Es gehört zur Tradition und zum guten Ton, dass der regierende Bundeskanzler oder die regierende Bundeskanzlerin die Hannover Messe besucht – genauso wie der jeweilige Wirtschaftsminister sich gern auf der internationalen Industriemesse blicken lässt, um sich publikumswirksam neue Technologien vorführen zu lassen.
Auch dieses Jahr zur 2023-Ausgabe besuchten Robert Habeck und Olaf Scholz die Messe. Dabei ist die Digitalisierung der Messen gut an den Pressefotos zu erkennen: Immer öfter werden Scholz & Co. vor großen LED-Screens mit dem passenden Hintergrund fotografiert – oder lassen sich an diesen etwas vorführen.
Zudem ließ sich der Bundeskanzler auf dem Siemens-Stand fotografieren, wie er ein „System“ einem Praxistest unterzog, mit dem „Mitarbeiter aus unterschiedlichen Werken mithilfe spezieller Übertragungsräume miteinander kommunizieren können“ – so formulierte es der Maschinenmarkt bei seinem Messe-Überblick.
Insider-Wissen ist immer schön, daher wird jeder Digital Signage-Kundige nun freudig aufspringen und erklären, was dieses System denn ist. Oder sein könnte. Denn eine genauere Beschreibung findet man in den offiziellen Kanälen nicht. Nach ein wenig Recherche ist jedoch klar: Bei dem Display handelt es sich um ein Produkt von Proto, das hierfür mit Siemens kooperiert.
Die 2018 entwickelte Lösung hieß zuerst Portl und wurde von Erfinder und CEO David Nussbaum publicitywirksam als „Hologramm“ verkauft. Die Technik basiert auf Kameras, welche die Person filmen, und einem transparenten Display vor einer intelligent ausgeleuchteten Box. Damit gibt man den abgebildeten Personen einen 3D-Effekt, der bei Videozuspielungen mehr menschliche Nähe simulieren soll.
Verschiedene Anwendungen
Die großflächigen Installationen solcher Displays stehen noch aus; doch Prominente, Wirtschaftsgrößen, Politiker und die Medien lieben diese Art von Displays. Immer wieder werden sie genutzt, um bei Konferenzen zum Beispiel einen Redner „herbeizubeamen“. Doch auch andere Use Cases gibt es, zum Beispiel in der Patientensimulation. Auf der Euroshop stellte die Outform Group ein Display dieser Art für den Einsatz im Retail vor.
Dass diese Art von 3D-Effekt nichts mit einem Hologramm zu tun hat, darauf weist Dave Haynes, Content-Partner von invidis bei Sixteen-Nine, seit Jahren unermüdlich hin. Auch mit „Beamen“ hat es natürlich nichts zu tun. Unangenehm scheint es aber nicht zu sein – offensichtlich gefiel es dem Bundeskanzler.