Die rund 800 Speaker und 650 ausstellenden Unternehmen (darunter 150 Agenturen) zogen 40.000 Fachbesuchern in die Kölner Messehallen. Über zwei Tage sorgte das Programm für volle Hallen und trotz Herausforderungen im Werbemarkt für gute Stimmung. Doch im Vergleich zum Vorjahr konnte die Messe nicht zulegen, der Wettbewerb durch die OMR in Hamburg und die post-pandemische Wirtschaftskrise bremsten das erhoffte Wachstum. Auf die Digital X kamen nach Angaben der Veranstalter 60.000 Besucher.
KI mehr Chance als Bedrohung
Ob für das Marketing, die digitale Transformation oder die gesamte Gesellschaft – Künstliche Intelligenz hat riesiges Potenzial. Darin waren sich die meisten Speaker der Dmexco 2023 übergreifend einig. Aude Gandon, Global CMO bei Nestlé, zeigte sich in ihrer Keynote überzeugt, dass KI Kreativität neu erfinde. Entscheidend sei, die „eigenen grundlegenden Marketingfähigkeiten beizubehalten und sie mit den aktuellen Werkzeugen zu verstärken.“ Gaurav Bhaya, Vice-President bei Google, griff in seiner Rede eine zentrale Sorge auf, dass Künstliche Intelligenz Menschen den Arbeitsplatz streitig mache: „Marketer konkurrieren nicht gegen die KI. Sie konkurrieren mit anderen Marketern, die KI einsetzen.“
Ute Hildebrand, Managing Director Continental Europe bei Hotwire, fordert ein positives Zielbild für die Gesellschaft: „Wir müssen ein Narrativ für KI finden, das nicht nur monetär oder dystopisch geprägt ist.“ Samir Fadlallah, CIO bei Axel Springer, sieht hier die Medienhäuser in einer zentralen Rolle, vor allem im Kampf gegen Fake News: „Wir müssen uns als vertrauenswürdige Quelle etablieren.“
Extreme Dynamik im Retail Media
„Retail Media ist eine Welle, die gerade noch am Anfang steht, aber den Markt in den nächsten Jahren überrollen wird,” prognostizierte Patricia Grundmann, Vorsitzende des Retail Media Circle im BVDW und Geschäftsführerin der Obi First Media Group. Für die stellvertretende OWM-Vorsitzende Maike Abel muss die Gattung allerdings noch einige Hausaufgaben machen, bevor sie richtig durchstarten kann: „Retail Media ist Media. Händler werden dabei zu Publishern und stehen damit in Konkurrenz zu allen bekannten Medienhäusern. Deshalb brauchen wir eine Vergleichbarkeit der Kanäle, Transparenz der Kennzahlen und eine Trennung zwischen Media- und Salesgesprächen.” Abel forderte außerdem ein Joint Industry-Comittee, das vermarkterübergreifende Standards festlegt und einen Code of Conduct für Retail Media. Ob und wie die Werbung im Handel auch für markenbildende Maßnahmen eingesetzt werden kann, war auch für Kristina Bulle von Procter & Gamble noch offen. Für sie muss Retail Media dazu beitragen, dass „Produktkategorien insgesamt wachsen und es nicht nur zu Marktanteilsverschiebungen innerhalb der Produktbereiche kommt”.
DooH im Auto
Das jüngst von Sir Martin Sorrells S4 Capital Group co-finanzierte Unternehmen 4screen präsentierte Anwendungsbeispiele für In-Car-Marketing. Auch Tesla zeigte auf der Dmexco die vielfältigen Integrationen multimedialer digitaler Anwendungen in seinen neuen Fahrzeugen.
Mit Hollywood-Prominenz wie George Clooney, Musiker Bjoern Ulvaeus von Abba und der Zukunftsforscherin Amy Webb punktete die zeitgleich stattfindende Digital X, die europäische Digitalisierungsinitiative der Deutschen Telekom AG. Dmexco und Digital X eint das Mindset, Digitalisierung weiter voranzutreiben. Damit war Köln am 20. und 21. September durch die Kooperation beider Events – sowohl in der Innenstadt als auch auf dem Messegelände – eine perfekte Plattform für internationale Tech- und Digital-Experten.