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Kassenlos Einkaufen

Deutsche Konkurrenz für Amazon Go

Mit seinem kontaktlosen Self-Checkout-System will das Berliner Start-up Nomitri Supermarktkassen überflüssig machen. Kunden sollen mit dem eigenen Smartphone und einer AI-basierten App ihren Einkauf selbst überwachen. Das spart Händlern die Installation aufwendiger Kamera- und Sensortechnik. Auch der Datenschutz soll profitieren.
Einkaufswagen in einem Geschäft – Symbolbild (Foto: Pixabay)
Einkaufswagen in einem Geschäft – Symbolbild (Foto: Pixabay)

Einfach aus dem Supermarkt gehen, statt an der Kasse Schlange zu stehen. US-Handelsriese Amazon setzt in seinen Go-Stores auf dieses ‚Just Walk Out‘-Prinzip. Was Kunden dabei in ihren Einkaufswagen legen wird genauestens überwacht. Smarte Kameras und umfassende Sensorik lauern in den Go-Stores in jeder Ecke. Entsprechend gehen besonders hierzulande Datenschützer auf die Barrikaden. Ob und wie der Konzern sein kontaktloses Shopping in unsere Breiten bringt ist noch unklar.

Das Deep-Tech Start-up Nomitri will Amazon auf dem deutschen Markt voraus sein. Mit dem smarten Self-Checkout-System des jungen Berliner Unternehmens übernimmt der Kunde selbst sowohl das Scannen als auch den Bezahlvorgang – mit dem eigenen Smartphone.

Wie das funktionieren soll ist schnell erklärt: Der Kunde lädt sich eine App herunter und platziert sein Smartphone in einer Halterung am Einkaufswagen oder Korb. Soll ein Lebensmittel gekauft werden, muss der Barcode kurz vor die Kameralinse gehalten werden. Die App fügt das Produkt dann einer virtuellen Einkaufsliste hinzu. Wird ein Lebensmittel ohne Scan in den Wagen gelegt, erinnert eine Meldung auf dem Display an den Vorgang. Verlässt ein Produkt den Wagen wieder, soll die Anwendung das ebenfalls erkennen. Die Rechnung begleicht der Kunde beim Rausgehen digital – ‚Just Walk Out‘ eben.

Die drei Gründer des Berliner Start-ups Nomitri (v.l.): Moritz August (CDO), Trinh Le-Fiedler (CEO) und Max Fiedler (CTO) (Foto: Nomitri)
Die drei Gründer des Berliner Start-ups Nomitri (v.l.): Moritz August (CDO), Trinh Le-Fiedler (CEO) und Max Fiedler (CTO) (Foto: Nomitri)

Nomitri hat sich auf intelligente AI-basierte Bilderkennung auf tragfähigen Endgeräten spezialisiert. Das Start-up baut die neuronalen Netze so klein, dass sie auf jedem Smartphone laufen können. Für Händler soll die Lösung von Nomitri wegen den geringen Kosten interessant sein. Es müssen schließlich keine zusätzlichen Kameras oder Sensoren installiert werden. Die App selbst vermarktet Nomitri im Lizenzmodell. Die Anwendung soll neben dem kontaktlosen Einkaufen auch Mehrwert bieten: so werden Kunden beispielsweise Rezeptideen passend zu Lebensmitteln im Wagen angezeigt. Auch Infos zu Angeboten und Werbung könnten wohl über das Display laufen.

Die erste Finanzierungsrunde hat Nomitri bereits abgeschlossen. Die Idee scheint auf großes Interesse zu stoßen. Schon drei Monate nach der Gründung im August 2019 konnte das Start-up eine erhebliche sechsstellige Summe von einem Family Office einsammeln. Die Investitionsbank Berlin steuerte weitere 1,2 Millionen Euro bei. Auch ein Kooperationsvertrag mit einer globalen Supermarktkette steht dem Start-up zufolge im Raum. Wann erste Läden die Technologie einsetzen könnten ist noch nicht bekannt.

Die smarte Shopping-Lösung soll nur den Startschuss stellen. Künftig will Nomitri noch weitere AI-basierte Technologien für verschiedenste Branchen entwickeln, etwa für Drohnen, um Windkraftanlagen auf Schäden zu prüfen.

invidis Kommentar

Die Idee von Nomitri ist an sich gut. Warum umfangreich Technik für ‚Just Walk Out‘ installieren, wenn Kunden einfach das eigene Smartphone nutzen können. Auch der Gedanke des besseren Datenschutzes ist schlüssig. Der Kunde überwacht sich selbst und seine Daten bleiben – bis auf den Einkaufszettel – auf dem eigenen Gerät. Die Lösung erinnert an die kürzlich vorgestellten smarten Einkaufswägen von Amazon. Hier ist die Technologie eben direkt im ‚Dash Cart‘ verbaut, funktioniert aber recht ähnlich. Der Preis für den hochtechnologisierten Einkaufswagen dürfte allerdings deutlich teurer als eine App-Lizenz und die Nachrüstung von ein paar Smartphone-Halterungen sein.

Ob sich Nomitri mit seinem kontaktlosen Self-Checkout-System durchsetzen kann, muss sich zeigen. Der Markt ist offen für smarte Retail-Lösungen. Gerade wenn sie Händler nicht in Unkosten stürzen.

Smarter Einkaufswagen: Amazon stellt das Dash Cart vor