Reutlingen beschimpfte sich im Juni ordentlich selbst mit ihrer OoH-Aktion. Auf 150 Plakaten und 20 CLPs warnte die Stadt ihre Besucher und Einwohner gleich mit dem Schlimmsten, was sie hier erwartet. Sprüche wie „Wir müssen dir leider mitteilen: Du bist in Reutlingen“ oder „Nichts ist so langweilig wie ein aufregender Tag in Reutlingen“ sollten Passanten jegliche Euphorie rauben. Die Antikampagne blieb 10 Tage im Juni unkommentiert stehen, bis im Juli die Auflösung kam.
Zum Slogan „Reutlingen kannst du nicht mögen“ auf den Plakaten gesellte sich jetzt der Zusatz „nur lieben“. Eine selbstironische Marketingaktion also, die Sympathie für eine Stadt wecken sollte, die im nationalen Städteranking eher untergeht. Diese Idee fruchtete: Die auf dem Netzwerk von Ströer und Wall Decaux gezeigte Kampagne schaffte es in die Berichterstattung von Medien wie Prosieben, SWR3 und Bild. Damit gelang es Reutlingen, die Reichweite der für 25.000 Euro geschalteten Plakate um ein vielfaches vergrößern.
Die Idee für diese Aktion hatte die Agentur Die Kavallerie. Ob sie beim Stadtmarketing-Team ankommen würde, war sich das Agenturteam anfangs nicht sicher. Felix Schlepps, Head of Concept bei Die Kavallerie, sagt in einem Linkedin-Post: „Entweder machen sie das, oder sie schmeißen uns nach der dritten Folie achtkantig raus. Mit dieser Erwartung sind wir vor einigen Monaten zum Pitch für die Stadt Reutlingen und die Start Stadtmarketing und Tourismus Reutlingen GmbH gefahren“.
Die erste Kampagnenphase soll aber letztlich eine Reichweite von 190 Millionen generiert haben. In der zweiten Phase adressiert die Kampagne nun die Themen: Erlebnis Innenstadt, starker Wirtschaftsstandort und attraktive Lage im Biosphärengebiet Schwäbische Alb. Derweil findet man auf der Website Nurlieben.de acht Liebesgeschichten von Reutlingerinnen und Reutlingern, die mit den Vorurteilen aufräumen sollen.