invidis hat bereits ausführlich über die integrierten Module berichtet. Nun stand nach einigen Monaten Betrieb eine Vor-Ort Besichtigung an. Zuallererst muss der Digital-Signage-Beobachter sich frei machen von Erwartungen eines vollintegrierten digitalen Shopping Centers.
Die installierten Lösungen sind Stand-Alone Installationen die mehr oder weniger ineinandergreifen. Ein Zugriff auf eine gemeinsame Datenbasis oder ein einheitliches Design wurden nicht realisiert. Da es sich aber um ein öffentliches Testlabor unterschiedlicher Technologien handelt, ist das auch völlig in Ordnung. Die ECE Future Labs sind vergleichbar mit der Metro Future Store Initiative die in ihrer zweiten Entwicklungsstufe zurzeit den real Future Store in Tönisvorst betreibt.
Folgende Digital Signage Technologien konnten wir in Essen funktionsfähig begutachten
- InfoGate
- Wayguiding
- Mall Wall
- Multimedia Lounge
- Gaderobe
- Mall Avatar
Die Ströer Digital / ECE Flatmedia Bestandsinstallation – ausschließlich von der Decke abgependelte Einzel-Displays – laufen unabhängig vom Future Lab mit ordentlicher Auslastung u.a. Canon und FMCG Kampagnen.
InfoGate
- Die von der der InfoGate Information Systems GmbH, einer hundertprozentigen Tochter des Flughafen München, entwickelten InfoGate-Videostelen sind zum ersten Mal außerhalb des Flughafenumfeldes im Betrieb. Funktionsweise und Optik entsprechen den Dutzenden von Stelen die in den beiden Terminals am Flughafen München, anliegenden Hotels sowie der Flughafenbus-Haltestelle am Hauptbahnhof Ingolstadt seit zwei Jahren in Betrieb sind.
- Das in Essen installierte Studio bedient zwischen 12 und 18 Uhr die Informationsanfragen aus Hamburg und Essen. Die Videoqualität ist sehr gut, der Ausdruck von Plänen inklusive individueller Wegbeschreibung funktioniert einwandfrei.
- Besonders gelungen ist die Standortwahl des Infogates am Eingang zur Fußgängerzone. Die stationäre Information im Einkaufszentrum wurde nämlich im Untergeschoß am Übergang zur U-Bahn versteckt, weitab vom Informationsbedürfnis der Innenstadtbesucher.
- Interessant ist das große Informationsbedürfnis nach touristischen Highlights, öffentlichem Nahverkehr und Einkaufsmöglichkeiten in der nahen Fußgängerzone. Eine Stele mit zwei Abfahrtszeitenmonitoren der U-Bahn ist neben der Infogate Stele bereits installiert. Die ersten Monate Praxiseinsatz haben gezeigt, dass eine sehr hohe Akzeptanz der Besucher an der Videoauskunft besteht.
Wayguiding
- ECE Limbecker Platz ist als Rundgangmall angelegt, somit reduzieren sich Navigationsbedürfnisse hauptsächlich auf Directory-Anfragen (Auf welcher Etage befindet sich Store XYZ?)
- Die Stelen kommen von eKiosk und die Software von 3d-berlin. Die Suche und Wayguiding Funktionalität ist State of the Art, insbesondere der animierte Flug zum gesuchten Store wird zurzeit optisch nicht besser am Markt angeboten. Ein Nachteil ist sicherlich die „lange“ Wartezeit bis zum Start der Animation nach ca. 10-15 Sekunden.
- Eine überzeugende Teillösung dabei ist der animierte QR-Code: ein roter Balken rollt kontinuierlich über den individuellen QR-Code und lädt zur Nutzung des Smartphones ein.
- Die Stelen sind als „Testbed“ in Ordnung, für einen späteren Roll-out wünscht man sich etwas solidere, am Boden fest verankerte Stelen, gerne auch mit etwas größerer Fernwirkung. Eine höhere Bauform könnte allerdings den architektonischen Gegebenheiten bzw. dem ästhetischen Empfinden der Betreiber zum Opfer gefallen sein.
Mall Wall
- Zwei 3×3 Walls mit Sharp 60-Zoll-Displays stehen Rücken-an-Rücken im Untergeschoss des Essener Einkaufszentrums. Die Mall Wall in der Ladenstraße ist ein technisch sehr aufwändiger Ansatz Social-Media-Elemente, Interaktivität und Spiele in die ECE-Malls zu bringen. Die Steuerung erfolgt über ein eKiosk-Terminal baugleich mit den Wayguiding-Systemen. Ausnahme ist die Steuerung der Spiele, die über Sensoren mit ganzem Körpereinsatz oberhalb der Wall erfolgt. Die Rechenleistung der Wall lässt sich erahnen wenn man ein Blick in den Zwischenraum der Mall Walls wirft. Ein ausgewachsener, gut bestückter Serverschrank liefert die notwendige Rechnerleistung für die beiden interaktiven, Live-Rendering-Inhalte der Videowalls
- Die Mall Walls überzeugen mit einer optisch ansprechenden Social-Media-Oberfläche, die von der Dresdner Agentur Schach & Matt für die ECE entwickelt wurde und dem Screendesign von Pinterest nahe kommt. Stores und Sonderaktionen können gesucht, angezeigt und „ge-liked“ werden. Bisher ist allerdings außer der ECE-Redaktion wenig Teilnahme zu erkennen. Einige Kintec-gesteurte Interaktive-Games wurden von der Düsseldorfer Digital-Media-Agentur Capture MM entwickelt.
- Die öffentliche Darstellung von Social-Media-Inhalten ist in der Regel nicht ganz unproblematisch, denn wer möchte schon vor allen Besuchern z.B. ein Dessous-Angebot, einen Übergrößen-Modeladen etc. liken / empfehlen? Vor dieser Herausforderung stehen alle Digital-Signage-Projekte die Social-Media-Interaktion in den öffentlichen Raum bringen.
- Die Mall Wall befindet sich noch in der Beta-Phase, so dass Navigations-/Auflösungsprobleme zwischen Kiosk und Wand noch optimiert werden.
Multimedia Lounge
- In unmittelbarer Nähe der Mall Wall wurde mit Unterstützung von Samsung eine Multimedia Lounge installiert. Ein Ausstellungsfläche mit aktuellen Samsung Produkten die teilweise auch den Besuchern zur freien Internetnutzung zur Verfügung stehen.
- Einziges Fremdprodukt ist ein 3D-Display von United Entertain mit ansprechenden 3D Fotos vom Arabischen Golf. Die 3D-Installation wirkt allerdings ein wenig verloren im Samsung Showroom.
Selbstbedienungs-Garderobe
- Ein ganz anderes Kaliber ist die Pilot-Installation einer Selbstbedienungs-Garderobe neben der Information. Im Sommer sicherlich weniger genutzt soll die Garderobe in kalten Wintermonaten die Zeit im Einkaufszentrum so angenehm wie möglich machen. Ein invidis Funktionstest absolvierte die Containergroße Selbstbedienungsgarderobe ohne Fehler. Nutzung erfordert Zwei Euro Pfand, nach einhängen des Mantels erhält der Benutzer ein Bon mit Barcode der bei Rückgabe nur eingescannt werden muss. Schon öffnet sich das Rolltor mit dem richtigen Fach.
- Inwieweit die Akzeptanz der Shoppingcenterbesucher hoch genug ist um ein Investition in eine solche Anlage zu rechtfertigen lässt sich schwer einschätzen. Aber ein Service-Plus ist es in jedem Fall.
Mall Avatar
- Die einzige Applikation des Future Labs deren Sinnhaftigkeit uns verwehrt bleibt ist der Mall Avatar. Für Freunde des nicht mehr ganz taufrischen Second Life ist die animierte digitale Mall Dame vielleicht ein Highlight.
- Der Mall Avatar wird auf einer 2m hohen Stele angezeigt. Eine nicht ganz Usablitiy-freundliche Steuerung über einen separaten Touchscreen lässt die Dame zum Leben erwecken. Der Animationsspielraum reicht vom Vorlesen von aktuellen News und Wetternachrichten bis hin zu über eine Touch-Tastatur erfasste Nachrichten. Wie üblich sind ausschließlich deutsche Worte zu nutzen. Alles andere wird vom Avatar falsch ausgesprochen.
- Falls der Hintergrund der Installation die barrierefrei Informationsvermittlung ermöglichen soll ist das auszuschließen – denn die Eingabe über eine Touch-Tastatur entspricht nicht der gesetzlichen Barrierefreiheit.
Zusätzliche Features des Future Labs sind eine funktionale Smartphone App für Endkunden und eine für Center-Mitarbeiter sowie kleine Bildschirme in der Kinderspielzone.