.“
Herausforderungen und Chancen für ISVs
Wie sich dieser Übergang auf die Entwicklung von Digital Signage-Software auswirken würde, schätzt Critchley so ein: „Da sich das gesamte Ökosystem in Richtung Progressive Web Apps (PWAs) bewegt, wird es sicherlich einfacher für ISVs, Lösungen zu entwickeln.“
Lukas Danek fügt hinzu, dass Digital Signage-Softwareentwickler in den nächsten ein bis zwei Jahren beobachten müssen, wie sich das Android-basierte ChromeOS-System entwickelt und performt. Seiner Meinung nach könnte die Integration ISVs zunächst vor größere Herausforderungen stellen, da es für Google erhebliche Zeit in Anspruch nehmen wird, ein vollständiges Android-Framework bereitzustellen. In der Zwischenzeit, sagt er, müssen ISVs dessen Einschränkungen navigieren oder weiterhin native PWAs von ChromeOS verwenden.