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US-Strafzölle

Chinesische Exportflut trifft Deutschland

München | Deutschland trägt die Hauptlast des chinesischen Re-Routing aufgrund der US-Strafzölle. ProAV und Digital Signage reagieren mit stärkerer Compliance, serviceorientierten Modellen und klaren TCO-Argumenten.
Container im Hamburger Hafen (Foto: Sven/Unsplash)
Container im Hamburger Hafen (Foto: Sven/Unsplash)

Der deutsche ProAV- und IT-Hardwaremarkt steht zunehmend unter Druck, da chinesische Exporte nach jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamts in großen Mengen nach Europa strömen. Da US-Zölle den Zugang nach Nordamerika blockieren und die Inlandsnachfrage in China sinkt, richten Hersteller ihren Fokus verstärkt und aggressiv auf die EU – besonders auf Deutschland. Offizielle Statistiken weisen ProAV zwar nicht im Detail aus, und Branchendaten treffen mit Verzögerung ein, doch Hinweise aus dem Channel bestätigen einen deutlichen Anstieg an B2B-Visual-Solutions chinesischer Marken, die in den deutschen Markt drängen.

ISE 2026: Zölle verändern die globale Lieferkette

Der chinesische Exportmotor läuft auf Hochtouren. Im November stiegen die Ausfuhren in die EU gegenüber dem Vormonat um 14,2 Prozent und im Jahresvergleich um 11,8 Prozent. Die Lieferungen nach Deutschland legten noch stärker zu – plus 15,5 Prozent zum Vormonat und 12,6 Prozent im Jahresvergleich. Insgesamt erhöhten sich Chinas Exporte im November um 5,9 Prozent und trieben den jährlichen Handelsüberschuss erstmals über die Marke von einer Billion US-Dollar. Diese Dynamik kommt nicht aus den USA – Zölle und Geopolitik halten diesen Markt praktisch geschlossen. Stattdessen absorbiert Europa umgeleitete Liefermengen zu aggressiven Preisen.

Chinas sinkende Inlandsnachfrage trifft auf wachsende Produktionskapazitäten – ein Ungleichgewicht, das durch mehr und günstigere Exporte ausgeglichen wird. Für ProAV und Digital Signage bedeutet das preisgetriebene Angebote über LED und LCD hinweg, oft gebündelt mit CMS- oder Remote-Management-Tools. LED-Wände und Large-Format-Displays kommen mit aggressiver Bundle-Preisgestaltung auf den Markt.

Mehr als nur Hardware

Doch der niedrigste Preis entspricht selten den niedrigsten Gesamtkosten. Integratoren und Endkunden stehen vor versteckten Risiken: unzureichende Compliance und fehlende Zertifizierungen wie CE, WEEE, RoHS, Cybersicherheitsanforderungen und Energiekennzeichnungen, die über bloße Dokumente hinaus überprüft werden müssen. Hinzu kommen Lifecycle-Risiken wie begrenzte Firmware-Updates, schwache RMA-Prozesse und geringe Ersatzteilverfügbarkeit. Nachhaltigkeitsdefizite – insbesondere bei Reparierbarkeit und Recyclingpflichten – können zusätzliche Haftungsrisiken nach sich ziehen.

Wichtige Entwicklungen 2026

Mit Blick auf 2026 bleibt die Preisvolatilität ein zentraler Faktor, da chinesische Produktionskapazitäten weiter auf Volumen drängen. Strengere Vorgaben bei Energiekennzeichnung, Cybersicherheit und Recht auf Reparatur erhöhen die Hürden für den Marktzugang. Service-Differenzierung wird zum entscheidenden Wettbewerbsfeld: MSP-orientierte Angebote trennen langfristig tragfähige ProAV-Geschäftsmodelle von reinen Hardwarehändlern. Der Konsolidierungsdruck nimmt zu, da Distributoren und Integratoren mit niedrigen Margen vor Fusionen oder einer strategischen Neuausrichtung stehen.

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