Es kommt nicht jeden Tag vor, dass die deutsche Nachrichtenseite Spiegel Online über Nachhaltigkeitsbemühungen herzieht. Aber als das Medium kürzlich einen Artikel mit „Der Irrsinn der Nachhaltigkeitsberichte“ überschrieb, traf es sicherlich den Nerv vieler Manager.
Der Onlineartikel bezieht sich auf die neue EU-Richtlinie zur Berichterstattung von Nachhaltigkeit (CSRD), die Anfang des Jahres in Kraft getreten ist. 50.000 Unternehmen werden in den nächsten Jahren schrittweise gezwungen sein, einen Nachhaltigkeitsbericht als Teil ihrer regulären Finanzberichterstattung zu erstellen. Die Berichterstattung wird neue Arbeitsweisen und zusätzliche Ressourcen erfordern und von vielen als Belastung empfunden werden, selbst wenn sie erfolgreich in die übergreifenden Strategien eines Unternehmens integriert werden kann.
Hinzu kommt, dass viele Unternehmen zum ersten Mal überhaupt über Nachhaltigkeit berichten werden, ohne Erfahrung, auf die sie sich stützen können. Während es für einige ein hartes Erwachen sein wird, haben andere bereits die ersten Schritte unternommen.
Entwicklungsstand unterschiedlich
In der Digital-Signage-Branche sortieren sich Erfahrene und Anfänger sehr einfach. Wenn man sich die Nachhaltigkeitsberichte der Branche ansieht, stehen die großen Hardware-Unternehmen bei weitem an der Spitze: weil sie groß, global und nah am Endverbraucher sind. Sie haben angemessene Routinen zur Messung ihres CO2-Fußabdrucks eingeführt, einen Netto-Null-Pfad definiert und eine umfassende Berichterstattung eingeführt. Werfen Sie einen Blick auf die 100 Nachhaltigkeitsseiten von LG oder die 128 Seiten von Samsung – beide sind eine beeindruckende Sammlung von Daten und Strategien.
Bei den größeren internationalen Integratoren und Agenturen haben alle mit der Berichterstattung begonnen, allerdings in sehr unterschiedlichem Tempo. Während beispielsweise Zetadisplay, Cancom, Omnicom und First Impression bereits den CO2-Fußabdruck erheben, stellen andere eher allgemeine Informationen über Zertifizierungen oder die Unternehmensführung zur Verfügung.
Mittelgroße nationale Integratoren haben einen gesteigerten Nachholbedarf. Sie befassen sich in der Regel mit Nachhaltigkeitsanforderungen erst, wenn sie sich an größeren Ausschreibungen beteiligen oder wenn sie von internationalen Kunden bei ihren jährlichen Lieferantenbewertungen dazu gezwungen werden. In diesem Segment geht man neue Vorschriften kreativ an und löst die Herausforderung von Fall zu Fall.
Ab auf die Agenda
Die größte Überraschung in unserer begrenzten Analyse der Branche lag jedoch im Bereich Software. Der Nachhaltigkeitsreifegrad ist eher gering, da einzig Broadsign Nachhaltigkeit als strategische Herausforderung angenommen hat und ein umfassendes Programm geschnürt hat. Andere größere Unternehmen befassen sich zwar mit dem Thema Nachhaltigkeit, sind aber noch nicht weitergekommen. Allen fehlt es an angemessenen Berichtsabläufen – sei es auf freiwilliger Basis, um zu zeigen, dass das Unternehmen das Thema ernst nimmt, oder auf Nachfrage, um gesetzliche oder Kundenanforderungen zu erfüllen.
Infolge der fortschreitenden Konsolidierung der Branche und der gestiegenen Anforderungen der Endkunden – die ihre Lieferantenbasis bewerten müssen – wird der Druck auf die Digital Signage-Branche in Sachen Nachhaltigkeit drastisch zunehmen. Wenn wir an die These glauben, dass wir uns in einer geschäftskritischen Branche befinden, sollte das Thema auf der Agenda jedes Unternehmens stehen. Mit größerer Bedeutung kommt schließlich auch größere Verantwortung.
Über den Autor
Daniel Oelker ist der Green Signage-Experte von invidis. Der invidis impact-Partner und ehemalige Zetadisplay-CCO analysiert die Branche hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeitsauswirkungen und schreibt regelmäßig über die Fortschritte auf invidis.de.