Die Auseinandersetzungen um Out-of-Home-Reglementierungen auf lokaler Ebene gehen in eine neue Runde. Nach Genf und Zürich ist nun Biel an der Reihe. Die Stadt in der französischen Schweiz will zwar kein Verbot von Außenwerbungen, plant aber im Rahmen einer Totalrevision des Reklamereglements strenge Regeln zur Zweisprachigkeit. Eine entsprechende Beschlussfassung des Stadtrats vom 26. April wird am 18. Juni 2023 der Gemeinde zur Abstimmung vorgelegt. Stein des Anstoßes ist der Paragraf 5: Er sieht vor, dass neuerdings alle Reklamen in der Stadt grundsätzlich zweisprachig in den Amtssprachen Deutsch und Französisch ausgehängt werden müssen.
Heftige Kritik kommt aus den Reihen der Werbewirtschaft, die das Komitee „Nein zum Reklamereglement“ gegründet hat. In ihm sind unter anderem nationale Werbeverbände, lokale Parteien, der Handels- und Industrieverein sowie Bieler KMUs vertreten.
Im Zentrum der Kritik steht der Paragraf 5: Er sieht vor, dass neuerdings alle Reklamen in der Stadt grundsätzlich zweisprachig in den Amtssprachen Deutsch und Französisch ausgehängt werden müssen. Einsprachige Plakate, englische Werbeslogans oder multilinguale Botschaften wären gänzlich verboten und würden als Verstoß geahndet, teilte das Komitee in einer Mitteilung mit.
In der Stadt würden neben Deutsch und Französisch noch zahlreiche weitere Sprachen gesprochen, argumentiert das Komitee. Dabei seien heute bereits ohne Zwang etwa ein Drittel der Plakate in Biel auf Französisch und zwei Drittel in Deutsch gestaltet.
Englische Slogans nicht erlaubt
„Nach zwanzig Jahren spricht grundsätzlich nichts gegen die Aktualisierung des bestehenden Reklamereglements. Nur wurde mit dem neuen «Artikel 5» der Bogen mehr als überspannt. Von der lokalen und nationalen Wirtschaft wird neu verlangt, dass Plakate in Biel ‚zwingend‘ in den beiden Amtssprachen Deutsch und Französisch zu konzipieren sind», erklärt Roland Ehrler, Direktor SWA und Co-Leiter des Nein-Komitees.
Andere Sprachen, wie Italienisch oder Englisch, wären damit faktisch verboten. Davon sind auch Slogans wie „Ici c’est Bienne!“ des örtlichen Eishockeyclubs, des EHCB betroffen – dieser ist ebenfalls im Komitee vertreten. Betroffen wären ebenso Unternehmen mit englischsprachigen Slogans.
„Daran haben die Verfasser:innen des Reglements wohl nicht gedacht und staunen jetzt ein wenig über den Widerstand aus einem überparteilichen Komitee, der Wirtschaft und selbst vom EHCB», sagt Nadja Mühlemann, Geschäftsführerin des AWS und Co-Leitung des Nein-Komitees.
Durch die neue Regelung befürchtet das Komitee zudem höhere Kosten für Werbetreibende, die daraufhin ihr Werbeengagement reduzieren würden – auf Kosten der städtischen Einnahmen. Außerdem lehnt es eine „Sprachpolizei“ ab, die entstehen würde, wenn die geforderte Regel auch durchgesetzt werden müsste.
Am 26. Mai präsentierte das Nein-Komitee in einer Pressekonferenz seine Argumente gegen das geplante Reglement. Zudem ruft es die Bieler Bürgerinnen und Bürger auf, am 18. Juni mit gegen die Revision zu stimmen.
Zusätzlich startet die Organisation Ende Mai die Kampagne „Kein Sprachenzwang in Biel“, die unter anderem Plakate, digitale Spots und Flyer für die Bieler Haushalte umfasst. Weitere Information gibt es auf der Website www.vielfalt-biel.ch.