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Deutsche Telekom und 480Hz

"Relevanz schlägt Lautstärke"

Digital Signage in tausend Stores dirigieren: Jochen Sauer von 480Hz über die Digital Signage-Strategie der Telekom, gescheiterte Experimente und die Kunst der Omnichannel-Orchestrierung.
Jochen Sauer spricht über die Digital Signage-Strategie der Telekom. (Fotos: 480Hz)
Jochen Sauer spricht über die Digital Signage-Strategie der Telekom. (Fotos: 480Hz)

Magenta prägt deutsche Einkaufsstraßen wie kaum eine andere Farbe. Seit mehr 20 Jahren setzt die Telekom in ihren zahlreichen Stores auf Digital Signage. Jochen Sauer, Head of Strategy der Agentur 480Hz, begleitet diese Entwicklung strategisch und spricht im Interview über Erfolge, Fehlschläge und die Herausforderungen einer Omnichannel-Strategie in der Praxis.

 

invidis: Herr Sauer, die Telekom-Shops sind in ganz Deutschland präsent. Welche Dimensionen hat das Netzwerk denn?

Jochen Sauer: Die Telekom betreibt deutschlandweit mehrere tausend Shops – von Partnerstores bis hin zu eigenen Flagship-Stores. Ein großer Teil davon ist bereits mit Digital-Signage-Systemen ausgestattet. Die Vision ist, dass alle Standorte zu Markenerlebnisräumen werden, wobei die Ausgestaltung an Frequenz und Umfeld angepasst wird.

invidis: Und worin unterscheidet sich ein klassischer Telekom-Shop von einem Flagship-Store?

Jochen Sauer: Partnerstores erhalten in der Regel Standardlösungen, während die Telekom-eigenen Flagship-Stores mit hochwertigerem Equipment und interaktiven Flächen ausgestattet sind. Flagship-Stores arbeiten etwa mit aufwendigen Installationen, großen Videowänden oder LED-Schaufenstern. Dort geht es um Erlebnis und Technik – zum Beispiel mit AR- oder VR-Elementen, wie sie in Hamburg oder Stuttgart zu sehen sind.

480Hz stattet die Telekom-Shops mit Digital Signage aus. (Foto: 480Hz)
480Hz stattet die Telekom-Shops mit Digital Signage aus. (Foto: 480Hz)

invidis: Welche Digital Signage-Hardware kommt in den verschiedenen Shoptypen zum Einsatz?

Jochen Sauer: Die Telekom hat eine gestufte Architektur entwickelt: Die Basis bilden vertikale Full-HD-Screens mit 43 oder 55 Zoll in Basic Stores. In größeren Shops kommen LED-Vorhänge für Schaufenster dazu – transparente Mesh-LEDs mit hoher Leuchtdichte. Die Flagship-Stores wie Hamburg arbeiten mit 4×4-Videowalls und 4K-Content. Gesteuert wird alles über ein hauseigenes CMS.

invidis: Wie steuert das CMS den Content in all den Stores?

Jochen Sauer: Das ist eine echte Herausforderung. Wichtig ist dabei eine zentrale Steuerung. Wir arbeiten mit intelligenten Playlists, die sowohl nationale Kampagnen als auch regionale Besonderheiten berücksichtigen. Ein Kunde in München sieht eben auch Münchner Angebote, während das Look-and-Feel überall konsistent bleibt. Hier zahlt sich die zentrale Steuerung aus, die ich eben erwähnt habe.

invidis: Spielen Sie auch DooH-Kampagnen, also Third-Party-Content, aus?

Jochen Sauer: Das Telekom-Netz ist riesig, daher überrascht die Frage, ob das Unternehmen seine Stores auch für Retail Media nutzt, nicht. Die Antwort lautet: Nein, der Fokus liegt klar auf den Kunden. Es geht darum, Passanten auf das Angebot aufmerksam zu machen und ihnen den Aufenthalt im Store so angenehm wie möglich zu gestalten. Die Besucher sollen sich informieren, inspirieren und wohlfühlen. Zwar wirbt die Telekom auf ihren Screens auch für Partner-Angebote. Doch selbst dabei bleibt sie als Absender klar erkennbar. Die Marke steht immer im Vordergrund – auch bei diesem Ansatz von Retail Media.

Über 480Hz

480Hz ist eine Full-Service-Agentur, die auch Digital Signage Lösungen komplett inhouse entwickelt und realisiert. Ein Team aus Motion Designern, 3D Artists und Entwicklern kreiert nahtlose Markenauftritte – von der ersten Idee bis zur technischen Umsetzung.

invidis: Die Telekom gilt als Digital-Signage-Pionier im deutschen Handel. Was unterscheidet den Ansatz heute von den Anfängen in den 2000ern?

Jochen Sauer: Der Unterschied ist fundamental. Früher war Digital Signage ein Bildschirm mit Werbespots – Punkt. Heute orchestriert ein zentrales CMS ganze Kampagnen über alle Touchpoints hinweg: von den Screens im Shop bis zu Online und OOH. Dabei geht es längst nicht mehr nur um Werbung, sondern darum, Markenwelten zu inszenieren und Kunden gezielt zu informieren – regional angepasst, je nach Zielgruppe und Standort.

invidis: Wie macht sich das in den Shops bemerkbar?

Jochen Sauer: Sie haben sich stark gewandelt: Sie sind kein Showroom mehr, sondern gleichzeitig Bühne und Beratungsraum. Die Screens werden zu Markenbotschaftern, die eine durchgängige Geschichte erzählen. Besonders bei erklärungsbedürftigen Produkten wie Glasfaser oder komplexen Tarifen schaffen die Displays im Schaufenster und die großen Videowände eine einladende Atmosphäre, die Passanten anzieht und zum Betreten des Shops motiviert.

inividis: Welche Erkenntnisse waren für Sie in den letzten Jahren in der Fläche am wichtigsten?

Jochen Sauer: Es sind drei Dinge: Erstens: Relevanz schlägt Lautstärke. Gute Inhalte zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Zweitens: Ohne die erwähnte zentrale Steuerung geht es nicht. Ein starkes CMS ist das Rückgrat jeder skalierbaren Digital-Signage-Strategie. Und drittens: Der Content muss zur Fläche passen. Was im Flagship-Store funktioniert, ist nicht eins zu eins auf kleinere Shops übertragbar.

Screen in einem Telekom-Shop (Foto: 480Hz)
Screen in einem Telekom-Shop (Foto: 480Hz)

invidis: Gab es denn schon Technologien oder Ideen, die sich nicht bewährt haben?

Jochen Sauer: Da gibt es durchaus einiges. Nicht jede Idee, die auf dem Papier gut aussieht, funktioniert im hektischen Shopalltag. Wir hatten zum Beispiel Versuche mit zu komplexen Touch-Anwendungen, die schlicht nicht genutzt wurden. Auch die Einführung von Beacon-Technologien oder NFC-basierten Push-Nachrichten ist an der Akzeptanzschwelle gescheitert. Kunden wollen inspiriert werden, aber keine Dauerbespielung.

invidis: Wenn Sie nach vorne blicken: Welche Entwicklung wird die nächsten zwei Jahre prägen?

Jochen Sauer: Ich erwarte eine stärkere Verzahnung von Beratung und Digital Signage – smarte Beratungs-Tools am Screen. KI wird mittelfristig eine größere Rolle spielen, aber immer eingebettet in ein bewusstes Gesamtkonzept. Wichtig ist, dass die Technik den Menschen dient.

invidis: Zum Abschluss: Ihr wichtigster Ratschlag für Händler, die mit Digital Signage starten?

Jochen Sauer: Fangen Sie nicht bei der Technik an, sondern beim Kundenerlebnis. Fragen Sie sich: Was soll der Kunde fühlen, sehen und verstehen? Erst dann ergibt sich, welche Hardware sinnvoll ist. Digital Signage ist kein Selbstzweck, sondern ein Verstärker für durchdachte Kommunikation.