Die Vermarktungsplattform des Berliner Start-ups Hygh (der Name wird ausgesprochen wie das englische ‘high’) vermietet programmatische Werbung auf Digital Signage bei kleinen mittelständischen Unternehmen. Das rund 50 Mitarbeiter große Jungunternehmen um die drei Gründer Vincent Müller, Fritz Frey und Antonius Link sollte eigentlich eine Beratungsagentur für kleine Anleger im Bereich Cryptowährung werden. Der Plan änderte sich allerdings, als das frisch gegründete Unternehmen via DooH bei Ströer und Wall für sich werben wollte.
„Im ersten Anlauf wurde uns deutlich gemacht, dass 50.000 Euro nicht ausreichen, um eine DooH-Kampagne bei den großen Anbietern zu starten. Wir wurden gar nicht erst zu einem Besprechungstermin eingeladen“, erzählt Co-Gründer Fritz Frey im Gespräch mit invidis. „Als wir kurze Zeit später mit 100.000 Euro Kapital angefragt haben, ging es zumindest in die erste Gesprächsrunde. Aber von der waren wir ziemlich enttäuscht.“
Unflexible Möglichkeiten zur Ausstrahlung der Kampagne, lange Vorlaufzeit für die Daten und fehlende Optionen, die Inhalte nachträglich zu bearbeiten – Das Start-up war frustriert über die angebotenen vordefinierten Pakete. Zudem nahm der gesamte Buchungsprozess mit vielen Mails, Telefonaten und persönlichen Gesprächen viel Zeit in Anspruch – schnell eine DooH-Kampagne starten ging nicht. „Deshalb haben wir HYGH geschaffen, um die bestehenden Strukturen der DooH-Werbung aufzubrechen“, sagt Frey.
DooH-Kampagnen für kleine Unternehmer
Das Start-up änderte seinen Geschäftsplan und entwickelte vor rund 2 Jahren eine eigene DooH-Plattform mitsamt App, die auf den meisten Smart TVs und Displays läuft. Die Idee: DooH-Kampagnen auch für kleine Unternehmer schnell und unkompliziert verfügbar machen. Gleichzeitig sollen diese an der Platzierung von Digital Signage in den eigenen Geschäftsräumen verdienen können. Der Name des Start-ups entstand dabei eher zufällig auf der Suche nach etwas Jungem und Modernen, außerdem war die Domain www.hygh.tech noch frei, unter der sich die Buchungsplattform für digitale Flächen finden lässt.
Als ambitioniertes Ziel setzt sich Hygh, ‚DAS Buchungstool‘ für digitale Flächen zu werden – und dabei DooH erschwinglich für Jedermann zu machen. Hygh denkt hier ganz nachbarschaftlich: Jedes kleine Unternehmen kann irgendwo im Laden einen Bildschirm aufstellen und damit passives Einkommen erzielen, indem es Werbung in seinen Geschäftsräumlichkeiten schaltet- Ob vom größeren Konzern oder vom Unternehmen die Straße runter. „Ein Bäcker kann beispielweise seine frischen Brötchen fotografieren, das Bild via App hochladen, ein Content-Creator platziert kurz den gewünschten Text und das wird dann 100 Meter weiter beim Friseur um die Ecke auf dessen Schaufenster-Screen ausgestrahlt – jeden Morgen zwischen 7 und 9 Uhr, aber nur bei Sonnenschein. Flexibel und unkompliziert eben“, so Frey.
DooH für jedermann: HYGH plant Rollout von 5.000 Samsung-Screens
Eigenes Netzwerk im Aufbau
Das Start-up baut aber auch ein eigenes Netzwerk aus Digital Signage und platziert dafür eigene Screens in Geschäftsflächen. Derzeit hat Hygh, offizieller Partner von Samsung, in Berlin etwa 250 Premium 56“ Displays des koreanischen Herstellers installiert. Die Mediaplayer-Software, eine Eigenentwicklung, läuft auf Tyson–basis, für die Connectivity steckt meist ein UMTS–Stick im Gerät. Die Remote–Steuerung mach Hygh selbst über Samsungs MagicInfo und passt beispielsweise die Helligkeit abends an. Größter Kunde ist derzeit Lotto Deutschland, das mehr als die Hälfte der Displays in Berlin nutzt, um regelmäßig die Jackpot-Zahlen zu veröffentlichen und für sich zu werben. Grund dafür ist unter anderem, dass viele der digitalen Touchpoints in der Nähe der bestehenden Lotto-Filialen sind – und weil sich die Inhalte, entsprechend der sich wöchentlich ändernden Zahlen, unkompliziert innerhalb weniger Minuten nach der Ziehung anpassen lassen.
Um seine eigenen Displays platzieren zu dürfen zahlt Hygh den Kleinunternehmern miete, die Aquisition von geeigneten Standorten macht das Start-up selbst mit Scouts. Die Orte müssen dabei einen gewissen Katalog an Anforderungen erfüllen, bevor sie für eine Display-Installation angefragt werden. Neben der Miete bekommen die Unternehmen die Stromkosten erstattet und die ausgestrahlte Werbung wird individuell festgelegt. So wirbt nicht die Konkurrenz auf der eigenen Digital Signage.
Große Pläne für 2020
Bis Ende des Jahres plant Hygh die Anzahl an eigenen Screens in Berlin auf 500 zu verdoppeln, daneben startet der Roll-Out in Köln mit weiteren 250 Displays. „Für die Umsetzung eines Roll-Outs mit 250 Geräten brauchen wird gerade einmal sechs bis acht Wochen. Bis Ende 2020 wollen wir 2.500 Screens weltweit aufstellen, zumindest wenn die Corona-Krise uns nicht dazwischen spielt“ meint Frey.
Bis vor Kurzem hatte das Start-up regelmäßig Kleinunternehmer zu einem Stammtisch eingeladen, um diesen die DooH-Plattform vorzustellen und sie vom Konzept zu überzeugen. Derzeit sind die Events wohl ausgesetzt, aber sobald sich Corona lichtet, greift Hygh wieder die Großen im DooH-Markt an.