Anzeige
AI und Digital Signage

Digital Humans im Customer Service

Singapore | In den Metrostationen von Singapur werden 50 Digital Signage-basierte Digital Humans namens Aiva ausgerollt. Nach mehr als einem Jahr im Testbetrieb hat sich Aiva im Alltag bewährt – ÖPNV-Nutzer interagieren mit ihr wie mit Menschen. Bald bietet Aiva auch noch emotionale Intelligenz, um individueller auf Nutzer einzugehen.
Digital Human bei SBS in Singapore (Foto: SBS)
Digital Human bei SBS in Singapore (Foto: SBS)

Die Nutzung von Ticket- und Order-Terminals ist so wenig aufregend und inspirierend wie Online-Shopping bei Amazon. Transaktionen in der effizientesten Form – aber eine Experience oder gar ein Shareable-Insta-Moment dürfen Nutzer nicht erwarten. Anders sieht es mit AI-basierten Digital Humans aus, die antreten, um den Customer Service zu revolutionieren.

SBS Transit, die Verkehrsbetriebe von Singapur, stehen wie viele Anbieter vor der Herausforderung, ein steigendes Realtime-Informationsbedürfnis von Kunden zu bedienen, ohne ausreichend Mitarbeiter zur Verfügung zu haben. Gute Mitarbeiter sind auch in Singapur Mangelware und falls verfügbar, sehr teuer. Insbesondere als Anbieter von ÖPNV-Leistungen steht SBS Transit im Fokus der Öffentlichkeit.

Digital Human bei SBS in Singapore (Foto: SBS)
Digital Human bei SBS in Singapore (Foto: SBS)

Klassische Touchscreens mit Digital Signage-Anwendungen haben in der Praxis enttäuscht – die Sichtbarkeit in geschäftigen U-Bahnstationen und somit die Nutzungsrate ist zu gering. SBS entschied sich im Rahmen eines Innovationsprogramms, mit Digital-Start-ups und etablierten Anbietern neue AI-basierte Lösungen zu entwickeln. Sechs Anbieter wurden ausgewählt, um gemeinsam Lösungen für die neuen Herausforderungen im ÖPNV zu entwickeln – von Roboterhunden, die Züge in der Wartungshalle inspizieren, bis hin zu Kundenservice-Innovationen.

Bühne frei für Aiva

Das AI-Startup Pantheon Labs entwickelte über die vergangenen 18 Monate hinweg Aiva – kurz für Artificial Intelligence Virtual Assistant. Einen Digital Human, der an Bus- und Bahnstationen Fahrgäste mit ÖPNV-Verbindungs- und Wegeleitungsinformationen versorgt. Aiva entlastet nicht nur Stationsmitarbeiter, sondern bietet auch Zusatzinformationen zur Umgebung.

Die Akzeptanz und Nutzungshäufigkeit hat im Pilotbetrieb überzeugt: Im Durchschnitt nutzen 50 Fahrgäste täglich pro Station die Lösung.

Mit menschlichem Aussehen und Verhalten, einer natürlichen Stimme und menschlichen Bewegungen vermitteln Digital Humans der neuesten Generation Vertrauen. Das führt in der Praxis zu äußerst geringen Berührungsängsten.

Im Gegensatz zu anderen Digital Humans wurde Aiva explizit für den Einsatz im öffentlichen Nahverkehr entwickelt. Um die User Experience zu optimieren und schnelle Reaktionszeiten zu ermöglichen, wurde Aiva als ÖPNV-Expertin trainiert. Dafür setzt man in Singapore auf ein Domain-LLM, also ein dediziertes Large Language Model.

Die AI-Applikation läuft im Browser der Digital Signage-Plattform und kann somit leicht integriert werden. Zukünftig soll Aiva neben Englisch auch die drei weiteren offiziellen Sprachen des Stadtstaates unterstützen – Mandarin, Malaiisch und Tamil. Dafür ist aber zusätzliche Edge-Power – ein separater Mediaplayer – an den Touchpoints notwendig. Neben ausreichend Computing-Power sind für eine gute User Experience eine schnelle und stabile Internetanbindung notwendig.

Der Testbetrieb verlief äußerst erfolgreich, sodass jetzt 50 U-Bahn Stationen in Singapore mit Aiva ausgestattet werden. Bis es soweit war, mussten im Pilotbetrieb viele Herausforderungen gelöst werden: eine war die Verarbeitung von Fluch- und Schimpfwörtern. Aiva zeigt auf dem Display die erkannte Spracheingabe in Textform. Nutzer hatten sich einen Spaß daraus gemacht, Aiva mit nicht jugendfreier Sprache zu testen. Diese wird nun erkannt und nicht mehr angezeigt.

In enger Zusammenarbeit mit SBS Transit Marketing wurde das Aussehen des Avatars kontinuierlich optimiert. Offenbar erfolgreich, denn regelmäßig wird Aiva von Nutzern gefragt, ob sie deren Freundin sein kann.

Aivas barrierefreie Schwester Silvia

Ein weiteres von SBS Transit initiiertes Digital-Human-Projekt ist der Sign Language Virtual Assistant (Silvia). Er ist wie Aiva ein virtueller Avatar, der gesprochene oder geschriebene Wörter in Gebärdensprache übersetzt, um Pendlern mit Hörverlust zu helfen.

Gebärdensprache bringt insbesondere für ein internationales Umfeld wie in Singapur die große Herausforderung mit, dass sich die Gebärden von Land zu Land unterscheiden. In einem ersten Schritt unterstützt Silvia die Gebärdensprache von Singapur.

Agentic AI und Emotionale Intelligenz

Nächster Entwicklungsschritt ist die Integration von Agentic AI. Nutzer können im Umkreis der Stationen Restaurants suchen und Tische reservieren, aktuelle Öffnungszeiten von Geschäften finden oder Museumstickets bestellen. Der große Entwicklungsschub von Agentic AI ist die direkte Kommunikation zwischen unterschiedlichen AI-Agenten. Damit brechen digitale Silos auf, die bis heute die Entwicklung plattformübergreifender Angebote in der Umsetzung behindern.

Einen besonders großen Entwicklungssprung erhofft sich SBS Transit auch von emotionaler Intelligenz. Digital Humans werden bald die passende Antwort zu den Emotionen der Nutzer geben können. Sich auf den Nutzer einstellen und die passende Tonalität finden ist bis heute eine der großen Schwächen von Digital-Systemen. Aiva und Silvia sollen das bald beherrschen.