Mit der Übernahme von Grassfish im Mai 2021 hat sich die strategische Ausrichtung verändert. Das nun integrierte Unternehmen will sich neu als weltweit führender Plattformanbieter für Digital In-Store aufstellen der bis 2024 mindestens 200 Mio SEK (20 Mio EUR) jährliche wiederkehrende Umsätze (ARR) erzielt. Die neue Strategie wurde vom Vorstand und dem Aufsichtsrat des Unternehmen in der vergangenen Woche beschlossen. Die neue Strategie beinhaltet auch eine neue Gruppenstruktur mit Fokus auf globaler Skalierbarkeit und Akquisitionen.
Von Westschweden in die Welt – neue Strategie für globales Wachstum
Durch die Übernahme des Wiener Digital Signage CMS-Anbieters Grassfish hat sich die Gruppe von einem regionalen Full-Service-Integrator in Skandinavien zu einem europäischen Plattformanbieter mit globalen Kunden entwickelt. Der Fokus auf Software-Plattform und weg von Hardware soll laut Vertiseit die Bedürfnisse globaler Marken erfüllen, bei denen die Plattform ein strategischer und integrierter Teil des digitalen Ökosystems ist. Mit dieser Verlagerung des Schwerpunkts soll das Geschäftsmodell nun global skalierbar werden und großes Wachstumspotenzial bieten. Im Gegensatz zu heute will das Unternehmen zukünftig mit wiederkehrenden SaaS-Umsätzen den größten Teil der Umsätze erzielen, da Hardware und Infrastruktur über Partner verwaltet werden.
Neue Holding-Struktur mit Fokus auf Grassfish
In der neuen Organisationsstruktur wird die börsennotierte Vertiseit AB nur noch als Holding-Unternehmen agieren und weitere Digital Signage-Übernahmen verantworten. CEO Johan Lind will das hohe Tempo an Übernahmen aufrechterhalten – sieben Übernahmen seit 2013. Dazu sollen sowohl Wettbewerber übernommen werden als auch Retail-Tech-Anbieter mit komplementären Angebot.
Das operative Digital Signage-Plattformgeschäft wird in der Grassfish-Tochtergesellschaft gebündelt. Damit wird auch das bisherige operative Vertiseit Digital Signage-Geschäft in Grassfish integriert. Der schwedische Digital Signage Software-Anbieter DISE bleibt als eigenständiges Unternehmen unterhalb der Holding bestehen und soll primär das CMS-Geschäft mit Integratoren ausbauen.
Ambitionierte Ziele
Vertiseit plant, bis 2026 der weltweit führende In-Store-Software-Anbieter zu sein, basierend auf Anzahl der SaaS-Lizenzen. Bereits bis 2024 erwartet der schwedische Digital Signage-Anbieter die wiederkehrenden Umsätze auf umgerechnet 20 Mio. Euro zu steigern. Dafür plant CEO Johan Lind ein durchschnittliches jährliches Wachstum (CAGR) von 25 % und eine EBIDTA-Marge Ende 2024 von mindestens 30%.
invidis Kommentar von Florian Rotberg
Vertiseit richtet nach der Grassfish-Übernahme das Unternehmen konsequent auf einen Plattform-Anbieter aus und passt sich damit dem Geschäftsmodell der Wiener an. Auch die international bekanntere Marke Grassfish wird ausgebaut, Vertiseit und DISE rücken in den Hintergrund. CEO Johan Lind verabschiedet sich ein Stück weit vom klassischen Integrator-Geschäftsmodell und wählt damit eine andere Strategie als die Big 4 (ZetaDisplay, Trison, M-Cube und Stratacache).
Die Grassfish Digital Signage- und Retail-Tech-Plattform wird zum zentralen Angebot, das primär direkt Großkunden angeboten wird. Für Partner bleibt beim gewählten ISV+-Geschäftsmodell weniger Platz, allein das margenschwächere Hardware- und Infrastrukturgeschäft (Installation, Betrieb, Service) sollen DS- und IT-Partner übernehmen. Der Kundenkontakt, die Konzeption und die Plattformanpassungen (APIs) liegen bei Grassfish. Dafür hat sich Grassfish in den letzten Monaten mit Konzeptions-Experten wie Thorsten Wien und Projektmanagern verstärkt. Grassfish hat bereits in den letzten 18 Monaten konsequent das Partnernetzwerk auf ausgesuchte strategische Partner wie Umdasch, Dobit, Cancom, Deloitte Digital, Bild und Ton, Trison und weitere reduziert.
Für das Geschäft mit klassischen Digital Signage-Integratoren setzt Vertiseit auf die Dise-Plattform. Das Digital Signage-CMS soll es den Schweden ermöglichen, auch weiter als CMS-Anbieter für Integratoren am Markt aktiv zu sein.
Die Wachstumsziele von Vertiseit sind ambitioniert und nur mit weiteren Übernahmen zu erreichen. Dass CEO Johan Lind – der nun in seiner neuen Rolle sich auf M&A fokussieren kann – dazukaufen und aktiv den Markt konsolidieren möchte, ist offensichtlich. Er hat bereits in der Vergangenheit dem Kapitalmarkt bewiesen, das er große Ziele vor Plan erreichen kann. Es bleibt sehr interessant zu beobachten, wie ein börsennotierter Marktteilnehmer mit den großen, von Finanzinvestoren gestützten Wettbewerbern mithalten kann.