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invidis consulting Analyse

Fusion von Enqii und Minicom

Derzeit durchlebt der weltweite Digital Signage Markt eine Phase des Aufbruchs. Auf der Nachfrageseite: Business Modelle für werbefinanzierte Digital Signage Netzwerke bewähren sich am Markt. Auf Anbieterseite steigt der Margendruck, da nun auch die Digital Signage B2B Hardware Commodity geworden ist und sich die Gewichtungen in der Wertschöpfungskette fundamental verschieben.

Warum fusionieren Enqii und Minicom Digital Signage?

Die Fusion der beiden Digital Signage Marktplayer ist eindeutig strategisch getrieben. Beide Anbieter sind mit ihrem jeweiligen Produktportfolio gut in ihrem Teilmarkt positioniert und profitabel. Doch die zukünftigen Kundenanforderungen für Digital Signage Player liegen im ganzheitlichen Ansatz und einem weltweiten Angebot. In den Augen des hochspezialisierten Last Mile Infrastruktur Anbieter  aus Israel und des Digital Signage CMS Softwarehaus aus London mit fast ausschließlichem Fokus auf Nordamerika, können sie jeweils alleine diese Anforderungen der Zukunft nicht erfüllen.

PDF Download invidis Management Analyse Merger Minicom Enqii

Das nun auf Digital Signage fokussierte neue Unternehmen kann  weltweit spezifische Branchenexpertise anbieten über die globale Konzerne wie IBM oder HP nicht verfügen. Der kombinierte Umsatz von Enqii-Minicom wird im Branchenvergleich noch in keiner neuen Liga spielen. Aber Enqii-Minicom zählt sicherlich nun zum am besten finanzierten Marktteilnehmer mit großem Wachstumspotential.

Beide Unternehmen verbindet ein ähnlicher internationaler Geist. Minicom Digital Signage wurde  vor einem Jahr als eigenes Unternehmen aus der Minicom Advance Systems ausgegliedert. Von Jerusalem aus erreichte das Team von gerade einmal 30 Mitarbeitern mit über 100 Partnern einen weltweiten Footprint. Auch Enqii hat sich in den zwölf Jahren seit Gründung von London aus organisch und durch Übernahmen weltweit eine bedeutende Präsenz aufgebaut – wenngleich auch mit großem Schwerpunkt in Nordamerika. In Kontinentaleuropa ist Enqii dieser Schritt nicht gelungen. EMEA ist aber sicherlich die Stärke von Minicom DS.

Beide Unternehmen setzen auf indirekten Vertrieb und können nun über ein konsolidiertes 150 Distributoren umfassendes weltweites Netzwerk ihre Produkte und Dienstleistungen vertreiben. Doch um ein volles eigenes Digital Signage Ökosystem anzubieten bedarf es noch einiger Ergänzungen. Ob durch Partner, organisches Wachstum oder durch Zukäufe steht allerdings noch nicht fest. In jedem Fall stehen regionalspezifische Produkte wie Content und Installation nicht auf der Liste. Hier will man von Anfang auf die Expertise von Partnern setzen.

 

Was bedeutet das für die Digital Signage Industrie? Verabschiedet sich Minicom DS von der Last Mile?

Für Bestandskunden ändert sich sofort wahrscheinlich erst mal nicht viel. Beide Unternehmen werden ihre Produkt- und Roadmap wie geplant ausbauen. Minicom DS setzt neben den traditionellen Last Mile Produkten dabei stark auf die Screengate Mangement Lösungen sowie die Streaming Produkte. Die Last Mile bleibt eine wichtige Säule. Enqii baut auch zukünftig auf die Engage CMS Lösungen mit Fokus Interaktivität im Retail und Measurement im Werbenetzwerkumfeld.

Entscheidend verändert sich allerdings der Marktzugang, sodass Enqii Produkte nun auch verstärkt in Europa angeboten werden und Minicom auf die starke Basis von Enqii in Nordamerika setzen kann.

Wir sind der Meinung, dass der Merger auch vor allem auf die gegenseitige Integration der Produkte zielt. Minicom DS wird Screengate Management Lösungen in Enqiis Engage CMS integrieren und unterstützt somit eine zusätzlich Plattform neben den bereits vorhandenen Kooperationen mit Scala und anderen CMS Anbietern.

Welche Risiken sind mit der Fusion verbunden?

Eine Fusion bietet neben vielen Vorteilen auch Risiken. Zu allererst menschelt es gerne. Bei Minicom und Enqii treffen mit Ronni Guggenheim und Ajay Chowdhury zwei langjährige Digital Signage Experten aufeinander. Doch die Zusammenarbeit läuft nach Aussagen aus investorennahen Kreisen problemlos und auf Augenhöhe. Und auch die neue Aufgabenverteilung lässt wenigstens auf dem Papier genug Freiraum für beide.

Schwieriger ist sicherlich die Herausforderung einen wirklich globalen Digital Signage Player  zu etablieren. Bis auf wenige Ausnahmen (Scala) hat das bisher noch keiner geschafft. Im Falle Enqii Minicom werden neben dem investorenfreundlichen Unternehmenssitz New York auch Jerusalem sowie London, Toronto und Zürich unter einen Hut zu bringen sein. Doch das Management beider Unternehmen bleibt an Bord und somit auch die regionale und kulturelle Expertise.

Schon in diesem Jahr muss das fusionierte Unternehmen beweisen, dass eins plus eins mehr als zwei ergibt. Viele Fusionen hatten so ihre Schwierigkeiten auch tatsächlich Synergien zu heben und durch einen gemeinsamen Marktauftritt zusätzliche Umsätze zu generieren. Mit dem traditionellen Produktangebot von Minicom DS wäre das wohl schwierig – die neuen Management Solutions und Streaming Adapter bieten sicherlich mehr Potential.

Dennoch bestehen Risiken in Bezug auf Veränderung in der Wertschöpfungskette. CMS verlieren seit Jahren an Bedeutung innerhalb des Digital Signage Ökosystems. Integratoren bauen zu Lasten der Softwareanbieter ihren Footprint aus. Der Mehrwert und somit die Umsätze werden auf Integratoren Seite erzielt.

Darüber hinaus ist der globale Digital Signage Markt sehr hetrogen, komplex und bisher weitgehend von regionalen Spezifika geprägt. Grenzüberschreitende Player haben jenseits der Hardware (Displays, PCs etc) sich bisher wenig etablieren können.

Wer sind die Investoren hinter Enqii-Minicom?

Die Tatsache, dass die beiden Gesellschaften Enqii und Minicom Digital Signage in ein neugegründetes Unternehmen im investorenfreundlichen New York zusammengeführt werden, zeigt, welche Rolle bei dieser Fusion die Investoren im Hintergrund gespielt haben. Jerusalem Venture Partners  und Aviv (beide Minicom DS) sowie die Enqii Investoren Wellington und Amadeus verwalten zusammen Unternehmensbeteiligungen im Wert von mehr als 2,8 Mrd USD – größtenteils in Technologieunternehmen.

Ein gutes Zeichen ist sicherlich, dass alle Investoren beim fusionierten Unternehmen an Bord bleiben und weitere Finanzmittel zur Verfügung stellen. Im Rahmen der Fusion wurde unter der Führung von JVP zusammen von allen Investoren eine Wachstumsfinanzierungsrunde realisiert. Die nun vorhandenen zusätzlichen Finanzmittel sollen sowohl für die Expansion des gegenwärtigen gemeinsamen Lösungsangebots genutzt werden als auch die notwendigen Mittel für weitere Zukäufe bieten.

Somit steht Enqii-Minicom eine im Branchenvergleich sehr solide Finanzierung zur Verfügung.

Wie stellt sich die neue Enqii-Minicom Digital Signage personell auf?

CEO von Enqii-Minicom wird Ajay Chowdhury (New York), President Ronni Guggenheim (Zürich). Die Position des künftigen CFO bekleidet Ofer Dar (Jerusalem). Die Marktverantwortung für Nordamerika liegt paritätisch bei Stuart Armstrong (Enqii) und Amir Shaked (MDS). Ronni Guggenheim übernimmt zusätzlich die Marktverantwortung für EMEA und in Jerusalem zeichnet sich Mordy Hilu für Forschung & Entwicklung und Moti Gubermann für das Tagesgeschäft verantwortlich.

Das Gesamtteam an allen sechs Standorten umfasst ca. 60 Mitarbeiter.

Das Board (in etwa vergleichbar mit einem Aufsichtsrat) wird von Shlomo Nimrodi geleitet, der bisher bereits auch schon im Minicom DS Board die Interessen des Hauptinvestors JVP vertreten hat.

Wie positioniert sich Enqii-Minicom zukünftig am Markt?

Das fusionierte Unternehmen setzt sich zum Ziel der führende ganzheitliche Digital Signage Anbieter mit weltweiter Präsenz zu sein. Doch neben organischem Wachstum und möglichen weiteren Zukäufen wird man in New York und Jerusalem die enge Kooperation mit allen wichtigen Marktplayern weiterhin suchen und ausbauen. Ein neuer gemeinsamer Markenauftritt ist geplant, um die Fusion nach außen zu kommunizieren.

 

 

Schlussfolgerung

Das Minicom Digital Signage Produkt- und Service-Portfolio wird durch den Enqii-Merger nicht nur um ein CMS sondern auch um weltweite Präsenz verstärkt. Auch wenn der Schritt als eine gleichberechtigte Fusion gelebt wird, ist die treibende Kraft JVP in Jerusalem. Gadi Tirosh, General Partner bei JVP, hat die Vision eines globalen End-to-End Anbieters um den Nukleus Minicom DS zusammen mit Ronni Guggenheim in den letzten zwölf Monaten vorangetrieben.

Der neue Markenauftritt, der in ein paar Wochen gelaunched werden soll, wird frei von bisherigen Traditionen den globalen Anspruch widerspiegeln.

Für die Digital Signage Industrie sind cross-border Fusionen ein wichtiges Signal, dass der Markt reif wird. Für die weltweit tausenden Digital Signage CMS Anbieter heißt es allerdings spätestens jetzt, die eigene Strategie zu überdenken. Die großen Anbieter – ob nun Full Service wie Enqii-MDS oder Anbieter wie Scala mit großem Partner Ökosystem – werden den Markt entscheidend prägen.

Florian Rotberg ist Analyst und Geschäftsführer bei invidis consulting.

invidis consulting berät und unterstützt Unternehmen bei der strategischen globalen  Ausrichtung im Digital Signage Markt, veranstaltet die führende EMEA Digital Signage Strategie Konferenz vom 14-16 September in München und ist Gründungsmitglied des EMEA Digital Signage Verbandes OVAB Europe.

 

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