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Lieferengpässe

Distribution gibt (noch) keine Entwarnung

Im ersten Halbjahr rund sechs Wochen mehr für das Digital Signage-Projekt einplanen: Die Liefersituation ist nach einer invidis-Umfrage unter Distributoren immer noch kritisch – und könnte wieder schlimmer werden.
Lücke in der Lieferkette: Container sind immer noch Mangelware. (Foto: invidis)
Lücke in der Lieferkette: Container sind immer noch Mangelware. (Foto: invidis)

Die gute Nachricht: Der Welthandel brummt wieder. Die schlechte: Die Lieferketten kommen nicht hinterher. Deshalb ist auch für die Digital Signage-Industrie bis ins zweite Halbjahr mit einem Mangel an Komponenten zu rechnen – das ist das Ergebnis einer invidis-Umfrage unter Digital Signage-Distributoren.

Mike Finckh, Geschäftsführer von Concept International, rät, im 1. Halbjahr rund 45 Tage mehr für die Lieferzeit von Digital Signage-Produkten einzuplanen. Im 2. Halbjahr seien es immer noch circa 20 Tage.

Michael Sänger, Vertriebsleiter für Exertis Pro AV, empfiehlt „eine vorausschauende und langfristige Planung von Projekten, gepaart mit einer frühzeitigen Rücksprache mit dem jeweiligen Distributor und Hersteller“. Dies ermögliche eine verlässliche und professionelle Planung. Ein weiterer Tipp von ihm: „Standardprodukte sollten in angemessener Stückzahl selbst bevorratet werden.“

Tanja Tschorn, Business Unit Director bei Tech Data Maverick AV Solutions, zur Lieferkettensituation (Foto: Tech Data Maverick)
Tanja Tschorn, Business Unit Director bei Tech Data Maverick AV Solutions, zur Lieferkettensituation (Foto: Tech Data Maverick)

Tanja Tschorn, Business Unit Director bei Tech Data Maverick AV, merkt an, dass schnelle Reaktionen auf Bedarf auch 2022 erschwert bleiben. Entsprechende üppig eingeplante Vorlaufzeiten für Projekte seien von Vorteil. „Tech Data Maverick AV Solutions begegnet der Situation mit entsprechendem Bestellverhalten und hofft auf Zuteilung durch unsere Hersteller“, betont sie gegenüber invidis.

Vieles hängt an China

Chip- und Halbleiterkrise, Containermangel sowie immer wieder pandemiebedingte gesperrte chinesische Häfen: Gerade der Handel mit Fernost bleibt angespannt – und kann sich auch wieder verschlimmern.

Laut dem Kiel Trade Indicator des Instituts für Weltwirtschaft stecken Anfang Februar rund 11 Prozent aller weltweit verschifften Waren in Staus an Häfen und auf Schiffen fest. Im Roten Meer, der wichtigsten Handelsroute zwischen Europa und Asien, sind rund 11 Prozent weniger Waren unterwegs als üblich.

Bisher drückt die Omikron-Welle vor allem auf Chinas Handelszahlen. Bei einer weiteren Ausbreitung stellt die strenge Null-Covid-Politik für die dortige Wirtschaft ein Risiko dar. Und das wiederum könnte Auswirkungen auf den Handel mit Europa haben – wenn Fabriken geschlossen oder ganze Häfen gesperrt werden.

Lieferengpässe: Chinas Häfen und Fabriken im Lockdown

„Das chinesische Neujahrfest und die Ausrichtung der Olympischen Spiele sind eine Bewährungsprobe für China, dass sich die pandemische Situation und damit auch der wirtschaftliche Ausblick nicht verschlechtert“, kommentiert Vincent Stamer, Leiter Kiel Trade Indicator.

Entspannung erst ab 3. Quartal

Doch unabhängig wie sich die Lage in China entwickelt: Entwarnung für reibungslose Bestellvorgänge kann noch nicht gegeben werden. Wer hoffte, dass 2022 grundsätzlich besser laufe als das vergangene Jahr, wurde enttäuscht.

„Die meisten Hersteller hatten mit einer Entspannung der Liefersituation im ersten Quartal 2022 gerechnet. Bedauerlicherweise ist dies so nicht eingetroffen und wird voraussichtlich auch bis zum dritten Quartal noch anhalten“, erklärt Michael Sänger.

Michael Sänger, Vertriebsleiter von Exertis Pro AV, zur Lieferkettensituation (Foto: Exertis PRO AV)
Michael Sänger, Vertriebsleiter von Exertis Pro AV, zur Lieferkettensituation (Foto: Exertis PRO AV)

„Ob sich die Liefersituation 2022 wahrnehmbar verbessert, wird weiterhin von der Flexibilität der Hersteller gegenüber Einschränkungen bei Komponenten abhängig sein“, erläutert Tanja Tschorn. “Einige haben dies seit Beginn der Pandemie besser gemacht als andere.“ Ob Verbesserungen im Supply-Bereich gleichermaßen verteilt, oder einzelne Schlüsselmärkte mit Zugewinnen bedient werden, stelle die nächste Variable dar.

Waren werden knapp bleiben

Blickt man auf die Entwicklung der nächsten Monate, sieht Mike Finckh eine Verbesserung der Situation um rund 20 Prozent.

Für Tanja Tschorn wird Ware weiterhin fließen, aber knapp bleiben. „Sollte sich die Regelmäßigkeit von Wareneingängen stabilisieren und deren Volumen zunehmen, beantwortet der Markt das mit gesundem Appetit.“

Mike Finckh, CEO von Concept International, zur Lieferkettensituation (Foto: Concept International)
Mike Finckh, CEO von Concept International, zur Lieferkettensituation (Foto: Concept International)

Michael Sänger führt aus: „Der internationale Containerhandel ist stark betroffen, da die Produktion einzelner Komponenten nach wie vor schleppend ist. An diesem Zustand wird sich voraussichtlich bis in die zweite Jahreshälfte nichts ändern.“ Je nach Verlauf der Pandemie und dem politischen Geschehen könne sich die Liefersituation auch nochmals deutlich verschlechtern. „Aktuell können wir sicherlich wieder auf Lockerungen und damit auf eine positive Entwicklung hoffen“, schließt der Exertis-Vertriebsleiter.

Somit ist nicht nur die Pandemie ein Risiko für die Lieferketten der Zukunft. Viele Faktoren werden die weitere Entwicklung bestimmen. Positive Signale für eine auf lange Sicht verbesserte Lage beim Chipmangel senden diverse europäische Initiativen der EU, darunter der European Chips Act, der mittels der Initiative „Chips for Europe“ Milliarden von Euro in die Chip-Produktion in Europa stecken will.

Lieferengpässe: Chip-Lieferprobleme noch bis 2023