An einem halben Tag um die ganze Digital Signage-Welt – das ist so nur auf der DSS ISE möglich. Die Halbtageskonferenz im Rahmen der ISE ist traditionell die erste invidis-Konferenz des Jahres; entwickelt, um Endkunden und Branchenexperten einen Rückblick auf das abgelaufene Jahr zu geben und die aktuellen Trends zu präsentieren und diskutieren. Mit 238 Teilnehmern aus 47 Ländern – davon 1/3 aus Übersee – war die DSS wieder ein Spiegelbild der Weltleitmesse ISE.
Von Headless bis Out-of-the-Box
So zeigte eine Diskussion zwischen Johan Lind (Vertiseit/Grassfish) und Gerhard Pichler (Easescreen) durchaus unterschiedliche Auffassungen über die Zukunft von Digital Signage-Software und die Rolle der Cloud. Während Vertiseit mit Grassfish und Dise ausschließlich auf Service-Cloud-basierte Lösungen setzt, fokussiert sich Easescreen auf On-Premise/Private Cloud. „Die Anforderungen kleiner und mittelgroßer Kunden sind oft anders, 90 Prozent unserer SMB-Kunden wählen On-Premise bzw. Private Cloud. Sie fühlen sich damit sicher, wenn sie die komplette Kontrolle haben,“ sagte Easescreen-CEO Gerhard Pichler.
Für den schwedischen Digital Signage-Anbieter steht es außer Frage: „Mittelfristig gehen alle Applikationen in die Cloud, das wird keiner hier bestreiten. Großkunden betreiben heute schon alle Applikationen in der Servicecloud, Digital Signage ist da keine Ausnahme.“
Auch bei der Softwarearchitektur setzen die beiden Anbieter auf unterschiedliche Ansätze. Während Grassfish und Dise-Kunden modulare Software-Plattformen mit Headless CMS und Open-API suchen, um im Konzern bestehende Drittlösungen anzubinden, suchen Easescreen-Kunden monolithische „Out-of-the-Box“-Angebote.
Digital Signage demokratisiert das Einkaufserlebnis
Trison-CEO Alberto Caceres präsentierte aktuelle Flagship-Konzepte des Trison-Kunden Inditex und diskutierte mit invidis über IoT und Business Critical Digital Signage. Mehr als die Hälfte der Trison-Projekte im Jahr 2022 waren schon geschäftskritische Anwendungen. Ob Präsenzsensoren in der Umkleide oder RFID-Reader am Selfcheckout – die Funktion der von Trison entwickelten und installierten Touchpoints sind Business Critical. „Unsere Kunden suchen nicht primär nach Wow-Momenten, sondern nach Retail Experiences. Technologie ist nur der Enabler.“
Für Flagships wie der Lefties-Store in Barcelona liegt das Digitalinvestment im Millionenbereich. Aber der ROI ist so hoch, dass das Flagship-Konzept weiter ausgebaut und kontinuierlich weiterentwickelt wird. „Lefties demokratisiert mit Digital Signage das Einkaufserlebnis“, betonte Alberto Caceres.
Interaktive Projektion auf der größten Kuppel der Welt
Das andere Extrem waren die Insights zum Al Wasl Dome auf der Expo 2020 in Dubai. David Bajt, Gründer der Londoner Digital-Agentur, präsentierte Einsichten zur Entwicklung und Realisierung des größten Kuppelbaus der Welt. Der Al Wasl Dome war der Mittelpunkt der Expo in Dubai, die wegen der Pandemie erst mit Verspätung 2021/22 stattfinden konnte. Die Bild Studios wurden beauftragt, die komplexeste 360-Grad-Projektionsinstallation der Welt, den Al Wasl Dome in Dubai, in das größte interaktive audiovisuelle Erlebnis der Welt für die Expo City Dubai, den futuristischen Standort der Dubai Expo 2020, zu verwandeln.
Das Team von Bild entwickelte Echtzeit-Workflows, Videotechnik und kreatives Design, um während der Expo 2020 in Echtzeit 252 Projektoren über eine 27.000 mal 6.000 Pixel große Projektionsfläche zu steuern. Ziel des Projekts war ein beeindruckendes und hochgradig immersives VIP-Erlebnis zu schaffen, bei dem ausgewählte Personen per I-Pad im Al Wasl Dome eine interaktive Show steuern können.
Für die Realisierung, die bereits vier Jahre vor der geplanten Expoeröffnung begann, mussten viele neue Technologien und Tools erstmals miteinander genutzt werden. Heute wäre vieles einfacher und mit 3D-Entwicklungsumgebungen wie Unreal einfacher umzusetzen. „Eine solche Installation in Echtzeit zu kontrollieren, war ein Entwicklungssprung von gefühlt 50 Jahren“, sagte David Bajt.
Immersive digitale Erlebnisse, aber richtig
Die US-Architekt und Digital Signage Content-Experte Brad Koerner präsentierte in einer kurzweiligen Präsentationen die Grundlagen für guten und wirkungsvollen Digital Signage-Content. „Es wird schwer sein, Echtzeit-Inhalte von der digitalen Realität zu unterscheiden“, so der Ausblick des Content-Experten. In einer anschließenden Panel-Diskussion präsentierten Bryan Meszaros von Open Eye und Monika Lindquist von Visual Art Best Practice-Beispiele. Digital Signage-Konzepte und Content sind einen langen Weg gegangen, letzterer wird zunehmend in Echtzeit generiert.
„Wir sind in der zweiten Green Signage-Phase“
Nicht nur auf den Messestände der ISE, sondern auch auf der invidis-Konferenz war das Thema Green Signage omnipräsent. Der Digital Signage-Markt ist aber bereits über das naheliegende Thema Energieeinsparung hinaus, resümieren Craig Francis von Google, Sian Rees von PPDS und Ben Cope von Intel in einer Diskussion. Die Verlängerung der Nutzungsdauer von Digital Signage-Hardware (Circularity, Refurbish) ist neben Energieeinsparung das wichtigste Green Signage-Thema. PPDS bietet mit Philips Modular das erste Hardware-Konzept, das den einfachen Austausch des Android SoC zulässt. Google setzt mit Chrome OS Flex auf ein ressourcenschonendes Betriebssystem, das alter PC-Hardware ein neues Leben als Digital Signage-Mediaplayer geben kann.
Das Panel war sich einig, das Hardware-Initiativen zusammen mit neuen Managed Service Software-Plattformen für mehr Nachhaltigkeit im Digital Signage-Markt notwendig sind. PPDS bietet seit einigen Monaten mit Wave eine erste solche Software-Lösung. Google kann über Chrome OS mehrere Hundert Funktionen remote steuern. Denn nur was aus der Ferne überwacht und gesteuert werden kann, spart umweltschädliche Einsatzfahrten der Service-Crews. Wie Digital Signage-Netzwerke effizient betrieben werden können, wie sich SoC zur ernsthaften Alternative zu externen Playern entwickelt haben und wie sich Hardware weiterentwickelten, diskutierten Stan Richter (SignageOS), Loek Wermenbol (First Impression) und Hubertus Beckmann (Lang AG) in einer anschließenden Panel-Diskussion.
Weniger Projektion, mehr LED – Display bleibt dominierende Technologie
Zum Abschluss der Konferenz diskutierte invidis mit Dave Haynes von Sixteen:Nine und Ted Romanowski von Futuresource im Outlook Panel. Die Marktaussichten für Digital Signage sind weiter exzellent, während sich der Visual-Solution-Mix sich Richtung LED verschieben wird. Doch Large Format Displays bleiben auf absehbare Zeit die dominierende Digital Signage-Technologie.