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Digital Signage ist das Beste, was dem Kioskmarkt passieren konnte

Im Mai findet die Digital Signage Expo in Essen statt. Mit dem Veranstalter Jens Schindler sprach invidis über den Kiosk- und Digital-Signage-Markt, über Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Synergien. Der große Vorteil beider Konzepte sieht für Schindler so aus: Kunden „können ihre bestehenden DS- oder Kiosklösungen mit verhältnismäßig geringem Aufwand um den anderen Bereich erweitern und profitieren so doppelt – ohne doppelt investieren zu müssen.“

Herr Schindler, die Digital Signage Expo verbindet Bereiche Kiosk und Digital Signage. Wo ziehen Sie persönlich die Grenze zwischen beiden Welten?

Jens Schindler: Das Meinungsspektrum der Marktteilnehmer reicht von einer völligen Trennung beider Welten bis hin zu einer fast vollständigen Verschmelzung. In der Vergangenheit habe ich für mich eine Arbeitsdefinition gewählt, bei der Selbstbedienungslösungen im Wesentlichen als interaktiv und Digital-Signage-Lösungen als nicht-interaktiv beschrieben werden. Diese Definition löst sich allerdings zunehmend auf, da Digital Signage immer öfter auch interaktive Komponenten enthält. Die Dinge sind zunehmend im Fluß, der Markt für Kiosklösungen und Digital Signage entwickelt sich rasant weiter – und das ist gut so. Definitionen haben daher nur eine gewisse Halbwertszeit.

Umgekehrt gibt es aber Merkmale, wie z.B. großflächige Displays im DS-Bereich oder Quittungsdruck und Zahlungsvorgänge im Kioskbereich, die sich auf absehbare Zeit nicht im jeweils anderen Bereich finden werden. Ob eine DS-, eine Kioskanwendung oder eine Kombination aus beiden eingesetzt wird, entscheidet sich meines Erachtens nicht durch die abstrakte Wahl eines Mediums, sondern dadurch, welche Lösung in der jeweiligen Situation den größtmöglichen Mehrwert für den Kunden bietet.

Als Präsident der European Association for Self-Service (EAFS) wollen Sie die Kioskbranche fördern. Sehen Sie in den Digital-Signage-Anbietern eine Bedrohung für den Kioskbereich?

Jens Schindler: Ganz und gar nicht! Ich sehe die Digital-Signage-Anbieter als das Beste, was dem Kioskmarkt passieren konnte. Es gibt hier eine Vielzahl von Gemeinsamkeiten, bei denen beide von den Fortschritten des anderen profitieren werden.

Filialisten, die entsprechende Netzwerke installieren und ein intelligentes Content Management System betreiben, können ihre bestehenden DS- oder Kiosklösungen mit verhältnismäßig geringem Aufwand um den anderen Bereich erweitern und profitieren so doppelt – ohne doppelt investieren zu müssen. So werden beide Seiten zum zusätzlichen Erfolgsfaktor für die jeweils andere und erhöhen die Investitionssicherheit für die Kunden. Weitere Trends, von denen beide nutznießen, sind sicherlich das iPhone oder auch HPs neuester PC, der direkt mit Touchscreen ausgeliefert wird. Diese tragen indirekt dazu bei, dass digitale Medien von der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen und vor allem auch angenommen werden.

Die Digital-Signage-Branche ist im Gegensatz zum Kioskmarkt noch recht jung und hat mit Startproblemen zu kämpfen. Wie sieht die Marktsituation bei den Kiosksystemen aus?

Jens Schindler: Es ist sicherlich richtig, dass der Kioskmarkt bereits länger besteht. Allerdings musste auch er auf seinem Weg seit Anfang der Neunzigerjahre einige Höhen und Tiefen bis zum heutigen Erfolg durchschreiten.

Heute ist der Kioskmarkt dadurch geprägt, dass es eine Vielzahl kompetenter Lösungsanbieter gibt, d.h. das Angebot ist ausgereift. Auf der Anwenderseite erscheint mir der Markt nach wie vor polarisiert. Es gibt Großkunden, die sich sehr intensiv mit dem Thema SB auseinandersetzen und das Potenzial erkannt haben. Der Low-Budget Carrier Ryanair ist so ein Beispiel: Nach sehr langer Prüfung hat dieser nun komplett auf SB umgestellt. Zum anderen gibt es eine Vielzahl von erfolgreichen Projekten kleineren Umfangs. Entwicklungspotenzial sehe ich noch im mittleren Marktsegment, bei regionalen oder nationalen Filialisten. Es geht heute aber nicht mehr um das ob, sondern um das wie.

Im DS-Markt gibt es Dutzende von „Marktführern“. Kann man im Kioskbereich eindeutigere Aussagen treffen – ist vielleicht auch ein Anbieter von DS darunter?

Jens Schindler: In allen Märkten, die mir jemals zur Kenntnis gekommen sind, gibt es ebenso viele Marktführer, wie es Marktdefinitionen gibt. Dieses Phänomen erscheint mir normal. Viel wichtiger als einen eindeutigen Marktführer zu definieren erscheint mir zu sehen, dass es eine Vielzahl kompetenter Anbieter mit unterschiedlichen Know-how-Profilen für alle am Markt nachgefragten Leistungen gibt. Im Kioskmarkt haben sich mittel- und langfristig diejenigen Anbieter durchgesetzt, die sich auf bestimmte Anwendungen bzw. bestimmte Zielgruppen spezialisiert haben.

Für beide Märkte gilt, dass alle Lösungen eine multidisziplinare Zusammenarbeit von Spezialisten aus den Bereichen Content, Projektmangangement, Prozessanalyse, Finanzierung, Technik, Roll-out, Marketing und vielem mehr erfordert, um zum Erfolg zu kommen. Die Frage nach dem Marktführer ist da sekundär.

Inwieweit gibt es Synergien zwischen den beiden Bereichen, die durch die gemeinsame Messe in Essen verstärkt werden?

Jens Schindler: Alle Marketeers haben heute das Problem der immer kleiner werdenden Zielgruppen, die immer individueller angesprochen werden möchten. Das erhöht Streuverluste und Kosten zugleich. Die Kombination aus Digital Signage und Selbstbedienung ermöglicht es dem Kunden, seinen momentanen Kaufimpuls zu kommunizieren, der dann entsprechend beantwortet wird. Der Kunde muss nicht das Einkaufserlebnis gegen den heimischen Monitor eintauschen, um die Vorteile des Internets genießen zu können. Diese Entwicklung hat inzwischen eine ganze Reihe von Anbietern aufgegriffen, die entsprechende Lösungen anbieten. Auf unseren Messen in Essen kann man sich ein Bild von diesem Zusammenspiel auf den beiden führenden Veranstaltungen – im Kioskbereich weltweit, im Digital-Signage-Bereich europaweit – machen, ohne zweimal anreisen zu müssen.

Danke für das Interview.

(eca)