Während sich die Welt in der Coronapandemie abkapselte, waren die Regierungsinstitutionen rund um die Uhr mit der Bewältigung der Krise beschäftigt – sowohl vom Büro als auch von zu Hause aus. Die Europäische Union bildete da keine Ausnahme und legte einen Fokus auf ProAV und Digital Signage.
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Die EU, die die Politik für 27 Mitgliedsstaaten und eine Bevölkerung von rund 450 Millionen Europäern bestimmt, betreibt allein in Brüssel mehr als 1.000 Sitzungsräume. Eine einwandfreie und einfach zu bedienende Infrastruktur für die Zusammenarbeit ist dabei unerlässlich. Aber noch wichtiger – insbesondere für eine supranationale Organisation – sind Übersetzungsdienste. Mehr als 3.000 Simultandolmetscher übersetzen rund um die Uhr in alle Amtssprachen der EU.
Während vor der Pandemie die meisten wichtigen Sitzungen persönlich in Brüssel abgehalten worden waren, verlagerte sich mit der Schließung der meisten Grenzen alles auf eine reine Online- oder Hybridumgebung.
Mehr als Collaboration
Collaboration und darüber hinaus latenzfreie, perfekte Ton- und Videoqualität sind bei Videokonferenzen unerlässlich, vor allem wenn Dutzende von Simultanübersetzern an jeder Sitzung beteiligt sind – hohe Anforderungen an eine Cloud-basierte, verschlüsselte Business-Critical-Infrastruktur auf Regierungsebene, die täglich Tausende von Meetings unterstützt.
Aber die EU braucht weit mehr als Collaboration: Hunderte von Gebäuden und Konferenzzentren müssen mit einer auf Digital Signage basierenden Wegführung ausgestattet werden.
Herausforderung Bandbreite
Aktivitätsbasiertes Arbeiten erfordert eine flexible, IP-basierte ProAV- und Digital Signage-Infrastruktur, die nicht mehr auf den Standort beschränkt ist. In der Vergangenheit hatte die EU Dutzende verschiedener Lösungen im Einsatz, die nun in Bezug auf Hardware, Software und Betrieb vereinheitlicht werden. Während die Plattformen standardisiert werden können, bleibt das Bandbreitenmanagement eine tägliche Herausforderung, da die Nutzung je nach politischer Lage sehr unterschiedlich ist.
Einer der größten in Europa
Die EU schreibt alle vier Jahre einen neuen Rahmenvertrag aus, der alle ProAV- und Digital Signage-Anwendungen abdeckt. Der Vertrag ist auf vier Posten aufgeteilt: Beratung, Lieferung von Hard- und Software, Systemintegration und Inbetriebnahme sowie Event Support. Insgesamt beträgt das Volumen 220 bis 240 Millionen Euro. In der Vergangenheit wurden Beratung und Konzeption auch von den Integratoren erbracht, wobei die unabhängige Aufsicht fehlte. Die aktuelle Vereinbarung beinhaltet erstmals ein unabhängiges Beratungspaket für Konzeptdesign, Projektmanagement und Qualitätsmanagement, um Interessenkonflikte zu vermeiden.
Business Critical: So funktioniert geschäftskritisches Digital Signage
„Integratoren sind nicht für eine derart spezialisierte Arbeit einschließlich der notwendigen Steuerung, Berichterstattung und des Multiprojektmanagements eingerichtet“, sagt Oliver Mack, Managing Partner von macom. Die in Deutschland ansässige ProAV-Consultancy hat die EU-Ausschreibung für Beratungsleistungen im Wert von rund 17 Millionen Euro gewonnen (invidis berichtete). Dies ist wahrscheinlich einer der größten ProAV-Beratungsaufträge, die jemals in Europa vergeben wurden.
Drees & Sommer mit an Bord
Die Projektstruktur umfasst EU-Büros in allen Mitgliedstaaten, aber auch EU-Agenturen und EU-Botschaften – und ist extrem anspruchsvoll. „Insgesamt werden Projekte bei 60 Kunden mit sehr unterschiedlichen Reifegraden und Sprachen abgedeckt, was eine enorme Skalierbarkeit erfordert“, beschreibt Oliver Mack.
Ein strategisches Projekt, das zu groß für ein einzelnes Beratungsunternehmen ist. Daher schloss sich Macom mit dem Immobilienberater Drees & Sommer zusammen, einem Beratungsunternehmen mit mehr als 4.000 Mitarbeitern und einem jährlichen Projektvolumen von 60 Milliarden Euro. Das Konsortium mit dem Namen Weave wird vor Ort von Unterauftragnehmern in Frankreich, Belgien und Luxemburg unterstützt – den wichtigsten Ländern mit EU-Institutionen.
„Insgesamt umfassen die Projektteams mehr als 100 AV-Experten mit unterschiedlichen Qualifikationen“, erläutert der Macom-Geschäftsführer. Zusammen mit Drees & Sommer ist das Konsortium in allen EU-Mitgliedsstaaten vertreten.
Lokale Kenntnisse unerlässlich
Die Ausschreibung war hart umkämpft, aber nicht viele Bieter konnten die geforderten Qualifikationen zu erfüllen. Mehr als 50 ProAV-Qualifikationsprofile und Zertifizierungen waren in der Ausschreibung aufgeführt – zu spezialisiert für die globalen professionellen Dienstleistungsunternehmen wie Deloitte oder Bauberatungsunternehmen.
Zweifellos wären in den USA ansässige ProAV-Unternehmen wie AVI-SPL, Diversified oder große AV-Consultants wie Waveguide für die Ausschreibung qualifiziert gewesen, hatten aber Schwierigkeiten, Mitarbeiter und Einrichtungen vor Ort in 27 EU-Mitgliedstaaten bereitzustellen und mehr als 20 Sprachen zu unterstützen. Selbst bei europaweiten Aufträgen sind lokale Kenntnisse und Präsenzen erforderlich.