Die Geschichte bringt kuriose Zufälle – der Sehnsuchtstag für die Anti-Atombewegung verändert den Strommix in Deutschland. Auch wenn die letzten drei Atommeiler zuletzt nur noch zwischen vier und fünf Prozent Gesamtstromerzeugung beitrugen, waren sie doch ein zuverlässiger Contributor für eine planbare Grundlast. Es ist unbestritten, dass erneuerbare Energien der Weg in die Zukunft sind, und im DACH-Raum besteht dafür ein großer gesellschaftlicher Konsens. Ob der Abschaltzeitpunkt mitten in einer Energiekrise richtig ist, ist weitaus mehr umstritten.
Out of Home jetzt auch wieder nach 22 Uhr
In der öffentlichen Diskussion und in der medialen Berichterstattung ist das zeitgleiche Auslaufen der Energiesicherungsverordnung für kurzfristige Energiesparmaßnahmen (Ensikumav) fast untergegangen. Im Herbst 2022 wurde diese mit ungewohntem Chaos hektisch eingeführt, um eine mögliche Energiekrise im Winter zu vermeiden. Nach einmaliger Verlängerung ist die Ensikumav nun Geschichte. Die DooH-Branche kann aufatmen – denn digitale Werbeanlagen, sprich Displays und LEDs, dürfen jetzt auch nach 22 Uhr wieder betrieben werden.
Wirtschaftlich konnte die Branche die Einschränkungen nach der Verabschiedung der zweiten, korrigierten Fassung von Ende September verkraften. Ab Mitternacht war eine Werbezeitenvermarktung sowieso nicht üblich, sodass es in der DooH-Vermarktung faktisch nur 2 Stunden täglich fehlten. Ob und wie die Out-of-Home-Anlagen nun auch wieder nach 22 Uhr betrieben werden, bleibt abzuwarten.
Enttäuschung
Einer aktuellen Einschätzung der Bundesnetzagentur zufolge war die Ensikumav eine Enttäuschung. Nur um etwa 4 Prozent konnte der nationale Stromverbrauch reduziert werden, der Gasverbrauch konnte um 17,6 Prozent reduziert werden.
Ende gut, alles gut?
Auch wenn es rechtlich keinerlei Energiekrisen-Einschränkungen mehr gibt, hat sich die Gesellschaft doch verändert. Die Akzeptanz von hellleuchtenden Werbeträgern mitten in der Nacht wird sowohl von der öffentlichen Hand als auch von der kritischen Öffentlichkeit gering sein.
Für die Out-of-Home-Branche heißt es, moderne Technologie zu nutzen, um die Helligkeit der DooH-Screens dem Umgebungslicht kontinuierlich anzupassen; das spart nebenbei auch teuren grünen Strom. Ströer entwickelt zur Zeit sogar eine eigene LED-Lösung, die weitaus nachhaltiger als zur Zeit am Markt verfügbare Produkte sein soll.
Aber auch beleuchtete Plakatflächen, Citylights und Wechsler sollten in der tiefen Nacht abgeschaltet werden. Dafür sind größere Investitionen notwendig und die Umsetzung bei Hundertausenden von Plakatflächen wird einige Jahre in Anspruch nehmen.
Denn die Ampel-Bundesregierung und auch mögliche Nachfolgeregierungen werden nicht locker lassen. Eine zeitgleich verabschiedete „Mittelfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung“ (Ensimimav) verpflichtet alle Unternehmen, die Energieeffizienz zu verbessern. Auch wenn die Verordnung primär auf die Umsetzung wirtschaftlicher Energieeinsparmaßnahmen rund um Heizung und Klimaanlagen abzielt, können zukünftige Verordnungen und Gesetze auch weiter gefasst werden.
Die Zukunft von Out-of-Home ist Green & Smart City
Neben den wenig sichtbaren Energieeinsparungen im Betrieb und durch den Einsatz energieeffizienter Hardware sind andere, in der Öffentlichkeit beliebte Maßnahmen für die Out-of-Home-Branche weitaus wichtiger.
Experten sind sich einig, dass Städte zukünftig unter anderem vor allem grün, lebenswert, kommunikativ sein sowie kühl verschattete Oasen bieten müssen. Out-of-Home hat hier viele Stadtmöblierungskonzepte, die schnell zu realisieren sind und über integrierte (digitale) Werbeflächen finanziert werden können.
Out-of-Home kann die Wandlung der Städte in grüne, mehr lebenswerte Orte aktiv und energieeffizient voranbringen. Die Branche ist bereit, es fehlt aber oft noch der Mut bei Städten und Gemeinden für neue innovative Partnerschaften.