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Japan

Der (fast) unsichtbare Dolmetscher

Transparente Displays für verwirrte Reisende: In einer Bahnstation Tokios gibt es jetzt einen automatischen Übersetzungs-Service. Wer Hilfe braucht, bekommt die Antwort simultan in seiner Sprache auf dem Screen.
Übersetzungs-Service im Bahnsystem Tokios mittels transparentem Display (Foto: Seibu Railway)
Übersetzungs-Service im Bahnsystem Tokios mittels transparentem Display (Foto: Seibu Railway)

Der japanische Bahnbetreiber Seibu Railway testet gerade ein „Translation Window“ am Servicedesk der Station Seibu-Shinjuku in Tokio. Das sogenannte Fenster ist ein transparenter Screen, der mit einer Übersetzungssoftware bespielt ist. So wird er zum fast unsichtbaren Dolmetscher zwischen dem Mitarbeiter am Informationspunkt und dem Reisenden, der sich im Metro-Geflecht Tokyos zurechtzufinden sucht.

Der Service-Mitarbeiter ist hinter dem Screen gut sichtbar. Auf beiden Seiten ist ein Mikrofon angebracht; auf der Seite der Reisenden liegt ein kleines Tablet, auf dem man eine von 11 Sprachen auswählen kann. In dieser Sprache stellt der Reisende dann seine Frage – dem Mitarbeiter wird sie auf dem Screen in japanisch übersetzt angezeigt. Dieser antwortet wiederum auf japanisch, während die Software die Antwort in der Sprache des Reisenden auf den Screen überspielt.

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OLED oder transparentes LCD?

Die Konversation sieht auf dem Screen so ähnlich aus wie ein Chatbot. Das integrierte System nennt sich Voicebiz UC Display und stammt vom japanischen Unternehmen Toppan. Nicht ganz ersichtlich ist, welche transparente Display-Technologie im Translation Window steckt. Dave Haynes vom invidis-Partner Sixteen-Nine tippt auf LCD. Das sei günstiger und würde von der Farbintensität im eher dunklen U-Bahn-Umfeld ausreichen.

Die Voicebiz-System unterstützt 12 verschiedene Sprachen inklusive japanisch. „Toppan bot ursprünglich eine Übersetzungs-App namens Voicebiz an“, sagt Tomoaki Nosaka, Leiter des Zentrums für soziale Innovation bei Toppan, gegenüber der Japan Times. „Aber wir haben erkannt, dass wir durch die Implementierung unserer Übersetzungsmaschine auf einem transparenten Display ein universelles Design schaffen können, das die Kommunikation sowohl mit Ausländern als auch mit Menschen mit Hör- oder Sprachbehinderungen erleichtern könnte.“

Auch Hörbeeinträchtigte profitieren

Für Menschen mit Hörschwierigkeiten funktioniert das System auch rein in japanisch. Für Gebärdensprecher gibt es zusätzlich ein Keyboard, über das sie ihre Frage eingeben können. Nach Angaben der Japan Times will die Stadt Tokio mit dem Hersteller Toppan auch für die Vorbereitung der Deaflympics 2025 zusammenarbeiten.

Seit Anfang Juli läuft in der Seibu-Shinjuku-Station eine dreimonatige Testphase für das Translation Window. Die offizielle Einführung soll im Oktober folgen. Je nach Ergebnis der Testphase wird Seibu Railway den transparenten Übersetzungs-Screen auch auf andere Stationen ausweiten.

Laut einem Reuters-Bericht kamen im Monat Juli rund 2 Millionen Menschen nach Japan – ein Spitzenwert seit Ausbruch der Pandemie 2019. Speziell aufgrund des schwachen Yens reisen derzeit viele Europäer und Amerikaner in den Inselstaat. Die Seibu-Shinjuku-Station durchqueren täglich circa 135.000 Fahrgäste. Da sie auf dem Weg zur Touristenattraktion Harry-Potter-Park liegt, sind hier üblicherweise viele Ausländer unterwegs.

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