Anzeige
AI und Signage

Alte Helfer und neue Testkaninchen

Generative-AI-Plattformen haben eine Schockwelle in der Branche ausgelöst. Das Potenzial ist enorm: Inhalte selbst produzieren und den Netzwerkbetrieb komplett automatisieren. Viele Unternehmen testen das bereits.
Neue AI-Tools verändern gerade die gesamte Digital Signage-Wertschöpfungskette. (Foto: Gerard Siderius/Unsplash)
Neue AI-Tools verändern gerade die gesamte Digital Signage-Wertschöpfungskette. (Foto: Gerard Siderius/Unsplash)

Durch Computer-Vision-Anwendungen sind Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen bereits seit langem Teil von Digital Signage und DooH. Das plötzliche Aufkommen und Wachstum von ChatGPT-Tools löste aber Diskussionen und auch erste Anstöße in der Forschung und Entwicklung darüber aus, wie man AI breiter anwenden kann.

Über den Autor

Dave Haynes ist Gründer und Publisher bei Sixteen-Nine, einer führenden englischsprachigen Fachwebsite für Digital Signage. Sixteen-Nine und invidis consulting führen eine Content-Partnerschaft.

Wie in den meisten Branchen, in denen die Datenverarbeitung eine zentrale Rolle spielt, werden die neuen AI-Tools alles verändern – vom kreativen Schaffen bis hin zum Planen und Überwachen.

Generative AI kann nicht nur Bilder erzeugen und Texte schreiben, sie kann auch Arbeitsabläufe beschleunigen und optimieren oder Alltagsaufgaben an Maschinen übertragen.

Mehr im invidis Jahrbuch

Dieser Artikel ist Teil des invidis Jahrbuchs 2023. Hier geben wir einen kompletten Jahresüberblick über den Digital Signage-Markt. Laden Sie sich das Jahrbuch 2023 in unserer Downloadsektion herunter, um sich über alle großen Entwicklungen und Trends zu informieren.

invidis Yearbook 2023: Das Jahrbuch zum Download

AI und Signage – alte Bekannte

Bei Analyse-Tools, die das Publikumsverhalten messen, ist AI bereits zentraler Bestandteil. Solche Lösungen werden bereits seit Jahren im Digital Signage- und DooH-Bereich verwendet, insbesondere die des französischen Unternehmens Quividi und des Miami-Start-ups Ad Mobilize. Ihre Plattformen nutzen AI für die Echtzeit-Analyse von Kamera-Feeds, die in der Nähe von Displays angebracht sind. Damit bekommen Netzwerkbetreiber einen Einblick, wer sich in der unmittelbaren Umgebung der Displays befindet. Algorithmen zur Mustererkennung geben Aufschluss darüber, wie lange eine Person auf den Screen schaut und wie sich das Publikum in bestimmten Zeiträumen verändert.

Ähnliche Technologien setzt man ein, um Betriebsabläufe zu unterstützen: um Besucher eines Sportevents über Screens zu den kürzesten Warteschlangen zu leiten, um Reisende über die geschätzte Wartedauer an den Security-Checks am Flughafen zu informieren oder ähnliches.

Einzelhändler und Veranstalter nutzen AI auch, um zu erfahren, welche Wege ihre Besucher nehmen. Hierbei verwendet man Tools wie Wärmemusterkarten, die zeigen, wo Dinge wie Info-Boards am hilfreichsten wären.

QSR-Giganten wie McDonald’s verwenden AI bereits, um Kundenmuster zu analysieren und auf dieser Basis variable Werbeaktionen und Menüs im Drive-Thru auszuspielen, die auf das jeweilige Fahrzeug zugeschnitten sind.

Die konkurrierende Burger-Kette Wendy’s gab kürzlich bekannt, dass sie mit Google Cloud an einer Lösung namens Fresh AI arbeitet. Es handelt sich dabei um eine Art AI-Chatbot, der den Bestellvorgang im Drive-Thru optimiert. Derzeit testet Wendy’s den Service in einer Filiale in Columbus, Ohio. Autofahrer, die sich an der Bestellstation vor den digitalen Menü-Boards befinden, können ihre Essenswünsche an einen Bot statt an einen Mitarbeiter richten.

Welle von neuen Tools

2023 wurde eine Welle neuer ChatGPT/AI-gesteuerter Tools angekündigt, die als zeit- und kostensparend angepriesen wurden – vom Erstellen fotorealistischer Bilder aus Textvorgaben bis hin zum Schreiben von Blogbeiträgen und dem Erstellen von Marktforschungsergebnissen.

Im kreativen Arbeiten ist die AI-Anwendung eindeutig: Man nutzt sie, um Bilder für seine jeweiligen Displays oder für die Marketingmaterialien verschiedener Anbieter zu generieren. In der Kunst hat sich Generative AI bereits etabliert: Kreative erschaffen damit datengesteuerte Kunstwerke auf großen Videowänden, die sich ohne Eingreifen des Künstlers ständig verändern.

Das Wissen und die Fähigkeiten, die für solche Projekte nötig sind, lagen bisher in den Händen einer Handvoll spezialisierter Künstler und Agenturen. Doch mit dem Aufkommen von AI-Tools wird diese Fähigkeit allmählich zur Massenware.

Revolution in der Content-Erstellung

Auf ähnliche Weise bieten viele Digital Signage-CMS-Softwareplattformen und Anbieter von Abonnement-Inhalten seit langem integrierte, vorlagengesteuerte Tools und Bildbibliotheken an, mit denen sich digitale Botschaften relativ schnell und einfach erstellen lassen. Doch jetzt gibt es AI-basierte Videotools, mit denen sich ganze 60-Sekunden-TV-Spots und sogar Filme mit virtuellen Schauspielern erstellen lassen. Die ersten Versionen sind noch fehlerhaft und bisweilen bizarr, aber sie werden besser – und wahrscheinlich schnell.

„Wir sehen in AI ein enormes Potenzial, Digital Signage zu revolutionieren“, sagt Mark McDermott, CEO des britischen CMS-Anbieters Screencloud. „Wir nähern uns dieser Chance von zwei Seiten: zum einen durch das Hinzufügen von AI zur Verbesserung des aktuellen Produktangebots, zum anderen durch einen radikaleren AI-first-Ansatz.“

Die Entwickler von Screencloud programmierten Funktionen wie das AI-gestützte Hochskalieren von Bildern. Damit lassen sich auch kleinere Bilder für große Screens verwenden. Außerdem fügten sie ihrem CMS das automatisierte Zusammenfassen von Inhalten mit ChatGPT hinzu, wodurch Texte in Display-taugliche Schriftsätze verwandelt werden.

Laut Mark McDermott testet sein Team auch Sprachschnittstellen und AI-generierte Apps. „Die Idee ist: Was wäre, wenn wir einfach das Display nach unseren Wünschen fragen und die AI so gut trainieren könnten, dass sie herausfindet, wie man den Code schreibt und die Teile zusammenfügt, um den Wunsch zu realisieren.“

Einfach ausgedrückt: Die Produktion Display-tauglicher Inhalte rückt in greifbare Nähe.

Der Lösungsanbieter Freshwater Digital aus Michigan testet ebenfalls eine Methode, die ChatGPT für die Content-Automatisierung nutzt. „Der erste Spot, den wir gerade testen, ist eine Vorlage, die sich auf Kochtipps konzentriert“, sagt Jon Dodge, Präsident von Freshwater. „Die Vorlage bezieht aktualisierte Tipps über die ChatGPT-API-Integration. Jedes Mal, wenn der Spot in einer Wiedergabeliste in Rotation geht, wird automatisch ein neuer ‚Tasty Tip‘ generiert.“

Hinter den Kulissen

Was auf dem Display erscheint – die hübschen Bilder – erhält in der Regel die meiste Aufmerksamkeit, aber das wirkliche Potenzial für AI-Tools liegt vielleicht hinter den Kulissen: auf der operativen Seite von Digital Signage- und DooH-Netzwerken.

AI-Tools bieten Möglichkeiten zum Optimieren von Abläufen und zum Verbessern geschäftskritischer Aktivitäten, indem sie routinemäßige, alltägliche Aufgaben an Maschinen übertragen.

Mit AI …

  • wird die Planung wahrscheinlich schneller und einfacher, und wahrscheinlich viel flinker und reaktionsfähiger;
  • wird die Überwachung intelligenter und reaktionsschneller;
  • werden datengesteuerte Vorlagen immer ausgefeilter und automatisierter;
  • werden die Faktoren, die Inhalte informieren, formen und auslösen, umfassender und schneller
  • werden Bilder durch eine tiefgreifende Analyse und Optimierung des Videomaterials bis hin zum Einzelbild noch besser aussehen
  • wird kreativer Content einfacher zu verwalten sein, da Video- und Audiomaterial innerhalb der einzelnen Inhalte viel besser durchsuchbar sind

Jeff Hastings, CEO von Brightsign, dessen Unternehmen Mediaplayer für Digital Signage und unterstützende Software herstellt, setzt AI bereits auf zwei sehr unterschiedliche Arten mit seinem Team ein. Automatisiert werden zum Beispiel diejenigen Aspekte der Software-Erstellung, die sich alltäglich wiederholen.

Sein Team arbeitet auch an AI-gesteuerten Vertriebstools für Integratoren oder Lösungsanbieter, die Brightsign-Produkte einsetzen oder verkaufen. Wenn sie die Parameter für ein potenzielles Projekt in das Tool eingeben, erhalten sie eine fertige Verkaufspräsentation oder ein Angebot, das auf den Zielkunden zugeschnitten ist und das passende Brightsign-Produkt enthält. „Es ist noch zu früh, aber wir haben es schon so weit gebracht, dass man es um eine einfache Präsentation bitten kann, und das Programm stellt sie zusammen“, sagt Jeff Hastings.

Vielleicht später

KI bietet zwar ein enormes Potenzial für Kosten- und Zeiteinsparungen, birgt aber auch Datensicherheitsrisiken, die zumindest einige Unternehmen davon abhalten werden, die Technologie weiterzuentwickeln. „Wir werden auf keinen Fall irgendeinen Code oder eine Funktion auf diese Plattformen bringen“, sagt ein leitender Angestellter eines Software-Unternehmens, das mühsame Audits und Zertifizierungen im Umgang mit Daten durchlief. „Es gibt im Moment absolut keine Sicherheit, wo irgendetwas in diesem System landet.“

Die Sorgen drehen sich um das Risiko, dass Mitarbeiter sensible Geschäftsdaten und datenschutzrechtlich geschützte Informationen an Dienste wie ChatGPT übermitteln, um damit Kosten zu senken. So könnten die sensiblen Informationen absichtlich oder versehentlich von anderen abgerufen werden.

Unternehmen, die die großen AI-Sprachmodelle betreiben, arbeiten jetzt an Mechanismen, die den Zugang zu sensiblen Daten einschränken oder blockieren, und an Antworten von AI-Bits, die Anfragen nach solchen Informationen abweisen.