Wie Covid-19 die digitale Transformation im Einzelhandel beschleunigte, haben wir bereits beschrieben (lesen Sie hier den Artikel von Dave Haynes). Doch die Ereignisse während der Lockdowns haben auch Einfluss auf den Retail-Sektor nach der Pandemie.
Was nun die größte Herausforderung ist: Einzelhändler aller Art müssen den Verbrauchern zwingende Gründe liefern, damit sie in ihre Geschäfte kommen – und wiederkommen. Die Lockdowns und die Sorge vor Ansteckungen führten zu einem sprunghaften Anstieg der Akzeptanz und der ständigen Nutzung des Online-Shoppings, der schnellen Lieferung nach Hause und von Optionen wie Pick & Go. Marketingbotschaften wie „Jeden Tag niedrige Preise“ locken die Kunden nicht mehr an. Denn die gleichen Preise gelten auch online, und die Lieferung ist kostenlos, einfach und schnell.
Gegen Online bestehen
Das bedeutet: Die Retailer müssen sich mehr anstrengen, um den Kunden ein Erlebnis zu bieten, wenn sie den Store betreten. Große Flaggschiff-Einzelhändler – insbesondere Sportbekleidungsmarken wie Nike oder Adidas – haben die nötige Erfahrung, um ehrgeizige, digital ausgerichtete Stores mit multisensorischer Technologie zu erschaffen. Für den gewöhnlichen Einzelhandel jedoch sind die möglichen digitalen Experiences eher beschränkt.
Der Retail-Riese Walmart beispielsweise testet ein neues, übersichtlicheres Ladendesign, bei dem Screens und kontextabhängig ausgelöste Nachrichten Teil der großformatigen Merchandising-Displays sind.
Das Design verlagert den Schwerpunkt von einer rein auftragsbezogenen, schnellen Einkaufsnavigation hin zu einer Navigation, die Zeit zum Entdecken und Erleben lässt. Im „Incubator“, dem Walmart-Testshop, hilft eine gekachelte Videowand auf Augenhöhe den Kunden in der Herrenpflegeabteilung bei der Auswahl von Rasierern und Trimmern. Die traditionsreiche Kaufhauskette Macy’s kündigte kürzlich eine neue Marketingstrategie an, die den Individualismus unter dem Motto „Own Your Style“ feiert.
Macy’s erklärt, dass „die Kunden über digitale Screens im ganzen Geschäft stilistische Anregungen erhalten“. Hinzu kommen visuelle Produktdisplays, die eine Quervermarktung von Accessoires wie Schuhen und Taschen mit den passenden Outfits ermöglichen. Somit kann eine Stilberatung direkt vor Ort angeboten werden.
Anpassung der Botschaften
Ein subtiles Element bei der Verwendung von Displays in tech-orientierten Retail-Umgebungen ist die Anpassung der Botschaften und Handlungsaufforderungen an die Profile und Verhaltensweisen der Kunden. Das Sammeln, Verstehen, Weitergeben und Nutzen von Daten ist heute über die verschiedenen im Einzelhandel verwendeten Systeme viel einfacher.
Botschaften auf den Digital Signage-Screens müssen kontinuierlich und dynamisch durch passende Daten angereichert, gestaltet und ausgelöst werden. Ein Beispiel aus der Praxis: Wenn das Bestandsverwaltungssystem eines Shops einen niedrigen Lagerbestand für ein Produkt anzeigt, verschwindet der entsprechende Video-Spot für dieses Produkt automatisch aus den Wiedergabelisten. Somit werden Kunden nicht zum Kauf von etwas animiert, das eigentlich nicht verfügbar ist.
In ähnlicher Weise können Systeme zur Publikumsmessung die optimalen Nachrichten für Displays auf der Grundlage von Verbraucherprofilen und -mustern, die sich über Tage und Wochen hinweg ändern, dynamisch anpassen und gestalten. Die Botschaften können besser auf die sich ändernden Merkmale der Kunden in den verschiedenen Zeiträumen abgestimmt werden.
Der Moment der Wahrheit
Bei der ersten Welle an Digital Signage-Displays im Einzelhandel waren diese in den Geschäften verstreut, vom Eingang bis zu den Hauptgängen. Sie versuchten, die Kunden auf ihrem Weg zum Kauf zu informieren und zu beeinflussen. Die von der Decke hängenden und an den Wänden befestigten Displays wirkten oft wie ein Zusatz zum Ladendesign, befanden sich nicht in der natürlichen Sichtlinie und hatten nicht die gewünschte Wirkung. Nach Covid-19 rückten die Screens näher an den sogenannten „Moment of Truth“ heran – wenn sich die Kunden in den Gängen befinden und bereit sind, etwas in ihren Einkaufswagen zu legen.
Digital Signage und Retail im invidis Jahrbuch
Dieser Beitrag wurde von invidis-Contentpartner Dave Haynes, Sixteen-Nine, verfasst und erschien ursprünglich im invidis Jahrbuch 2022. Die „Bibel der Digital Signage-Branche“ enthält viele weitere Fachartikel und Analysen zu Trends und Technologien für den Einsatz von Digital Signage. Es ist sowohl in Deutsch als auch in Englisch erhältlich. Laden Sie sich hier das Jahrbuch kostenlos herunter.
Dies ist mit herkömmlichen Digital Signage-Screens nur schwer zu erreichen, da sie Platz beanspruchen, der den Waren vorbehalten ist. Daher stellen Unternehmen wie Bluefin aus Atlanta und Instore Screens aus Florida kleine Displays her, die sich problemlos in die Warenpräsentation einfügen oder an den Regalrändern und an den Kopfseiten angebracht werden können.
Auf was kommt es an?
Jedes Jahr werden auf Messen und Konferenzen neue Display-Technologien als das nächste große Ding für den Einzelhandel angepriesen: Quasi-Hologramme, brillenlose 3D-Displays, interaktive Tische, gestenbasierte „Experiential“-Screens, Signage in Kombination mit Spiegeln und so weiter und so fort. Es gibt zwar Ausnahmen, aber insgesamt sind die Einzelhändler eher begeistert, als dass sie sich darauf einlassen.
Es wird immer einen Bedarf und Raum für Technologien geben, die visuelle Aufregung erzeugen und die Menschen dazu bringen, über Stores und Erlebnisse zu sprechen. Aber in dieser Post-Covid-Umgebung kommt es auf Lösungen an, die mit einfachen, zeitlosen Attributen ausgestattet sind: Sie müssen bequem, schnell und relevant sein. Und sie müssen die Bindungen zwischen dem Store und dessen Zielgruppe stärken. Digital Signage kann all das bieten. Aber es geht weniger um Pixel, Helligkeit, Größe und visuellen Glamour. Sondern vielmehr darum, wo die Screens positioniert sind und wie relevant und aktuell der Content ist.
Digital Signage-Check für Retailer
Was Sie als Einzelhändler tun sollten, um die Digital Signage-Experience in Ihren Stores richtig und zukunftsfähig aufzubauen:
■ Denken Sie zuerst an Ihre Geschäftsziele. Sind es Werbeaktionen? Oder eine bestimmte Experience?
■ Legen Sie die Art, die Quelle und die Häufigkeit des Contents fest.
■ Legen Sie fest, wo die Screens eine Wirkung entfalten, nicht, wo sie hinpassen.
■ Vergewissern Sie sich, dass die gewählte Managementtechnologie mit anderen Filialsystemen integriert werden kann und mit diesen zusammenarbeitet.
■ Beziehen Sie mehrere Abteilungen in die Planung ein, zum Beispiel IT, Ladendesign, Betrieb und Merchandising.
■ Denken Sie über den Launch hinaus und stellen Sie Budgets für den Betrieb und erneuerte Creatives bereit