Am globalen DooH-Markt ging es in den ersten Wochen des Jahres turbulent zu. Sowohl Ströers mögliche Veräußerung seines OoH-Kerngeschäfts als auch die Übernahme der DooH-Plattform Vistar Media durch T-Mobile US zeigten, dass externe Player stärker an der Mediagattung interessiert sind. DooH ist reifer geworden und wird unter anderem von Private Equity, Medienhäusern und Mobilfunkkonzernen als strategische Investition betrachtet.
Einen maßgeblichen Anteil daran hatte Programmatic: Viele DooH-Netze lassen sich inzwischen genauso wie Display- oder Online-Werbung auf Programmatic-Advertising-Plattformen buchen – vollautomatisiert und datengetrieben. Auch das junge DooH-Unternehmen Hygh verdankt sein Wachstum zum großen Teil dem Anschluss an Plattformen wie Hivestack und die SSP1, die programmatische DooH-Netze bündeln.
Zuständig für den Ausbau des Bereichs bei Hygh ist Tizian Hosch. Als Head of Programmatic beaufsichtigt er die operative Umsetzung programmatischer Kampagnen, befasst sich aber auch mit der Performance-Analyse und engagiert sich im IDOOH-Institut für eine einheitliche DooH-Währung.
DooH wird messbarer
Diese Währung ist der Grundstein eines funktionierenden Programmatic-Ökosystems, denn sie macht die einzelnen DooH-Werbeträger für Mediaeinkäufer vergleichbar. Das IDOOH hat sich der Aufgabe verschrieben, einheitliche Messkriterien zu schaffen. Ein wichtiger Schritt hierfür war laut Tizian Hosch die Zusammenlegung der Public & Private Screens Studie des DMI mit der Public Video Studie von Ströer sowie deren zukünftige Integration mit der ma Out of Home, die der FAW mit der Agma (Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse) veröffentlicht.
Die bessere Vergleichbarkeit ist wichtig, um DooH auf Programmatic-Plattformen neben anderen digitalen Medien zu positionieren. „Die DooH-Währung wird von Jahr zu Jahr härter“, sagt Tizian Hosch. „Wir erhalten tiefere Insights darüber, was unsere Werbeträger letzten Endes für Leistungswerte haben müssen.“ Somit werden auch die Außenwerber stärker in die Pflicht genommen.
Externe Daten pushen Performance
Die Leistungswerte allein reichen aber nicht, um die Programmatic-Maschine in Gang zu bringen. Ergänzt werden sie durch externe Datensätze, beispielsweise zu Bewegungsmustern oder zum Wetter. Diese Daten gewährleisten, dass gewisse Zielgruppen überproportional erreicht und Streuverluste minimiert werden. Dafür arbeitet Hygh zum Beispiel mit Adsquare zusammen, einem führenden Anbieter von Mobilitätsdaten.
AI könnte Kampagnenplaner entlasten
Die nächste große Weiterentwicklung für Programmatic DooH könnte durch AI ins Rollen kommen, auch wenn ihr Einfluss auf die programmatische Wertschöpfungskette bisher beschränkt ist. Großes Potenzial sieht Tizian Hosch aber in der Automatisierung von Kampagnen, beispielsweise über Line Items – den einzelnen Parametern, anhand derer eine Kampagne ausgesteuert wird. Derzeit müssen Variablen wie Geoinformationen oder Zeiträume manuell angelegt werden, was schnell zu hunderten Line Items pro Kampagne führen kann. Eine AI-Anwendung könnte diese in Zukunft automatisiert, basierend auf verschiedenen Filtern erstellen.
Die AI-Vision: Creatives, die sich in Echtzeit verändern
Ein weiteres Anwendungsfeld für AI sieht Tizian Hosch in der Optimierung der Kampagnen-Performance. Schon heute setzen Plattformen wie Hivestack Algorithmen für das automatische Pacing ein: Wenn eine Kampagne unterliefert, wird die Frequenz automatisch erhöht. In Zukunft könnten selbstlernende Algorithmen diese Prozesse weiter verbessern und die Steuerung der Kampagnen in Echtzeit anpassen.
In der Kreation von DooH-Werbeinhalten spielt AI schon sichtbar eine Rolle, die sich im kommenden Jahr noch verstärken wird. „AI wird einerseits kreative Prozesse vereinfachen, andererseits aber auch völlig neue Möglichkeiten eröffnen“, sagt Tizian Hosch. Dynamische Inhalte, die sich an Echtzeit-Daten anpassen, sind hier ein vielversprechender Bereich.
Deutschland ist Programmatic-Thoughtleader
Allgemein sieht die Zukunft für Programmatic DooH positiv aus: Laut der Viooh-Studie „State of the Nation – Programmatic DOOH 2024“ liegt der Programmatic-Anteil in vielen Märkten bereits bei fast einem Drittel. Länder wie Frankreich, Australien, Deutschland und die USA treiben diese Entwicklung voran.
Auch Tizian Hosch sieht Deutschland als Programmatic-Vorreiter. Allerdings bringe der Markt aufgrund seiner dezentralen Demografie eine besondere Herausforderung mit sich. Die deutsche Stadt-Land-Verteilung erschwert die Zielgruppenanalyse und macht die Kampagnensteuerung komplexer als in Ländern wie Großbritannien.
2025 wird also weiterhin die Verbesserung der Datenqualität und Performance-Analyse ein zentrales Thema sein. Denn je attraktiver DooH für Werbetreibende und Investoren wird, desto präziser müssen Messstandards und desto stabiler die Marktwährung werden.