Am Stadtrand von Mumbais Finanz- und Wirtschaftszentrum, der Metropole Mumbai, hat Indiens größter Konzern, die Reliance Group, ein 500 Hektar großes Hauptquartier errichtet. Eine Art „Stadt in der Stadt“ für 50.000 Mitarbeitende – inklusive eigenem Krankenhaus, Sportstadion und Freizeitsee. Hier schlägt das Herz von Reliance: Über eine halbe Million Mitarbeiter weltweit erwirtschaften einen Umsatz von 120 Milliarden US-Dollar. Mit Geschäftsbereichen von Chemie über Technologie bis hin zum Einzelhandel – mit mehr als 10.000 Filialen – ist Reliance Industries eine dominierende Kraft in Indien.
Im bevölkerungsreichsten Land der Welt fallen nur etwa 15 Prozent aller Läden unter die Kategorie „kontrollierter Einzelhandel“ – also Läden in Einkaufszentren, die Standards und Annehmlichkeiten bieten, wie man sie aus Europa oder Nordamerika kennt. Vor diesem Hintergrund betreibt Reliance Retail über 10.000 Filialen mit eigenen Marken und Kooperationen mit führenden globalen Namen.
Die Tochtergesellschaft Jio Platforms ist Indiens größter Technologieanbieter und bietet Dienstleistungen von Mobilfunknetzen bis hin zu Cloud-Lösungen. Digital Signage ist eines ihrer neuesten Projekte.

Breite Einführung von Jio Signage
Seit über einem Jahrzehnt setzt Reliance Retail auf Scala als Digital Signage-Partner – der global größte CMS-Anbieter, für den Indien nicht nur als Software-Entwicklungszentrum dient, sondern auch ein wichtiger Absatzmarkt ist. Mit einer sechsstelligen und schnell wachsenden Zahl aktiver Digital Signage-Endpunkte entschied sich Jio Platforms schließlich, eine eigene Lösung zu entwickeln: Jio Signage. Das System ist kompatibel mit fast allen Display-Marken und bietet proprietäre Media Player, um auch ältere Displays auf Smart-Display-Niveau zu bringen.
In einem koordinierten Kraftakt entwickelten mehrere hundert Softwareentwickler Jio Signage komplett von Grund auf. Selbstverständlich ist die Lösung cloud-nativ, basiert auf einem modernen Tech-Stack und bietet ein konkurrenzfähiges Feature-Set. Das neue CMS hat sich in der Praxis bereits als zuverlässig erwiesen und wird nun im gesamten Konzern ausgerollt.

Riesiger Erfolg nach nur einem Jahr
Als führender Technologieanbieter Indiens hat Jio Platforms eine nachweislich erfolgreiche Strategie beim Eintritt in neue Märkte mit skalierbaren Geschäftsmodellen. Nach der Einführung von zehntausenden Lizenzen im umfangreichen Netzwerk von Reliance Retail erweiterte das Unternehmen seine Digital Signage-Lösung auch für externe Einzelhandelskunden und andere Branchen. Innerhalb eines Jahres konnte Jio Platforms einen bedeutenden Marktanteil in Indien gewinnen und setzte neue professionelle Standards im B2B-Segment.
Auf der invidis Digital Signage Conference während der Infocomm India 2025 beschrieben etablierte Wettbewerber die Lage hinter vorgehaltener Hand als „Massaker“.
Der 120-Milliarden-Dollar-Konzern schreibt die Spielregeln neu. Indiens traditionell kleine bis mittelgroße Softwareentwickler sehen sich plötzlich einem mächtigen heimischen Giganten auf dem eigenen Terrain gegenüber. Jahrelang operierte die indische Digital Signage-CMS-Branche fast ohne Eingriffe großer Konzerne oder internationaler Player. Viele unabhängige Softwareanbieter (ISVs) expandierten erfolgreich ins Ausland und etablierten Standbeine in der Golfregion, Europa und Nordamerika.
Doch diese komfortable Zeit ist vorbei. „Wir hatten unseren Heimatmarkt vernachlässigt“, gestand ein führender Anbieter, der anonym bleiben wollte. Wird Indien nun von Jio Signage dominiert? Mit seiner Expertise in CMS, IoT und verwandten Technologien wird das Unternehmen den Markt weiter aufmischen und wahrscheinlich zur dominanten Kraft werden.
Gleichzeitig drängen globale Giganten wie Samsung (VXT), LG, Panasonic und Philips mit gebündelten Hardware- und Softwarelösungen, speziell für Indien, auf den Markt. Auch heimische LED-Marken wie Xtreme Media haben erfolgreiche CMS-Angebote auf den Markt gebracht, was den Wettbewerb weiter verschärft.
Aber Indiens Softwareunternehmer sind agil und einfallsreich genug, um den Markt nicht kampflos Jio oder den Komplettlösungen der Displayhersteller zu überlassen. Zudem treten europäische und US-amerikanische Digital Signage-ISVs in Indien auf, bringen starke Markenbekanntheit, große globale Installationsbasen und gut etablierte Partnernetzwerke mit. Der Wettbewerb heizt sich auf – und macht die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt zu einem spannenden Schlachtfeld für Innovationen im Bereich Digital Signage.
In-House CMS vs. In-House Device Management
Immer mehr globale Unternehmen – darunter große US-amerikanische QSR-Anbieter – entscheiden sich dafür, ihre eigene Digital Signage-Softwareplattform zu entwickeln. Das hat Vor- und Nachteile, aber sobald Endkunden ein Netzwerk von mehreren Hunderttausend Playern erreichen, ist die Entwicklung eines eigenen CMS durchaus gerechtfertigt. Oft wird ohnehin nur eine CMS-Lösung mit begrenzten Funktionen benötigt, die auf leistungsstarken Experience-, Marketing- und ERP-Plattformen aufsetzt.
Während die Eigenentwicklung eines CMS für ausgewählte Großkunden Sinn machen kann, lohnt es sich in der Regel kaum, professionelle Plattformen für das Gerätemanagement selbst zu entwickeln. Die Verwaltung der sehr spezifischen SoC-Plattformen in der Digital Signage-Branche sollte besser Experten überlassen werden – wie etwa SignageOS, das sich mittlerweile zum De-facto-Standard der Branche entwickelt hat.
