Seit der Einführung von MicroLED gibt es Diskussionen um die passende Bezeichnung – ähnlich wie vor über 15 Jahren bei Digital Signage. Es fehlt bis heute eine einheitliche Definition, welche LED-Technologien eigentlich genau unter MicroLED fallen – Samsung definiert zum Beispiel alle Smart LED Produkte, die ohne SMD LED auskommen als MicroLED – aber auch für Premium LED-Lösungen unter 2,0 mm Pixelpitch hat sich der Gattungsbegriff allerdings durchgesetzt.
Die am Markt verfügbaren Lösungen aller Hersteller unterscheiden sich dabei neben dem Pixelabstand vor allem in der verbauten Technologie. invidis hatte dazu im Sommer mit Display-Experten ein Hintergrundgespräch geführt.
Während klassische LED-Technologie auf SMD-Basis schon seit Jahren verfügbar ist, begann der wirkliche Durchbruch von LED erst später: mit der Markteinführung von ultrafeinen Pixelabständen von zwei Millimeter oder weniger und festen Anzeigegrößen. Denn erst mit den Fine-Pixel LED lassen sich Indoor-Installationen mit kurzem Betrachtungsabstand sinnvoll realisieren.
Samsung überraschte auf der CES 2018 die B2B und B2C-Fachwelt mit „The Wall“ – einer modularen FlipChip RGB basierten MicroLED-Lösung mit 0,8mm Pixel Pitch. The Wall bietet dabei mehr als nur MicroLED-Cabinets. Die All-in-One Lösungen umfassen nicht nur vorabkalibrierte Module, sondern auch Dekorrahmen und Wandhalterungen, Bildsignalmanagement oder einen integrierten Mediaplayer bis hin zu einer Fernbedienung – ganz nach dem „Ready to use“ Prinzip. Im Vergleich zu Displays benötigen Integratoren aber für die Installation von solch umfassenden MicroLED-Lösungen mehr Erfahrung – mit ‘nur aufhängen’ ist es da nicht getan. Hierfür bietet Samsung seinen Partnern speziell für The Wall ausgerichtete Zertifizierungstrainings an.
Für den professionellen Einsatz im Dauerbetrieb war die erste The Wall allerdings zunächst nicht nur wegen ihrer auffällig glänzenden Oberfläche ungeeignet. Auch der Preispunkt von einigen hunderttausend Euro – in der Branche kursierten Listenpreise von bis zu einer halben Millionen Euro – machten die Investition in The Wall für die meisten kommerziellen Kunden nicht tragbar. Die erste The Wall-Lösung basiert auf 120 Hz-Technologie und wird heute als „The Wall for Luxury Living“ angeboten. Typische Installationsorte sind große Villen mit ausreichender Deckenhöhe oder auch Yachten. The Wall for Luxury Living kann zudem das ganze Jahr über in Premium-Showrooms beispielsweise bei Harrods in London oder bei einem Yachtausstatter in Monaco öffentlich bewundert werden.
Samsung: Weltweit erstes Cinema LED 3D-Kino in Zürich eröffnet
Kurz nach der Vorstellung von „The Wall“ präsentierte Samsung im März 2018 die Cinema-LED Lösung Onyx. Das Ziel der koreanischen Entwickler mit Onyx: nicht weniger als die Disruption des Kinogeschäfts. Hochauflösende LED sollen digitale Projektoren ersetzen und Architekten und Kinobetreibern völlig neue Gestaltungsoptionen und Geschäftsmodelle ermöglichen. Die Kinosäle der Zukunft könnten ohne Projektionsraum bei gleicher Sitzplatzanzahl kleiner sein und sogar Fenster beinhalten. Allerdings muss auch erwähnt werden, das Kino-LED viel schwerer sind als Leinwände. Da allerdings die Installation über ein Ständersystem am Boden befestigt wird, sollte im Hinblick auf die im Baurecht benötigten Bodenlasten eine architektonische Umgestaltung in vielen Fällen nicht notwendig sein.
Geht es nach Samsung, wird das Multiplexkino der Zukunft nicht nur Kino sondern auch Konferenz-Center und Eventfläche gleichzeitig sein – Onyx machts möglich. Erste Umrüstungen von Kinosälen fanden bisher auch im kleinen Rahmen statt, etwa in Zürich, Stuttgart oder Frankfurt am Main. Derzeit muss Samsung seine Pläne mit Onyx allerdings erstmal ruhen lassen. Primär nicht nur wegen der hohen Investitionskosten, sondern weil wegen der COVID19-Pandemie die meisten Kinos weltweit seit Monaten ohnehin geschlossen sind und die großen Film-Studios ihre Blockbuster-Premieren verschoben haben. Die Krise trifft hier eben nicht nur die Betreiber der Kinos, sondern auch die Anbieter der Technologie.
Für unsere Digital Signage-Branche relevant wurde Samsung The Wall schließlich erst mit dem Launch der B2B-Lösungen „The Wall for Business“ und „The Wall for Business Remote“. Beide Versionen verfügen über eine entspiegelte Oberfläche und sind in 0,8mm, 1,2mm und 1,6mm Pixelpitch als professionelles Produkt verfügbar.
Die Bezeichnung The Wall for Business Remote gründet auf der verbauten Remote Power-Lösung, auch als Off-Board Power bekannt. Dabei handelt es sich um Netzteile, die getrennt vom LED-Cabinet installiert werden kann. Aufgrund des redundanten Systemdesigns bleibt das Display im Falle eines unerwarteten Ausfalls eines Netzteils voll funktionsfähig. Das Hauptziel der Remote Control ist eine konstante Stromversorgung, sodass keine Ausfallzeiten auftreten. Das ist insbesondere in aufgabenkritischen Umgebungen wie Kontrollräumen oder Sendestudios wichtig.
Zum Produktlauch von Samsungs The Wall for Business diesen Juni überraschte der koreanische Elektronikkonzern die Branche wiederum mit einem für MicroLED sehr günstigen Preisniveau. Seitdem steht The Wall nicht mehr als der ‘Rolls-Royce unter den MicroLEDs’ in den Preislisten. Den Sweet Spot in Bezug auf Auflösung und Preis scheint Samsung mit der 1.2mm Variante von The Wall for Business gefunden zu haben. Samsung selbst hält sich öffentlich mit Informationen zu seinen Aufträgen zurück, aber der Markt berichtet von diversen großen Installationen – nicht nur in Entwicklungszentren von Automobilherstellern.
Bei Samsungs Erfolg mit seinen MicroLED-Lösungen dürfen wir in Zukunft sicherlich auch Outdoor-Varianten von The Wall for Business erwarten – und noch mehr kreative Projekte jenseits der „Pre-packaged“ Bildschirmdiagonalen. Denn MicroLED lässt sich ebenso wie SMD-basierte LED auch hervorragend für kreative Projekte einsetzen.