DooH-Displays in Ladesäulen für Elektrofahrzeuge waren einst die große Hoffnung, um EV-Ladeinfrastruktur am Straßenrand teilweise zu refinanzieren. Doch schnell stellte sich in der Praxis heraus, dass die besten Standorte für Ladesäulen in der Regel nicht ausreichend Reichweite für DooH-Vermarktung bieten und Fahrzeuge die Sicht auf Screens beeinträchtigen. Alle großen Energieversorger spielten mit dem Gedanken, DooH und EV-Ladeinfrastruktur zu verbinden, doch die Marktanalysen waren enttäuschend.
DooH und Mobility
Die Mobilitätswende bietet mit der Digitalisierung vieler Prozesse auch eine immense Chance für DooH – weswegen wir uns diesem Thema auch im invidis Jahrbuch 2022 gewidmet haben. Lesen Sie mehr dazu und viele weitere Fachartikel zum Thema Digital-out-of-Home, indem Sie sich hier das invidis Jahrbuch kostenlos herunterladen – in deutscher und in englischer Sprache.
Einer der Anbieter, der sich nicht davon abbringen ließ, war das US-amerikanische Unternehmen Volta. In einer ersten Ausbauphase stellte Volta Ladesäulen auf Parkplätzen an den Eingangsbereichen von Whole-Food-Supermärkten und Shopping Centern auf. Das Aufladen der Fahrzeuge war für Kunden kostenlos. Retailer erhofften sich damit, wohlhabende EV-Early-Adopter als Kunden zu gewinnen. DooH-Werbung auf den Screens war ein Zubrot, konnte aber auch nicht im Ansatz die Kosten decken. Volta errichtete mehr als 1.000 Ladesäulen mit Screens in vielen wichtigen Metropolregionen der USA. Wichtigste Werbekunden waren EV-Automobilhersteller.
Größtes EV-DooH-Netzwerk
Heute betreibt Volta ein Netzwerk von fast 2.500 Stelen mit 4.700 55-Zoll-Screens – zunehmend auch Schnellladesäulen, die erheblich attraktiver für EV-Nutzer sind und durch schnelles Laden eine höhere Frequenz an Nutzern ermöglichen. Seit der Pandemie fokussiert sich Volta bei der Vermarktung der 8- und 15-Sekunden-Spots auf FMCG-Kunden und nicht mehr nur auf Autohersteller. Damit konnte auch der Werbeumsatz pro Screen auf 434 US-Dollar gesteigert werden.
Seit einem SPAC-Börsengang ist Volta verpflichtet, Geschäftszahlen zu veröffentlichen, die einen interessanten Einblick in die Geschäftsentwicklung ermöglichen. So konnte Volta den Umsatz im ersten Quartal 2022 um 77 Prozent gegenüber dem Pandemie-Vorjahresquartal steigern. Mit 8,4 Mio. USD ist der Umsatz aber noch recht überschaubar.
Für das Gesamtjahr 2022 erwartet Volta einen Umsatz von 70 bis 80 Millionen Euro, wovon 73 Prozent der Umsatzerträge von der DooH-Vermarktung kommen soll.
Noch kein tragfähiges Geschäftsmodell
Der DooH-EV-Pionier ist noch weit von einem profitablen Geschäftsbetrieb entfernt. So erzielte Volta im ersten Quartal 2022 ein EBITDA-Ergebnis von minus 43 Mio. USD. Die Finanzkennzahlen – 8 Mio. USD Umsatz vs. 42 Mio. USD Verlust – machen deutlich, dass Volta noch weit von einem tragbaren Geschäftsmodell entfernt ist. Der monatliche Werbeumsatz pro Screen lag bei 434 USD bei einer Auslastung von circa 25 Prozent. Laut Investorenpräsentation lag der erzielte TKP zwischen branchenüblichen 10 und 22 US-Dollar.
Volta plant, den durchschnittlichen jährlichen Bruttowerbeumsatz um 77 Prozent von heute 7.000 USD pro Screen mittelfristig auf 11.500 USD zu erhöhen. Bei zwei Screens pro Stele könnte Volta 23.000 USD jährlich pro Stele mit zwei Lade punkten erzielen. 11.000 Screens sind das Ziel Mit dem Durchbruch der Elektromobilität in Nordamerika setzt Volta auf ein steigendes Interesse von Einzelhändlern und Shopping-Center-Betreibern, ihren Kunden Lademöglichkeiten am POS anzubieten. Das Unternehmen hat ambitionierte Ziele für den Netzwerkausbau – 3.500 zusätzliche Ladesäulen mit 7.000 Screens sind bereits in der Planung.
Expansion nach Europa?
Auch wenn sich Volta offiziell mit Expansionsplänen nach Europa noch zurückhält, verdichten sich doch die Anzeichen dafür. Durch den Börsengang verfügt der Anbieter über ausreichend Kapital, auch jenseits der amerikanischen Landesgrenzen zu expandieren. Es bleibt abzuwarten, ob das Volta-Geschäftsmodell nach Europa exportiert werden kann. Denn Anschluss und Stromkosten sind hier erheblich höher als in Nordamerika.
Aber in Zusammenarbeit mit etablierten EV-Roamingpartnern könnten die Charging-Einnahmen in Europa höher sein als die Werbeerlöse. Dagegen spricht, dass große EV-Ladeinfrastrukturbetreiber sich bisher gegen eine Werbevermarktung entschieden haben. Anders sieht es bei Ultraschnellladeanbietern an Tankstellen und Raststätten aus – hier können EV-Nutzer in 15 bis 20 Minuten ihr Fahrzeug mit 100 bis 200 Kilometern zusätzlicher Reichweite versorgen. Aufgrund der kurzen Ladezeiten bleiben die Nutzer hier oft im Fahrzeug sitzen und können somit mit DooH-Werbebotschaften erreicht werden.