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Corona-Krise

Fiebertestwahn und Datenschutz

Ob Apple-Store, EDEKA-Supermarkt, Flughäfen oder Unternehmenszentralen – der Fiebertestwahn treibt durch Deutschland. In China ist das Post-Corona Leben ohne mehrmalige tägliche Fiebertests nicht mehr vorstellbar. Die Technologie ist weit verbreitet und günstig auch in Europa verfügbar, aber eine datenschutzkonforme Umsetzung ist sehr schwierig.
Apple Store, H&M, TKMaxx und andere bleiben noch geschlossen (Foto: invidis)
Apple Store, H&M, TKMaxx und andere bleiben noch geschlossen (Foto: invidis)

Apple hat mit der Wiedereröffnung der eigenen Stores weltweit die Fiebermessung aller Kunden eingeführt. Wer der Apple Store betreten möchte wird am Eingang auf Fieber mit einem Digitalthermometer kontrolliert. Eigentlich ganz einfach und in vielen Ländern weltweit akzeptiert als Teil der „neuen Realität“. Doch Apple geriet mit der Einführung der Maßnahme in einen „perfekten Sturm“ – die öffentliche Aufregung ist groß, nachdem Datenschutzbeauftragte bundesweit Zweifel an der Konformität der Maßnahmen angemeldet haben.

Corona-Krise: Apple Stores öffnen wieder mit Temperaturcheck

Datenschutzrechtlich unbedenklich sind Fiebertests von der öffentlichen Hand wie Gesundheitsämter oder beauftragten Privatunternehmen im behördlichen Auftrag zum Beispiel an Flughäfen. Anders sieht es am Store-Eingang oder vor betreten der Unternehmenszentrale aus. Hier kann es laut vieler Experten leicht zu Verstößen gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) kommen sobald auch nur eine theoretische, indirekte Verknüpfung von Fiebertest mit einer Person möglich ist. In der Nähe angebrachte Überwachungskameras oder Badgescanner an Personenvereinzelungsanlagen können schon kritisch in Bezug auf die DSGVO sein.

Der Frankfurter Fachanwalt Prof. Dr. Joachim Schrey von der renommierten Kanzlei Noerr „Allenfalls dann, wenn die Messung vollkommen ohne Protokollierung der gemessenen Temperaturen erfolgt, und auch ansonsten jegliche – auch nachträgliche – Zuordnungsmöglichkeit gemessener Werte zu individuellen Personen ausgeschlossen werden kann, sind die gemessenen Werte keine personenbezogenen Daten im Sinne der DS-GVO mehr. Infrarotkamera-Aufnahmen werden jedoch typischerweise gespeichert, was eine persönliche (nachträgliche) Identifikation in aller Regel möglich macht.”

Mehr zum Thema „Datenschutz und Coronavirus-Prävention – Fiebermessung am Eingang zum Betriebsgelände” hat Noerr in einem ausführlichen und lesenswerten Kommentar veröffentlicht.

Im Handel ist die Diskussion noch etwas schwieriger – hier spielt nicht nur die (mögliche) Aufzeichnung von persönlichen Daten eine wichtige Rolle. Apple nutzt Infrarot-Fieberthermometer und verspricht keinerlei Daten zu speichern. Doch Datenschutzbeauftragte tendieren zu einem Fiebermessungsverbot. „Der Datenschutz einer Person stehe zwar nicht über der Gesundheit einer anderen Person, doch rechtfertige das keinen größeren Eingriff in die Privatsphäre, so der hessische Datenschutzbeauftragte Ronellenfitsch laut Heise Online in einem Radio-Interview gegenüber HR Info. Eine Fiebermessung sorge zudem nur für „Scheinsicherheit“, es gebe andere „adäquate Maßnahmen“ zum Schutz, deshalb seien „Temperatur-Checks nicht erforderlich”, so der hessische Datenschutzbeauftragte Ronellenfitsch.

Auch ein EDEKA-Einzelhändler im Saarland musste nach der Intervention des saarländischen Datenschutzbeauftragten die automatische Fiebermessung per Infrarotkamera und Display am Supermarkteingang wieder einstellen.

Corona-Virus: Fehler im Konzept – Fieber-Screening Signage

Zum jetzigen Zeitpunkt erscheint es aufgrund der unsicheren Rechtslage nicht ratsam für Digital Signage Integratoren, Fiebermessungen für Kunden im Einzelhandel zu installieren. Die Fiebermessung von Mitarbeitern ist theoretisch möglich, aber laut Noerr nur wenig praktikabel.