Der EV-Charging Pionier Volta hatte einen Traum – kostenloses Aufladen von Elektrofahrzeugen refinanziert durch DooH. Dazu sollte ein nationales Netz mit rund 10.000 Ladepunkten inklusive DooH-Screens vor Stores und Shopping Centern aufgebaut werden. Der Ladevorgang des Elektrofahrzeugs war für Nutzer kostenlos, refinanziert durch DooH-Werbung auf den integrierten Screens.
Mehr als 3.000 Ladepunkte installierte das Greentech-Startup aus San Francisco in den vergangenen Jahren in Bundesstaaten mit hohem EV-Marktanteil. Ein SPAC-Börsengang sollte die nächste Ausbaustufe finanzieren, doch die Börsenstory hielt nicht lange. Die Finanzmärkte verloren den Glauben an die Story „Freies Laden refinanziert durch DooH“, und Volta musste handeln. Als weißer Ritter kam im Herbst 2022 der Energiekonzern Shell, der für nur 169 Mio. USD das Unternehmen mit mehr als 3.000 Ladepunkten sowie über 3.500 zukünftigen Standorten übernahm.
EV-Charging in Europa
Volta plante auch die Expansion nach Europa – erste Mitarbeiter waren bereits rekrutiert. Doch das Geschäftsmodell „Kostenlos Laden und Refinanzierung mit DooH“ funktionierte aufgrund der erheblich höheren Stromkosten erstreckt auch in Europa nicht.
In Deutschland gab es zu Jahresbeginn 2023 über 80.000 Ladepunkte, davon gut 13.000 Schnellladepunkte. Das größte Netzwerk betreibt zur Zeit ENBW mit 3.000 Ladepunkten und ist somit vergleichbar mit Volta. Jedoch setzen ENBW, Inonity & Co. nicht auf DooH.
Einige Startups wie Numbat integrieren zwar DooH-Screens, aber nur als zusätzlicher Revenue-Stream und setzen nicht auf kostenloses Laden. Überhaupt dreht sich der Markt von Langsamladepunkten (AC) hin zu Schnelllader (DC). Während bei AC die Ladezeit pro Fahrzeug viele Stunden beträgt fahren Nutzer bei Schnelllader in der Regel nach einer halben Stunde weiter.
Am Anfang Kult
Die Ladesäulen hatten für Tesla & Co Fahrer Kultstatus und am Anfang liebte es auch der Einzelhandel. Biomärkte wie Whole Food warben stolz mit Volta-Ladepunkten vor der Haustür und DooH-Werbekunden liebten die spitze Zielgruppe. Early Adopter von EV-Fahrzeugen waren begehrt – wer sich einen Luxus-Tesla leistet kauft auch im Bio-Supermarkt und ist offen für Premiumbrands.
Doch Tesla demokratisierte den EV-Markt mit dem Tesla Model 3 – das nur noch halb so viel kostete wie die ersten Tesla-Fahrzeuge Model S und Model X. Auch andere Automobilhersteller entdeckten den Markt für bezahlbare Elektroautos. EV wurde Mainstream und EV-Fahrer repräsentierten nicht mehr unbedingt Premiumshoppers.
Volle Batterie und eine Folge Netflix
Mit der wachsenden Anzahl an Elektrofahrzeugen vergrößerte sich auch der potenzielle Nutzerkreis. Das Volta-Angebot kostenloses Laden wurde hervorragend angenommen – nur leider konnte Volta keinen erfolgreichen Business Case entwickeln. Denn zunehmend kamen EV-Nutzer an die Ladesäulen, die während des langen Ladevorgangs – der Großteil der Volta-Ladepunkte sind Langsamlader – im Auto blieben, Netflix schauten oder ein Nickerchen machten. Weder die Handelsunternehmen profitierten noch die DooH-Werbekunden.
Gibt es eine Zukunft für DooH an Ladesäulen?
Bringt der Strategieschwenk von Shell/Volta nun das Ende von DooH in Ladesäulen? Ein erfolgreiches Geschäftsmodell, das alleine auf DooH setzt zur Refinanzierung der Ladeinfrastruktur und des Stroms wird in Europa nicht funktionieren. Die Investition von 30-50.000 Euro für einen Schnelllader inklusive Netzanschluss und Erdbauarbeiten (HPC können 100.000 Euro und mehr kosten) und der Strom können unmöglich alleine durch DooH-Werbung refinanziert werden.

Allerdings können von der Straße gut sichtbare, in Ladesäulen integrierte großformatige Highbrightness-Screens (75“ und größer) ein interessanter DooH Business Case werden. Insbesondere in verkehrsreichen Lagen. Wichtig ist, dass ladende Fahrzeuge den Blick auf die Screens nicht blockieren können. Zielgruppe sind dann nicht die Nutzer der Ladesäulen, sondern die Allgemeinheit.
Anders sieht es mit nutzerfokussierten DooH-Konzepten aus. Analog zu traditionellen Tanksäulen kann hier mit kleinen Screens nur eine One2One-Kommunikation erfolgreich sein. Touchscreens für die Bedienung können auch für DooH genutzt werden. Allerdings sind bei One2One-Screens Targeted Campaigns basierend auf Daten wichtig, wie sie CS Digital Media in den Niederlanden optimiert hat.